Produktion

DAS ALLERLETZTE

Das Stadtmagazin Neue Szene hat mir für die Rubrik „Das Allerletzte“ in der Ausgabe 5/21 diese Fragen gestellt. Ich habe die Sache sehr ernst genommen, weil Chefredakteur Walter Sianos mein Olivenöl-Dealer ist. Das hatte sich jedoch noch nicht abgezeichnet, als ich vor dreißig Jahren sein Literaturredakteur war.

01. Fernweh oder Heimweh? FERNWEH. Ich will nicht zurück ins Heim.

02. Gefühl oder Härte? GEFÜHL. Sonst weiß man ja nicht, wann Härte angesagt ist.

03. Ramones oder Motörhead? MOTÖRHEAD. Eine Millimeterentscheidung. Lemmy hat entschieden, the one and only.

04. On stage: Lesen oder Platten auflegen? PLATTEN. Vorlesen ist für mich Arbeit. Auch schön. Aber Musik ist die beste Medizin und Droge, die ich kenne. Und ich kenne einige. Ich möchte eines Tages in Musik beerdigt werden.

05. „Ein Schuss ins Blaue“ oder „Ein Schlag ins Gesicht?“ SCHUSS. Ist spannender, also der Vorgang. Vom Roman kann ich das nicht sagen.

06. Happy End oder Open End? HAPPY END. Sicher ist sicher.

07. Herz oder Kopf? HERZ. Der Rest findet sich dann schon.

08. Schnipo Schranke oder Rote-Beete-Ravioli mit Walnüssen? ROTE BEETE. Respekt, was für eine sensationell irre Frage! An Schnipo Schranke hat mich, nach dem ersten kleinen „Pisse“-Schock, am meisten interessiert, dass sie von Ted Gaier für Buback produziert wurden. Die gute Frage: Warum hatten sie dann kaum noch was auf der Pfanne und sind so schnell wieder abgetaucht? Genau wie das pi mal Daumen ähnlich gestrickte Duo Trash Groove Girls 30 Jahre vorher mit ihrer Platte auf What´s So Funny About. Obwohl beide Bands beste Startrampen und Publicity hatten. Sie hätten die deutschen Sleaford Mods werden können! Meine These: Sie wollten letztlich doch nur mal so´n bisschen Musik (Party) machen, dagegen ging´s für die englischen Working Class Heroes um´s Überleben. Oder habe ich die Frage falsch verstanden und es geht um´s Essen?! Egal, ich bleibe dabei.

09. Himmel oder Hölle? HÖLLE. Wir müssen davon ausgehen, dass der Himmel für unsere Freund*innen von der CSU reserviert ist. Da möchte ich dann doch lieber mit meinen Genoss*innen vom Augsburger Flüchtlingsrat abhängen. Jetzt die Werbung: Kaufense bitte was bei Spendekunst.org (unser Chefberater, Staatsminister a.D. Alfred Sauter, braucht dringend einen neuen SUV).

10. Brecht oder Precht? BRECHT. Die einzige leichte Antwort hier. Ich hatte die schwierigsten Fragen, die jemals in dieser Rubrik gestellt wurden! Ist das der Dank dafür, dass ich 1991 ein paar Monate Literatur-Redakteur der Neuen Szene war? Dann wurde der Posten abgeschafft. Genauso unfair: Brecht starb schon mit 58. Weil er Kommunist war. Jedenfalls kein „Querdenker“, sondern ein Denker. Bestes Mittel gegen Dummheit und rechtes Dreckspack – forever.



KILLER UND KOLLEGEN (1)

heißt mein drittes Hörspiel für den BR-„Radio Tatort“, das gesendet wird, wenn das Christkind schon vor der Tür steht. Das bewährte Team: Regie Ulrich Lampen, Musik Das Hobos, Dramaturgie Katarina Agathos, in den Hauptrollen Bibiana Beglau und Johannes Silberschneider, mit Judith Todt, Caro Matzko, Viola von der Burg u.a.

