Musik

MEIN SPIRITUELLER ANLAGEBERATER

Hubl G. hat einen großartigen Artikel über Musik und -machen geschrieben, genauer gesagt, es ist die genaue Skizze zur von ihm gehaltenen Rede anlässlich der Verleihung des Dr.h.c. der Universität von Irkutsk/Sibirien aufgrund seines musikalischen Lebenswerks, zu dem auch einige Produktionen mit der sibirischen Sängerin Stepanida Borisova gehören.

Unsere Wege hatten sich am Anfang gekreuzt: Ich schätze 1978 schrieb ich meinen ersten Artikel über Musik in den Schongauer Nachrichten und das war zugleich der erste Artikel, der über ihn (bzw. seine damalige Band Allgäu) geschrieben wurde. Um diese Begegnung zu verarbeiten, ließen wir uns auf verschiedene Kollaborationen ein (vgl. CD Ich möchte Musik machen können – A Tribute to Rainer Werner Fassbinder, für die wir einen Track als Fans mit Blumen einspielten, oder The DJ Hörspiel Ensemble) und tun das weiter bis übermorgen.

http://www.hubl.com/die-kraft-der-neugierde.html

(ex-Foto:) Mein spiritueller Anlageberater Hubl Greiner is “a devil-of-a-fellow and probably one of the most creative producers and musicians in his profession in Europe”, schrieb das Ear Magazine/New York.



NEUER BAYERNVOLKSPOP

Mit einigen Freunden, die sich mit dem anhaltenden Trend der neuen, jugendlichen, scheinbar so wahnsinnig lässigen, angeblich besonders talentierten bayerischen Volks- und Irgendwie-Popmusik ziemlich gut auskennen, hatte ich erst paar Diskussionen.

Die eigentlich keine Diskussionen waren, sondern Beschimpfungen in dieselbe Richtung. War keine große Überraschung, aber auch etwas beruhigend, dass der jeweils andere diesen pestartigen Trend im Fahrtwind von La Brass Banda, für die sich auch schon keiner begeistern konnte, auch nicht leiden konnte. Manchmal ist es eben ein okayes Gefühl, zu merken, dass man nicht ganz allein in der Meinungswelt herumsteht.

Ich erinnerte mich vage, dass ich über diesen ganzen Mistkarren schon mal geschrieben hatte. Und tatsächlich. In Trash No.9,  1994, hatte ich die erste Welle mal kurz ins Visier genommen, anlässlich der Veröffentlichung von Attwengers „Luft“ auf Trikont. Hat also nichts geholfen, aber hinzufügen kann ich dem auch nichts:

„Es macht mir keinen Spaß, eine offene Tür einzurennen, und deshalb fällt mir zur Neuen Alpenländischen Volksmusik (NAV) was anderes ein: Aus regional bedingten Gründen interessiert mich die NAV schon die ganze Zeit und mittlerweile habe ich die meisten ihrer Mitglieder bei Liveauftritten oder im Fernsehen mitbekommen.

Und inzwischen gehöre ich zu der Gruppe, die glaubt, dass das meiste von der NAV ziemlicher Humbug ist. Ich weiß schon – die SPD-Chefin Renate Schmidt sagt öffentlich was ganz anderes. Sie findet die NAV „im Großen und Ganzen“ ziemlich toll. Aber schon Engholm hat sich positiv zu Hiphop geäußert und ist trotzdem Baden gegangen.

Das alte und immer kotzigere Problem der SPD: zu Allem und Jedem den super-modernen Max raushängen lassen, und wenn dann die Asyldebatten anstehen, den Schwanz einziehen und den Schulterschluss machen mit jedem x-beliebigen reaktionären Dreck.

Als solchen kann man jetzt keinen NAV-Text bezeichnen, aber doch viel zu viele gehen stark in Richtung dusslige Naturverbundenheit und Träumerei von einem Alpenland in zart gemalten Farben. Wobei mich selber die Beobachtung verblüfft hat, dass, musikalisch betrachtet, die Altmodischen spannender sind als die Fraktion der Schlagzeug- und E-Gitarren-Benutzer.

