Unterhaltung

TOPCOVERS DER WELT Nr.101

Die Kollegen von den mittelständischen Unternehmen kennen das spezielle Problem dieses Blocks, dem wir jedoch keineswegs besondere Beachtung schenken: der neue Praktikant/in.

Alle begrüßen ihn freundlich und setzen sich, da besteh ich drauf, mit ihm an den runden Tisch. Wird schon schiefgehn! Ist sowieso in erster Linie eine Angelegenheit unseres Geschäftsführers (der seine Berufsbezeichnung nicht leiden kann (!)), während ich mich vom Ausbildungsbereich eher fernhalte. Es gibt schon genug zu tun.

Sagt also unser G-Führer, der gern forsch rangeht, zum Praktikant/in: Haben Sie schon eine Idee, die Sie möglichst selbstständig realisieren und promoten können?

Praktikant/in: Logisch. Die 100 besten Top-Covers der Welt. Ich dachte, cooles Zeug kann hier nichts schaden.

Totales Schweigen brach unter den zwölf Mitarbeitern aus.

Ich wusste nicht, was die anderen dachten, aber ich dachte, dass man cool inzwischen nicht mehr sagen durfte. Allerdings war ich mir nicht ganz sicher und dachte, dass ich keine Lust hatte, das anzudiskutieren. Dann dachte ich, dass es langsam wieder reichen würde mit dem totalen Schweigen. Sogar der Geschäftsführer hielt die Klappe, und das kommt wirklich gaaanz selten vor. Ich dachte, dass er langsam etwas abbaute. Ich machte mir eine Notiz.

Das totale Schweigen dauerte. Bis sich endlich dieses ekelhaft knarrende alte Tor ganz geöffnet hatte.

Bis das Tor zur Hölle ganz offen war.

Dann öffnete sich der Mund unserer Musikredakteurin, aber die Bildredakteurin war wieder mal schneller: Die 100 besten Top-Covers? Oder vielleicht besser „In 50 Covers um die Welt?“

Ich dachte, dass mir diese Kleingeister am A. vorbei auf den S. gingen. Man darf die Worte nicht mehr aussprechen. Was ja manchmal sogar nicht so schlecht ist. Ich dachte auch, dass die Jalousie an unserem Zeitfenster langsam unten war. Ich dachte, dass unser Literaturredakteur endlich mal einen im altmodischen Sinne grundsoliden Aufsatz über die Aktualität Robbe-Grillets schreiben sollte. Anstatt auch noch dem schlechtesten der hundert schlechtesten skandinavischen Top-Krimis auch noch einen zu blasen. Es gab sogar Gerüchte, dass er selbst unter Pseudonym… also quasi, um sich selbst… aber ich bin zu alt, um auf…

Ich sagte zum Praktikant/in: Super Idee! Hau rein! Don´t think twice! Und lass dir von diesen Arschgeigen nichts erzählen, wenn du sie am Kaffeeautomaten triffst. Gibt´s ein Problem, kommst du zu mir. Ende – wir moven on!

Naturgemäß war es meine Pflicht, die Idee des Praktikanten/in zu verbessern. Der gute Profi hilft dem Neuling (der böse beklaut ihn). Ich drückte ihm aufs Auge, dass seine Top-Liste der besten Top-Covers 101 Positionen haben müsste. Denn das traue sich im abgehalfterten Business der Top-100-(oder 500-gähn-)Listen niemand. Keine Diskussion. (Sprachliche Details erwähnte ich nicht (scheiß auf die beschissenen Klugscheißer)). An sein strahlendes Gesicht werde ich mich auf dem Totenbett erinnern.

Ich sollte es nicht bereuen. Hier also die Nr. 101 der Liste dieses talentierten Kerls:

Produkt-Information



ROCK’N’ROLL FEVER (3)

Der 2,34 kg schwere Bildband von Guido Sieber und mir ist das, wofür der so gut wie illegale Ausdruck „kleiner Hit“ erfunden wurde, was heißt, dass der Katalog sich seit zwei Jahren z.B. meistens in der oberen Hälfte der Top-50 für den Bereich „Popkultur“ des größten Buchverkäufers hält. Aber wenn man mal die No.2 war, sieht man jeden Platz unterhalb der Top-5 natürlich auch etwas selbstkritisch… Obwohl wir uns von den Tantiemen eine Villa auf Mallorca (er) und zwei nicht so große Häuser auf der Toscana (ich) kaufen konnten, ist unsere investigative Kreativität kaum gesunken!