Das Exposé: Ein Fall, von dem alle Polizeibeamt:innen träumen, sozusagen der Höhepunkt jeder Polizeikarriere: Kommissarin Jaqueline Hosnicz und ihr Partner Jakob Rosenberg müssen im Kollegenumfeld ermitteln. Und diese Ermittlung soll so geheim wie möglich bleiben. ein Fall aus ihrer Vergangenheit ist wieder aufgetaucht: Sie hatten eine Serie von Banküberfällen aufgeklärt, waren jedoch bei der Suche nach dem unbekannten 4. Bandenmitglied nicht weiter gekommen. Jetzt meldet sich eins der inhaftierten Mitglieder mit dem Angebot, diese Person zu verraten, wenn sie dafür aus dem Knast kommt. Allerdings kann sich die Informantin weder an deren Gesicht noch den Namen erinnern. Was den Einsatz eines Hypnose-Psychologen erforderlich macht. Damit sehen sich Hosnicz und Rosenberg nicht nur dem Schweigen eines Polizei-Korpsgeist ausgesetzt, sondern auch der Gefahr, sich im Nebel des menschlichen Bewusstseins zu verirren. Ihre Ermittlungen beginnen in einer Grauzone und führen in ein schwarzes Loch – in dem sie weder der Informantin noch ihrer Chefin voll vertrauen können. Und den circa 6500 Kolleg:innen von der Münchner Polizei auf gar keinen Fall.

Hier das Programm 2. Halbjahr 2021 der gleichbleibend großartigen BR-Hörspiel-Abteilung:

https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/hoerspiel-und-medienkunst/programmheft-bestellung-neu-100.html



60 JAHRE WIGLAF DROSTE

Heute hätten wir seinen 60. gefeiert, wenn Wiglaf Droste nicht vor zwei Jahren mit dem letzten Nachtzug abgefahren wäre. Für die auto/biografische Sammlung „Chaos, Glück und Höllenfahrten“ (Edition Tiamat, 2021) habe ich diesen Besinnungsaufsatz geschrieben:

WEGE ZUM RUHM

Das Benno-Ohnesorg-Theater hatte mich als Gast in seine nächste Vorstellung im Eiszeit-Kino eingeladen. Als ich am Vorabend in Kreuzberg landete, spürte ich die starke Rückendeckung der Theaterleitung Droste & Stein, hatte aber auch die Befürchtung, dass ich als Bayer in der linken Berliner Unterhaltungsszene keinen Punkt machen würde, sondern bestenfalls eine dieser Erfahrungen, die auf dem Wege zum Ruhm besonders wertvoll sind.

Nachdem ich an der Wohnungstür geklingelt hatte, näherten sich schwere Schritte und jemand schrie: „Herein, wenn´s kein Nazi ist!“ Dann riss Wiglaf die Tür auf und sagte grinsend und mit ausgebreiteten Armen: „Achtung, wir sind in Kreuzberg.“

An diesem Abend hörte ich zum ersten Mal, dass es hier eine sogenannte Kiezmiliz gab, Tugendwächter, die scheinbar links waren, tatsächlich aber mit faschistischen Methoden gegen Personen und Einrichtungen vorgingen, die nicht in ihr beschränktes Ordnungssystem passten. Diese Typen hatten Wiglaf im Visier, nachdem er den Text „Der Schokoladenonkel bei der Arbeit“ mit dem Untertitel „Eine Opferrolle vorwärts“ veröffentlicht hatte. Die Anklage lautete, er würde Kindesmissbrauch verharmlosen und Leute diskreditieren, die potentielle Täter schon im Vorfeld zu entlarven versuchten, um potentielle Opfer zu schützen. Dass man in einem Vorfeld mit Vorverurteilungen extrem vorsichtig sein sollte, wusste ich aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen in der bayerischen Provinz. Der ganze Wahnsinn dieser Kiezmiliz wurde mir erst später klar, als ich Jane Kramers lange Reportage „Krach in Kreuzberg“ las, die sie schon Ende der Achtzigerjahre veröffentlicht hatte.

Als wir bis zur Geisterstunde geredet, gegessen und getrunken hatten, rieb sich Wiglaf die Hände und meinte, er müsste sich jetzt zurückziehen, um einen Artikel zu schreiben, dessen allerletzten Abgabetermin er gestern überschritten hätte. Es handelte sich dabei nicht um irgendeinen Artikel, sondern er war für ein Magazin, in dem er endlich mal veröffentlichen wollte. Seine Freundin und ich hatten Verständnis. Fünf Minuten später kam er zurück und sagte: „Ich hatte die schöne Idee, dass morgen auch noch ein Tag ist, die kriegen das morgen, das reicht noch dicke.“ Er hatte selbst als Redakteur gearbeitet und kannte sich mit Deadlines aus. „Wenn sie dir sagen, dass die Hütte brennt, heißt das, dass du noch eine Woche Zeit hast.“

Am nächsten Tag trafen wir uns nachmittags mit Michael Stein, um einen genauen Plan für den Abend zu machen. Als wir das nach einer Zigarette erledigt hatten, beschlossen wir, uns mit einem langen Marsch an der frischen Luft vorzubereiten. Bald stromerten wir durch den tiefsten Osten von Berlin, dessen hohe und häufig ramponierte Häuserwände und verschachtelte Hinterhöfe mich an die Gebirge und Schluchten meiner Heimat erinnerten und mir gefielen.

