Produktion

EIN BULLE IM ZUG (10)

You can laugh over my English, but now take that: „Krimis are often socially and politically engaged. They reflect on facets of German, Swiss and Austrian society or critique attitudes to class, race and gender, as demonstrated by the recent winner of the 2015 German Crime Fiction Prize, Franz Dobler’s Ein Bulle im Zug (‘A Cop on the Train’, reviewed in NBG 37).“

http://www.new-books-in-german.com/english/1964/441/441/129002/design1.html



RECORD SHOP ROCKEN

https://www.tumblr.com/stockwerk23/129384075744/schamoni-das-hobos-von-volker-stock-well-thanks

 



AUCH WIEDER NUR SO EIN GEDICHT

das mir selber mal eingefallen, in junge Welt und in Superbastard erschienen und halbwegs aktuell geblieben ist:

IN MÜNCHEN VOR DEM KRIEG

Der Vater

ist ein Tisch ohne Decke

Die Mutter

liegt auf ihm ohne Kopf

Der Bruder

zeigt ihn herum auf der Wiesn

Die Schwester

jodelt im großen Zelt

Der Mann

der sie am Arsch leckt ist ein Nazi

Und auch er

macht es schön und gut.



PRAXIS DR. SCHAMONI

heißt der neue Laden vom tollen Label. Hier das Video von der Eröffnung. München, Bayerstr. 4 . Live am 18.9. Das Hobos feat. Franz Dobler im Improvisationsgebiet.



KNASTLESEN (6)

Vorgelesen aus Unter Brüdern von John Fante. 11 Jungs und ein Mädchen, darunter ein Problemfall, wie ich schon beim Reinkommen durch den Stress unter den Cops  mitbekam. Der Junge war soeben eingefahren und laut eigenen Angaben auf Ecstasy u.a. Ich habe allerdings nicht gewusst, dass er in der Gruppe sein würde und er ist mir auch nicht aufgefallen. Kurz vor Ende wurde er rausgeholt, und ich hatte auch nicht mal bemerkt, dass er eingeschlafen war. Als wir fertig waren, bekam ich am Ausgang mit, dass er ermahnt wurde: wenn er wieder einschlafen würde, dann würde die Gruppe,  wo er jetzt hinmusste, abgebrochen. Ich sagte, einschlafen wäre ja nicht schlimm, es wäre schlimmer, wenn jemand die Gruppe kaputt macht. Kam bei der Chefin natürlich nicht gut an. Manchmal hat sie schon ein Humordefizit – der Jugendarrest wird demnächst geschlossen und in ein Kaff außerhalb verlegt, und ich sagte zu ihr, wenn der Arrest dicht macht, was soll ich denn dann machen in meiner Freizeit? Aber sie kapierte den Witz nicht.

Die beiden Jungs, die mich eine Woche vorher gebeten hatten, aus Unter Brüdern weiter zu lesen, waren jedoch nicht mehr dabei. Also fing ich wieder mit dem grandiosen ersten Kapitel an. Bei der hohen Teilnehmerzahl hatte ich erwartet, dass es chaotisch werden würde, aber denkste. Letztes Mal wurde mehr gelacht, Details kamen besser an, auch der Fante-Witz. Aber einer war jetzt dabei, der besonders auf das Italo-Thema ansprang. Und es stellte sich raus, dass er alle Scorsese-Filme kannte – mit 19! Sogar DeNiros weniger bekannten Film In den Straßen der Bronx, außerdem Heat und Sopranos sowieso, ein echter Mafiafilmspezialist, eine Bildung, die man sich erstmal draufschaffen muss. Wir saßen im Knast und beballerten uns mit Mafiafilmwissen. Ich war überrascht, als er sagte, er würde draußen nie ein Buch lesen.

Am Anfang hatten, was selten vorkommt (und ich frage nie), fast alle erzählt, warum sie da waren. Die meisten BTM, (nur) einer wegen Beleidigung und KV, einer wegen Facebook-Beleidigung, das Mädchen wegen Schwarzfahren. Sie sagte dann nichts mehr, ich konnte sie mit nichts ermuntern, die Frage, ob sie einen von diesen Filmen kennen würde, verneinte sie. Der Junge links neben mir mit den langen Locken saß wegen 0,7g Shit. Er hatte sechs Romane von John Irving in den Knast mitgebracht. Ich erzählte ihm, dass Irving kürzlich in Deutschland war und bei der Beerdigung seines Freundes Günter Grass die Grabrede gehalten habe. Er schaute mich total verblüfft an und meinte, er wäre hingefahren, wenn er draußen gewesen wäre. Mann.