Das ist schon fast eine Faustregel: Was an Rock- und Popmusik in die NAV reingeraten ist, ist naiv, lächerlich, vorgestrig – mit einem Wort: haarsträubend.

Hubert von Goisern kann so authentisch reden und sympathisch abrocken wie er will, aber mit seinen Alpinkatzen hat er fast nur Mist eingespielt. Den hätten Sparifankal schon vor 15 Jahren aus dem Zelt gefegt. Wobei ich – schlimm genug – klarstellen muss, dass ich nicht zu denen gehöre, die behaupten, die Alpinkatzen dürften nicht zur NAV gehören, weil sie schon zuviel Rockmusik machen; auweh – wenn man sich diese Gruppe der NAV-Anhänger mal genauer ansehen würde: keinen Pfennig würde ich da auf irgendwas wetten!

Zumindest eins ist dem Kenner jetzt natürlich klar: Die Interpreten kann er mit dem Gemaule aber nicht meinen! Meint er auch nicht. Und Attwenger natürlich sowieso überhaupt nicht. Ich kanns drehen und wenden, wie ich will, von Text bis Bühne, von Traditionskenntnis bis Tonträger und von Leidenschaft bis Modernität: Attwenger sind einfach in der Hitparade der NAV eine Klasse für sich. Sie waren das von Anfang an und daran hat sich auch mit dem neuen Album „Luft“ nichts geändert.

Wie lange sie das durchhalten, kann ich nicht wissen. Nur eins würde mich glaub ich nachdenklich machen: Wenn sie zur Eröffnungsgala einer bayrischen Ministerpräsidentin aufspielen mit einer Renate Schmidt am Saxophon.“

Tja, da war inzwischen ne Menge Kommen und Gehen da draußen. Nur eins ist klar: Attwenger überleben sie Gottseidank alle, und, möchte man so gesagt hinzufügen, mit einer extremst hohen Nachhalltigkeit.

If in doubt consult your local Heimatpfleger. Fangen Sie das Gespräch mit „Kraudn Sepp konnte ja bekanntlich kaum Notenlesen“ an, damit er/sie Sie auch gescheit ernst nimmt.



NYC:NORTON REC NEEDS HELP!

norton_header_2011-1

IMG_7564-223x300

For the first time in Norton’s history, we are asking for your help. It has been entirely against our policy and nature to ask anyone for anything, in the entire history of our magazine and label. It hurts us to even suggest that any of you who have supported the label and our artists by purchasing Norton records over the years, to support us over and above with a donation. But it has indeed come to this. We have added a donate button to our website.  Here’s the story. Every penny of what you donate will go into remanufacturing record jackets and sleeves for the vinyl that we salvage. No donation money will go into our day to day expenses so long as we can go forward on a minimal budget. If we get to the point where we cannot meet our monthly budget, we will ask again. But now, all donations go into getting the Norton label records back out to the public. We will write more about the procedure in days and weeks to come. Several people have benefits in the works, and we are grateful to you all. Send us any benefit links and we will post and propagate on the Norton site. If any of you are computer, website, internet geniuses, share your smart thoughts with us.

Red Hook warehouse560

So, Norton Records and our print subsidiary Kicks Books has been savaged by Hurricane Sandy. Our stock and archive has been housed for the past seven years in Red Hook Brooklyn, at the historic Van Brunt Warehouses, pre-Civil War brick warehouses that were built to warehouse DRY GOODS — tea, coffee, spices, and sugar. In fact the Domino Sugar Co. warehouse was right next to our place until recently, when their silo was torn down. There was no doubt in our minds that the Red Hook warehouse was secure– it had withstood 150+ years of nature’s fury, after all. The insane and demonic combination of the hurricane, the high tide, the full moon and full-on interplanetary wrath resulted in a vortex that tore directly in through the waterways separating Brooklyn from Staten Island and straight into the island of Manhattan.