„Gibt´s hier auch diese Kiezmiliz?“, fragte ich Michael Stein. Er lachte und sagte: „Die Kreuzberger haben hier nichts zu melden, falls die jemals auf die Idee kommen, ihr Dorf zu verlassen, das kann ich dir glaubwürdig versichern.“

Die erste Kneipe, in der wir Pause machten, war voller Arbeiter oder rausgeworfener Arbeiter, die nicht so aussahen, als würden sie die Beine in die Hand nehmen, wenn sie mit irgendeiner Miliz ohne Maschinenpistolen konfrontiert wären, und in der zweiten war es so ähnlich. Aus Wiglafs Plan, den Artikel in den zwei toten Stunden vor der Show zu schreiben, wurde nichts, obwohl Stein und ich keinen Gruppenzwang ausübten, und er nahm sich vor, nach dem ganzen Theater um pi mal Daumen 0100 Uhr am Schreibtisch zu sitzen und das Ding durchzuziehen. Es war 0330, als wir uns an den Aufstieg zu seiner Wohnung machten; er freute sich darauf, den Artikel, den er fertig im Kopf hatte, endlich zu schreiben. Zum Abschluss des gelungenen Abends setzten wir uns an den Küchentisch, um noch schnell mit einem letzten Glas Weißwein anzustoßen, zwei zufriedene Männer.

„Weißt du, was ich denke?“, sagte Wiglaf. „Wir sehn uns doch so selten, und wir werden noch viele Artikel schreiben, immer diese Artiiikääl!“

Die Sonne hatte ihren Höhepunkt überschritten, als ich mich auf die Suche nach Wasser machte. Wiglaf hatte das Gebäude verlassen. Das Telefon ratterte und ich ging ran. Es war der Herausgeber des Magazins. Er sprach ruhig und sachlich. Er saß seit zehn Minuten in dem Café, in dem er mit Wiglaf verabredet war und wollte wissen, ob er noch auftauchen würde. Ich konnte ihm versichern, dass der Autor irgendwo da draußen war.



MEIN NEUER GEDICHTBAND (13)

hat schon den zweite Orden bekommen und wurde von der Stiftung Buchkunst als eines der »Schönsten Deutschen Bücher 2021« ausgezeichnet. Was vor allem auf das Konto von Starfruit-Designer Timo Reger geht (der diesen Cup bereits zum dritten Mal holt!), flankiert von Juliane Liebert und ihren kongenialen Fotografien und Starfruit-Mastermind Manfred Rothenberger, der die Kombination hergestellt hat. Wie man in der Alten Schule sagt: „Can´t get enough of that funky stuff!“

 

https://www.starfruit-publications.de/verlag/



OHNE FLIEGEN GEHT ES NICHT

https://trikont.de/artists/maxi-pongratz-micha-acher-verstaerkung/maxi-pongratz-micha-acher-verstaerkung-musik-fuer-flugraeder/ohne-fliegen-geht-es-nicht-von-franz-dobler/

Die Videohitsingle dazu: https://trikont.de/allgemein/maxi-pongratz-micha-acher-verstaerkung-elias/

https://trikont.de/app/uploads/2021/03/maxi-pongratz-micha-acher-verstaerkung-musik-fuer-flugraeder-e1616683994170.jpg



PLATTE DES MONATS

In der neuen Ausgabe von konkret habe ich in der Rubrik „Platte des Monats“ über das gestern veröffentlichte Album Warte mein Land, warte (Staatsakt/Fun In The Church LP-CD-DL) von Ozan Ata Canani geschrieben. Auszug: „Orient-Beat gegen Nazi-Rock, Canani-Lieder gegen Politiker-Sonntagsreden, „Kanak Sprak“ gegen die „Heimatschutz“-Armee. Denn „wir sind ja nicht zum Spaß hier“ (Deniz Yücel).“



NICHT TOT ZU KRIEGEN (10) / EIN SCHLAG INS GESICHT (31)

Nina Grosses Verfilmung „Nicht tot zu kriegen“ meines Romans „Ein Schlag ins Gesicht“ ist für den Deutschen FernsehKrimi-Preis nominiert. Unter den neun Filmen, die glauben, eine Chance zu haben, sind gefühlte 99 Polizeiruf- und Tatort-Folgen. Ich habe nur eine Frage, gibt es schon einen Hinweis, was Donna Leon in der Dampfnudelsuppe gesucht hat?