Als im Buch „Redondo Beach“ vorkommt (wo der Erzähler lebt), erwähnte ich zur Verdeutlichung Two and a half Men, wo ja immer wieder der Strand eingeblendet wird. Einer sagte, das sei aber Malibu. Na gut, verdammt. Und der Irving-Fan sagte auf meine Frage, ob sie die Serie denn kennen würden: Nein. – Was? Das gibt´s doch nicht! – Dann lachte er sich kaputt. Er hatte mich verarscht. Das kennt ja wohl jeder!

Mit einem Deutschrussen redete ich vor allem über das Tabu, den eigenen Vater zu schlagen. Klar, sowas geht gar nicht, versteht und kennt jeder. Solche Stellen – auch wie sich die Eltern und Kinder gegenseitig wüst beschimpfen – rufen Kichern hervor, auch großes Erstaunen, dass sowas in einem Buch zur Sprache kommt. Ich erzählte ihnen den üblichen Spruch meiner Mutter: Wer die Eltern haut, dem wächst die Hand zum Grab hinaus! Ich versuchte ihn etwas rauszulocken und sagte, was wäre aber, wenn der Vater den Sohn töten will und der muss in Notwehr sein Leben schützen? Er wich aus, dann müsste jemand dazwischen gehen und das verhindern. Auch weitere aber-wenn-Fragen führten aber nicht weiter.

Jemand erzählte von einem realen Fall, dass eine Frau in sehr hohem Alter ihrem ebenfalls sehr alten Mann gestanden habe, ihn einmal vor Jahrzehnten betrogen zu haben, und daraufhin habe sich der Mann scheiden lassen. Diskussion: absurde Sache; sie hätte es doch nach so langer Zeit nicht sagen müssen … – Ich: Sehr alte oder kurz vor dem Tod stehende Menschen hätten oft das Bedürfnis, solche Sachen zu gestehen. Und erzählte, wie meine Mutter, schon im Sterbebett, mir erstmals erzählte, dass ihr Vater sieben Jahre im Knast gewesen war.

„In ihren Sonntagsanzügen warteten die Sargträger trübsinnig und suchten Schutz vor der Sonne unter einer großen Ulme, an diesem heißen, freudlosen Nachmittag. Es waren Zarlingo, Cavallaro, Antrilli, Mascarini, Benedetti und Rocco Mangone. Sie sahen so schön aus wie alte Steine, die man über ein Stück Hügellandschaft verstreut hatte.“

Wir haben nie genug Zeit, um mehr als ein paar Seiten zu schaffen; kommen, bei Romanen, nie bis zum Schluss. Manchmal fragt mich jemand, warum ich denn nicht jeden Tag kommen könnte.



EIN BULLE IM ZUG (9)

Endlich mal wieder im Zündfunk, endlich mal wieder mit dem geschätzten Roderich Fabian geplaudert. Und dabei einige geradezu intime Geständnisse gemacht … ab 40´50:

http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/zuendfunk-03-09-2015_x-100.html

Rodi erinnerte mich auch daran, wie wir uns vor ca. 25 Jahren kennengelernt hatten, anlässlich einer Lesung in einem Münchner Lokal. Es war so voll, dass man ihn und einen Freund nicht mehr reinlassen wollte. Aber ich stand grade draußen und sagte, dass ich keinen Satz lesen würde, wenn diese beiden Männer nicht reinkamen. Ich habe ganz vergessen, was ich mal für ein harter Bursche war. Hallo?

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IM DIAMOND MOTEL

treffen sich beim at.tension Theaterfestival am 5.&6.9. von links nach rechts Pencil Quincy, Franz Dobler, Digger Barnes. Um zu tun, was sie tun müssen. Sonst nichts.



DIAMOND MOTEL

Drei Vorstellungen beim Theaterfestival at.tension in Lärz am 5./6.9. Hier der Trailer: http://diamondmotel.jimdo.com/video/

Ein Abend zwischen Autoren-Lesung, Kino und Konzert mit Texten von Franz Dobler, Projektionen von Pencil Quincy und Musik von Digger Barnes:
DIAMOND MOTEL (80 min) Regie: Barnes & Quincy. Sounddesign: Hanns Clasen, Lichtdesign: Timo Reichenberger. Eine Barnes & Quincy Produktion 2014. Koproduziert von Schwankhalle Bremen. 