 NortWarehouse2

Most of you know the history of the label. Billy Miller and myself (this is Miriam Linna here) started the label in 1986 as an audio offshoot of our Kicks Magazine which we had been publishing since 1979. The label is focused on music that has been forgotten by the main veins that feed the public. It’s been a struggle from the start but in celebrating the label’s 25th anniversary exactly one year ago, we truly felt that we have reached a point where we could at least continue with releasing records and exposing people to the greatest rock n roll on the planet. Here we are today, soaked to our skin with so much destruction.

 NortWarehouse8
Dust_and_Grooves_1506

Nearly all of the Norton Records stock – our label’s LPs, CDs, 45s, picture sleeves, CD booklets, record labels and more, as well as the stock on other labels we distribute including Relic, Crypt and Stompin’ merchandise plus mail order-only stock he entire Kicks Books and Kicks Magazine stock was destroyed. We have small existing quantities of things at our home office, but very little. Thankfully, two full printings of the latest Kicks Books, GETTING IN THE WIND by Harlan Ellison and LORD OF GARBAGE by Kim Fowley, are high and dry at the printer.  Also, our new releases are scheduled in as soon as trucks are rolling- several new El Paso volumes, T. Valentine and Daddy Long Legs, the Horror Of Party Beach guys The Dynamic Delaires ZOMBIE STOMP, and  Kim Fowley KING OF THE CREEPS LP/CD. Release date is Nov. 20 for all things new. Our entire Norton archive went underwater, including all of our correspondence, photos, documents, reviews, master tapes, ephemera, posters, including at least ¾’s of my vintage paperback collection (several thousand books) and virtually all of the old magazines and fanzines which went back to the 1940’s, again, numbering into the several thousands, interview tapes, 25 years of correspondences with Norton artists, original photographs, original rock n’ roll and movie posters, Norton business records, family items, furniture, musical equipment, my Del-Aires-owned 1962 Slingerland drum kit (Ironically we have just released the Del-Aires LP, after years in the process–!– I’m goint to drag the kit out of the swampy rubble today, having set it to drain last week. If it’s bent and banged, so be it. Maybe it’ll be a new even more “warped sound” for the A-Bones and Figures of Light), recording equipment, our 1948 Lady Robin Hood pinball machine, Billy’s baseball collection….all waterlogged, and mos of it, if you will excuse the expressiton, dead in the water. The shock and horror of the loss on every level is difficult to deal with, but we are clinging to the hope of surviving as a label by saving the records. We will them proceed with re-manufacturing 7” sleeves and LP jackets one title at a time. We are hoping to still ship new releases by November 20th, and hope you guys and gals will get aboard with these releases, as we try very hard to get on track.

 NortWarehouse3
 NortWarehouse1
Dust_and_Grooves_1595

We have a mind boggling 2013 release schedule for Norton Records and Kicks Books and it’s our hope that we can still DO IT. Billy’s Ultimate Kim Fowley Singles Discography 1959-1970 which was scheduled to appear on our website to coincide with Kim’s new book and album has been postponed indefinitely. We thank our friends at Interfuel who have worked diligently to launch our new website, which is on hold right now until we can assess what we need to remove from availability. We ask a few questions- can you people deal with 45’s without sleeves, in other words, will you buy our 45s if they just have white sleeves right now– it will take a long time and a lot of long green to get new sleeves made for all of them? Please let us know if any of you geniuses have ideas on how we can carry on, or move forward. We think if we get even a few volunteers with scanners and laptops and maybe drying space who can help dry documents and scan them. Like maybe one person would be willing to take a few artist files, separate and hang them to dry and then scan them.. how does that sound? That’s one thing that is a race against the clock. But vital is getting the vinyl washed and dried and resleeved.