Hier eine eher nachdenkliche Episode aus dem letzten Kapitel, S.222: >BLUESPUBLIKUM BERLIN 2009 (Abb. 333) „Vor 15 Jahren (erzählt Guido) saß ich mal in einem Kreis von Galeristen und Kunstsammlern beim Abendessen. Die Jazz-Blues-Rotweintrinker-Fraktion war das, man fährt mit seiner Clique nach Sylt, um Sport zu machen. Und so ein Typ um die 50, mit junger Frau und jungem Kind, erzählt mir, dass er davon träumt, in New Orleans einen Laden aufzumachen. Zu der Zeit hatte John Lee Hooker dieses sehr erfolgreiche Comeback. Und dann sagt ausgerechnet dieser Typ, dass Hooker für ihn gestorben ist, ein Verräter! Hooker hat den echten Blues verraten! Konnte man natürlich nicht so stehen lassen, ich hab an dem Abend auch nichts verkauft.“< (Selbstportrait Guido Sieber, während der Diskussion mit dem Galeristen).



WITZ ODER WITZER

ist eine Insiderverständigung in der Branche der Witz-Erfinder. Wer in dieser Branche einmal, egal für wen oder wie lang, seine Brötchen verdienen musste, wird das nie wieder los. Man kann diese Community (die nicht nur bizarr-komische, sondern immer auch tragische Züge aufweist) und die damit verbundene Haltung eigentlich nie wieder verlassen. Selbst wenn man den Ausstieg geschafft hat und die sozusagen zwangsweise passierenden Erfindungen z.B. nur noch im Freundeskreis präsentiert.

Eines Tages treffen sich Adolf Hitler und Osama bin Laden im Himmel.

Sagt Hitler: Vorr dämm grossn Buch därr Gäschichtä musste ich ärkännänn, dass du lätztändlich auch nurr ein Weichei gäwässn bisst!

bin Laden: Aber wenigstens kein nichtrauchender Vegetarier.



UNSEREN KUNDEN

legen wir diese beiden tollen Seiten ans Herz: das Online-Magazin Culturmag (mithrsg. von Thomas Wörtche) und Die Halde von Roland Oßwald. Gehen Sie hier rechts auf die Links und dann weiter.



GEGEN TITANIC

hat sich auch unser ollaliabsta Lieblingspolitiker wieder positioniert. Danke Titanic, dass du den einmaligen und ehemaligen bayrischen Wissenschaftsminister Dr. Thomas Goppel einmal wieder aus dem Loch hast locken können, denn damit hast du (resp. hat er) ein wenig Fröhlichkeit in unsere doch etwas allzu dunkle Welt gebracht.

„Auch außerhalb des Vatikans sind die Bilder vom Papst auf Widerspruch gestoßen“, heißt es in der FAZ v. 12.7. „Der CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Goppel,“ – den Dr. nicht vergessen! – „Sprecher der christsozialen Katholiken, sagte, man dürfe mit einem Menschen, und erst Recht mit dem Papst, so nicht umgehen. Er würde Leo Fischer >die Lizenz zum Schreiben entziehen<.“

Nicht zuletzt ist es ja die subtile Ironie, die uns schon lange für Dr. Goppel einnehmen ließ. Aber, fragen wir uns dennoch, was wäre dann erst Recht los, wenn es sich um Bilder handelte? Auf meiner Lizenz zum Schreiben, welche mir kurz nach dem Kriege von der US-Nachrichtenkontrolle ausgestellt wurde, kann ich trotz abermaliger, mehrmaliger und sorgfältiger Durchsicht nichts von Bildern entdecken und erst Recht nichts von sog. Papstbildern, die meine Lizenz zum Schreiben gefährden könnten. Auf meiner Lizenz steht im Grunde nicht viel mehr als YOU ARE NOT ALLOWED TO WRITE ANY BULLSHIT!

Dieser Block unterstützt jeden bayrischen Landtagsausschuss, der sich in diese Grauzone hineinbegibt, erst Recht unter einem Vorsitzenden, wenn er Dr. Thomas Goppel geheißen wird!