Ein Schriftsteller sitzt in der Provinz fest. Er hat sich in einem Motel eingemietet und wartet ab. Liest, schreibt und sieht aus dem Fenster. Auf schlaflose Nächte folgen verkaterte Tage. Gäste scheint es ansonsten keine zu geben. Der Rezeptionist vertreibt sich die Zeit auf der Gitarre, die Neonreklame blinkt vor sich hin, es regnet und am Horizont braut sich etwas zusammen…



HANS FRICK

einer der großen deutschen Schriftsteller, wäre heute 85 geworden. Anfang Februar 2003 war ich gezwungen, einen Nachruf auf ihn zu schreiben (abgedruckt auch in Sterne und Straßen, Edition Tiamat, 2004):

UM SEIN LEBEN SCHREIBEN

»Die Lesungen in Frankfurt (im völlig überfüllten Jazzkeller mit MANGELSDORFF) und in Stuttgart waren gut«, schrieb der Frankfurter Schriftsteller Hans Frick im September 1977 an den Presse-Chef des Bertelsmann Verlags, wo gerade sein neues Buch Die Blaue Stunde herausgekommen war.

Es war scheinbar eine gute Zeit für den 47-jährigen etablierten Autor. Der Regisseur Helmut Käutner hatte soeben seinen 1972 veröffentlichten Roman Mulligans Traum angemessen großartig verfilmt, mit Helmut Qualtinger in der Hauptrolle. Und es war nicht irgendjemand, sondern Jörg Fauser, der 1979 für das Berliner Tip-Magazin in einer langen »Hommage an Hans Frick«, die zugleich eine Tirade gegen die deutsche Gegenwartsliteratur war, dies schrieb: »Ich weiß, dass es in meinem Land nur einige wenige Schriftsteller gibt, die das Papier wert sind, auf dem ihre Bücher gedruckt werden. Einer von ihnen ist Hans Frick.«

Der etwa zur selben Zeit Schluss machte. Mit Schreiben. Er hatte sich fast tot gesoffen, schaffte es, sich für ein Weiterleben ohne Schreiben zu entscheiden und verschwand nach Spanien. Sein letzter Roman Die Flucht nach Casablanca erschien 1980, die Geschichte eines ehemaligen Boxers, der den Alkohol nicht besiegen und in der Gesellschaft keinen erträglichen Platz finden kann und von einem neuen Leben träumt.

Alle Romane von Hans Frick sind düstere, verzweifelte, quälende Ausflüge in die Hölle auf Erden. In seinem Debüt Breinitzer oder Die andere Schuld erzählte er 1965 von einem KZ-Arzt, der in Visionen von seinen Opfern verfolgt wird und sich selbst vor Gericht zu bringen versucht, erfolglos, schließlich ist der Judenvernichtungs-Kram im Nachkriegsdeutschland längst abgehakt. Fricks Blick auf die BRD hatte nichts Versöhnliches: »Sie haben es getan und sie werden es jederzeit wieder tun, wenn es ihnen gestattet wird.«

Erich Maria Remarque schrieb eine Hymne darüber im Spiegel – und Frick eine Neufassung seines Debüts, die 1979 mit dem Titel Breinitzer herauskam (gewidmet seinem Freund Fritz Bauer, der im so genannten Ausschwitz-Prozess Generalstaatsanwalt war).

Das Thema Nazis/BRD war auch in Der Plan des Stefan Kaminsky präsent, der im Frankfurter Zuhälter-Milieu angesiedelt war. Frick stellte eine Verbindung her zwischen gnadenlosem Geldmachen und der herrschenden Ansicht, mit den Nazi-Verbrechen wäre genug abgerechnet.

Stilistisch und thematisch wurde der Autor zurecht immer wieder mit Kafka verglichen. Nur mit dem Roman Dannys Traum veröffentlichte er 1975 etwas für seine Verhältnisse leichteres, in der Nähe eines Thrillers und eines Johannes Mario Simmel; aber seine Hauptperson, der Unterschicht-Rock’n’Roll-Junge Danny schaffte es natürlich nicht in ein besseres Leben.