Die Verleihung am Freitag, 4. Juni 2021. Der Film mit u.a. Iris Berben, Marianne Mendt, Murathan Muslu, Barnaby Metschurat ab 26.5. in der ZDF-Mediathek. Live am 28.5. ZDF 02:30h.

http://fernsehkrimifestival.de/fernsehkrimipreis/

Klett-Cotta :: Ein Schlag ins Gesicht - Franz Dobler Mein Anwalt hat mich erneut darauf hingewiesen, keine Filmfotos abzubilden. „Aber es gibt kein Plakat oder sowas zum Film.“ Das wird kein Gericht interessieren. „Wofür interessiert sich das Gericht?“ Für die Quote. Sagt mein Anwalt.



IN EIGENER SACHE – ES REICHT

Ich mache hiermit bekannt, dass ich meine Zusammenarbeit mit der Tageszeitung junge Welt nach 24 Jahren und ca. 400 Texten beende, weil ich die Haltung des Blatts btr. Nahost-Konflikt als israel-feindlich einstufen muss und damit auf keinen Fall in Zusammenhang gebracht werden möchte.

In den letzten Tagen hagelte es im Blatt Äußerungen, die weit über eine mehr oder weniger berechtigte Israelkritik hinausgehen – um nur zwei katastrophale Beispiele anzuführen: „Der vom israelischen Militär gemeldete stundenlange Beschuss mit Hunderten Raketen aus Gaza ist für die in ihre Bunker geeilten Bewohner der grenznahen israelischen Städte sicherlich traumatisch (…) Doch bei den meisten dieser Raketen handelt es sich um selbstgebaute primitive Flugkörper mit wenig Sprengkraft und Reichweite…“ (12.5.) Oder: Die „geballte Militärmacht“ Israels werde „gegen Widerstandsgruppen in Gaza“ eingesetzt (15.5.)

Innerhalb der jungen Welt habe ich in den 24 Jahren, in denen ich für das Feuilleton schrieb, immer mal wieder derartige einseitig-verzerrte Beiträge, die immer auch die bei allen Tageszeitungen zu beobachtenden Unterschiede zwischen den Redaktionen (Außen-)Politik und Feuilleton markierten, mitbekommen und hingenommen. Jetzt reicht es, die Entwicklung von Israelkritik zu Israelfeindschaft macht es mir jetzt unmöglich, weiterhin solidarisch zu sein.

Ich bedanke mich bei denen, die mich und meine Arbeiten von 1997 bis gestern begleitet haben: Conny Lösch, Christof Meueler, Peter Merg. Bessere RedakteurInnen kann man nicht kriegen. Mit schlechteren RedakteurInnen will ich auch weiterhin nichts zu tun haben.

Franz Dobler, Bergkirchen/Dachau 18. Mai 2021



MACHINE GUN KELLY

konnte sie für seine Arbeit bekanntlich nicht benutzen, aber Schreibmaschinen wurden auch immer wieder für illegale Beschäftigungen miss- oder gebraucht … und man konnte mit ausreichenden Kenntnissen sogar bis „Wetten, daß…“ kommen. Foto-Journalist Bernd Hohlen hat es in einem toll abseitigen Artikel beschrieben.

Meine Aussage dazu: „Das Beste, was ich von der Schule mitbekommen habe, war der Schreibmaschinenkurs. Ich war so schnell, dass ich dann einige Jahre meinen Lebensunterhalt in der Abteilung Texterfassung bei einer Münchner Zeitschrift verdienen konnte. Ich habe den Sound der Maschinen, den kein Computer nachmachen kann, immer geliebt. Ich glaube, dass ich meine Maschinen eines Tages wieder benutzen werde. Vielleicht, weil es nicht anders geht…“

https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Augsburg-Nur-noch-Nostalgie-Augsburger-und-ihr-Verhaeltnis-zur-Schreibmaschine-id59577276.html

oz.Typewriter: Henry Leverage – The Pulp Fiction Author Who Made His Corona  3 Portable Typewriter Sing Sing: Seven Million 'Sold Words' in 11 Years

c Jackson Black, 1943



WAS ICH SCHON LANGE ZU WISSEN GLAUBE

NICHT

JEDER KÜNSTLER

IST EINE GUTE KÜNSTLERIN!