FÜR DIE QUEEN

hatte John Lydon schon zum 50. Thronjubiläum seine alte Truppe (fast in Originalbesetzung) um sich geschart, um ein Konzert mit den alten Hits wie „God Save The Queen“ zu bestreiten. Während Prof. Vivienne Westwood die Haltung aus alten Sex Pistols-Tagen längst mehrfach übertüncht hat und die Queen sehr liebt.

Chefpistole Rotten/Lydon hat sich immer wieder geweigert, seine Intelligenz und Position altersgemäß einzudampfen. 2006 Ablehnung der Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame. Als er 2010 wegen geplanten Konzerten in Israel angegriffen wird, lässt er sich, im Gegensatz zu Elvis Costello nicht davon einschüchtern:

„I´ve got this bizarre situation wrapped around me, with these student union groups, or student hippie bodies, or whatever they are, claiming that if I go now and play in Israel, I am supporting apartheid, which is the most nonsensical point of view. I´ve been accused of many things in my life, but that now tops it.“

Auf den Seiten 210 ff. von Rock´n´Roll Fever haben Guido Sieber und ich einiges von dem versammelt, was „Dame Commander of the British Empire“ Westwood u.a. auf der Queenparty wohl nicht hören möchten.

Breaking the News!!! Guido Sieber meldet sich grade live aus London:

 



SPITZENSATZ (4)

wurde von einer der beiden renommiertesten deutschen Tageszeitungen abgeworfen, und aus einem Artikel, der einem Autor sprachliche Mängel vorwirft:

„Die Sprachbilder sind mitunter etwas schief (…), dafür ist der Ton locker.“

Hab ich da etwa Mitleid mit dem Autor, der von diesem unbarmherzigen Urteil des Rezensenten niedergestreckt wird? Aber absolut. Denn ich kenne den Zustand. Auch ich bin mitunter etwas unten, dafür drei Straßen weiter.

Ich versuche mich dann, mit Rockmusik wieder etwas zu lockern. Obwohl sie dafür erfunden wurde, gelingt das deshalb nicht notwendigerweise. Wie die Leute im Schaugeschäft sagen: Runter kommen sie immer.

 

 



PRÄESIDENT

Mein Talent zum Seher, meine Qualitäten als Prophet sind mir langsam unheimlich; zum Glück bin ich nicht religiös und mein Ehrgeiz, was dieses Business betrifft, geht gegen Null – (aber vielleicht auch nur n o c h gegen Null, daher etwas unheimlich…). Im Grunde ist es mir also ein Rätsel, warum ich schon am 4. Juni 2010, als der vorige Präsident grade der neuste war, schon alles zum nächsten, jetzt also neusten gesagt habe. Sowas kann man eben nicht lernen, und ich schätze mal, das stand in keinem Leit- oder Hintergrundleitartikel. Ich will damit keineswegs angeben, jage nicht nach 18xDaumenhoch o.ä., führe eigentlich nur ein Selbstgespräch. – Suche per Datum oder Stichwortsuche „Präsident“.

Was z.B. im Aprilheft von Konkret zum neusten Präsident kommt, macht einen schon etwas nachdenklich, selbst wenn man nur die Hälfte glauben möchte. Besonders schön (oder auch schockierend für Sensiblere) der Schluss von Florian Sendtners Artikel, wo er schildert, wie Stoiber am 22.2.2012 den Präsidentkandidaten „4.000 betrunkenen Dumpfbacken“ im Bierzelt Passau zu verkaufen versucht, aber ein Argument nach dem andern kommt bei den CSUlern nicht an bzw. „die Bedudelten checken´s immer noch nicht“, bis Stoiber schließlich das sie überzeugende Argument final bei ihnen einschlagen lässt: „Einer, der für Thilo Sarrazin auch ein gutes Wort gefunden hat!“ Und da endlich jubelt die Gemeinde.



EIN KLEINES GESCHENK

für unsere Abonnenten zum Weihnachtsfest und diesem angemessen, jedoch unterhaltsam wahrscheinlich für die meisten,  für einige womöglich nicht neu, eine Folge der zur Zeit besten deutschen „Fännsähn“(Fanny Müller)-Serie, die verständlicherweise live im schwarzen Loch nach Mitternacht angesiedelt ist:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/sendung-verpasst/#/beitrag/video/1474514/Tichy:-„Der-futurologische-Kongress-„



DREH MAL DAS COVER

´ne Falle ist alles, was die Welt ist.

(Aus (Teil X der beliebten Historische-Begegnungen-nachempfunden-Serie) „Wittgen- besucht Frankenstein“).