Über die persönlichen Dämonen, die hinter seinen Romanen standen und ihn dann besiegen sollten, schrieb Frick autobiographische Berichte mit geradezu brutaler Offenheit. Nachdem sein kleiner Sohn von einem Auto tot gefahren wurde, schrieb er Henri (1970), danach das Tagebuch einer Entziehung (1973). Und in Die Blaue Stunde erzählte er von seiner Jugend im Frankfurt der Nazi- und Nachkriegsjahre und vom elend armen Leben seiner Mutter. Sie wohnten in der Ginnheimer Straße, dann in der Lahnstraße, und überall wurde die Mutter als »dreckige Judenhure« beschimpft, weil sie ein uneheliches Kind von einem jüdischen Kunsthändler hatte. Der »Halbjude« Hans Frick wuchs mit der Angst auf, die Nazis könnten ihn jederzeit abholen – und er wusste, was sie mit den Juden machten.

Ich muss es betonen, diese autobiographischen Berichte sind nicht nur Dokumente, sondern gehören zum stärksten der deutschen Nachkriegsliteratur.

Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren hatte Frick leider einen treuen Freund: Selbstzweifel. Er hatte nie ein Gymnasium besucht oder studiert, sondern sich als Vertreter und Arbeiter durchgeschlagen, und die Ansicht, ein Schriftsteller könnte etwas erfinden, immer abgelehnt. Als er dann zwei Flaschen Cognac pro Tag brauchte, um seinen Stoff in Sprache zu übersetzen, hörte er auf, um sein Leben zu schreiben.

Seine kleine Mansardenwohnung in Frankfurt behielt er bis zuletzt. Einmal jährlich kehrte er mit seiner Frau Karin zurück, um diverse Krankheiten behandeln zu lassen. Als ich ihn dort im Herbst 2001 besuchte – jemand hatte ihm mein Buch Bierherz gegeben, in dem ich mich mit nur ein paar Zeilen vor seinem großen Werk verbeugte, und er lud mich ein – erzählte er vom Glück, dass er mit dem Schreiben aufhören, nach Spanien ziehen und dann Häuser renovieren konnte(*:s.unten); dasselbe habe er übrigens Jörg Fauser empfohlen, als er ihm Jahre nach diesem Artikel einmal begegnete. Der ehemalige Boxer war schon schwer angeschlagen, der Körper, nicht der Kopf. Er war nicht unglücklich oder überrascht, dass sein Werk seit Jahren so gründlich vergessen ist. Er unterhielt sich viel lieber, ein Fan mit riesigem Wissen, über Jazz und Country, und ich war auch glücklich, dass er zu den wenigen Menschen gehörte, für die das keine unversöhnlichen Gegensätze sind.

Natürlich musste ich mich in Rage reden. War das vielleicht keine Schande! Dass sein Werk so vergessen wurde, und Jesus, wenn man sich die Autoren seiner Generation so anschaute, stilistisch, inhaltlich! Er erzählte ein paar Schoten, wie er sich brüllend mit diesem und jenem auf der Buchmesse gestritten hatte, und ich sagte, ach, verflucht, warum war es denn ausgerechnet er, der aufhören musste.

Er winkte ab. Er winkte sanft lächelnd ab. Weit weg von dem ganzen Mist.

Hans Frick starb nach Monate langem, schweren Leiden am dritten Februar 2003 im Alter von 72 Jahren in einem Krankenhaus in Huelva, Spanien.

(* Nachtrag: hier hatte ich etwas missverstanden, Hans Frick hatte zwar ein Haus renoviert, aber dann keinen Job draus gemacht…)



CATWALK SMALLTALK (8)

ICH MÖCHTE IN EINEM LAND LEBEN, IN DEM SO FIGUREN WIE DR. JUR. MARKUS SÖDER, BAYERISCHER STAATSMINISTER DER FINANZEN, FÜR LANDESENTWICKLUNG UND HEIMAT, EINGEBUCHTET WERDEN FÜR DAS, WAS SIE SO SAGEN.

PASS AUF, HINTER DIR.

DEMGEGENÜBER WÜRDE ICH ALLEN FAHRRADFAHRERN, DIE MICH AUFM FUSSWEG TERRRRORISIEREN, GERNE DIE HAND KÜSSEN.

FLY ME TO THE MOON AND KISS ME.

PISS ME WITH YOUR POETRY.

DANN ABER NOCH DAS STRAFMASS.

DIE DETAILS KRIEGEN DIE DORT SICHER AUCH NOCH HIN.