                           VOLUNTEERS

Dust_and_Grooves_1658
Dust_and_Grooves_1664

We could not have even gotten this far without the help of so many amazing volunteers – friends, family, neighbors and complete strangers. Fellow record companies like Sundazed, Daptone, Telstar (US) and even Sony Legacy have sent their able people over to provide their muscle and hustle. Norton Records is still in desperate need of volunteers to clean vinyl. Some much needed good news – the wonderful folks at the Spin-Clean Record Washer Company have donated a dozen record washing machines and gallons of cleaning fluid to help our cause. We can’t thank them enough as this will speed up our recovery process. If you would like to volunteer with our salvaging effort and clean records at our Prospect Height, Brooklyn office any day or time between 11AM-11PM,  please e-mail us at email hidden; JavaScript is required with VOLUNTEER in the subject line or call 718-789-4438 (office) or 917-671-7185 (Billy’s cell phone) and we will give you directions and updated information. No text or facebook replies for volunteering please.

 CleanUp3
 CleanUp1

 



RY COODER (4)

„Great victory against bad people!“



OUT TAKE (FÜR DICH)

Thema:unglaubliche Outtakes. Hier einer von Nils. Auf keiner Platte.

http://www.youtube.com/watch?v=8IWuYYKOmL8



ROCK’N’ROLL FEVER (4)

„…you will be saved by Rock´n´Roll“, hat jemand ins Kondolenzbuch für Nils Koppruch geschrieben. Und ich will hoffen, dass es so ist.

Die Ausstellung „Rock´n´Roll Fever“ mit den Bildern von Guido Sieber wird, inzwischen (nach Frankfurt, Kassel, Berlin) zum 4. Mal, am 22. November in Schwerin eröffnet. Aus unserem bei Edel erschienenen Katalog hier der Text zu Washboard Sam, der am 6. November 1966 die Welt, die wir nicht kannten, verlassen hat:

„WASHBOARD SAM (Abb. 4) montierte den Teller eines Plattenspielers auf sein Waschbrett, um mehr Sound und Power zu haben. Im Chicago der 30er-Jahre wurde er zum beliebtesten Schrubber, nachdem er, wie üblich, die Ausbildung auf der Straße abgeleistet hatte. Seine jazzy pulsierenden Aufnahmen, die er auch als „Ham Gravey“ oder „Shufflin´Sam“ veröffentlichte, wurden mit Gitarre, Klavier, Klarinette verstärkt und waren erfolgreiche Vorläufer des heftiger werdenden Chicago Blues der 40er, in dessen elektrischem Trubel er nicht mehr mitmischte.

Eine frühe Blues-Karriere mit versöhnlichem Ausgang: Robert Brown alias >Sam machte bis 1947 Aufnahmen. Dann gab er die Musik auf und wurde in Chicago Polizist. Er führt mit seiner Familie ein ruhiges Leben im Süden der Stadt<, schreibt Samuel B. Charters, der vielleicht beim Schreiben so gerührt war, dass er ein paar spätere Aufnahmen zu erwähnen vergaß, ebenso das kleine Comeback, das den Cop sogar nach Europa führte, kurz vor seinem Tod 1966.“



NILS KOPPRUCH

hat den Song „Eckensteher“ über die Melodie eines alten Hamburger Volkslieds von Ludwig Wolf für das Trikont-Album „return of the TÜDELBAND (inspired by Gebrüder Wolf)“ geschrieben und mit seiner Band Fink eingespielt:

ECKENSTEHER

Mit den Eckenstehern steh ich in den Ecken rum / Und wir warten drauf dass irgendwas geschieht / Und wenn endlich was passiert stoßen wir uns an / Weil wir wussten dass sich irgendwas ergibt / Und wir wissen auch genau dass es so weiter geht / Wenn nicht irgendwann mal irgendeiner sagt / Lasst uns eine Ecke weiter gehen / Irgendwann komm´n die andern nach

Jo ne, doch, ne ich sag mal so / Mann muss ja sowieso / Irgendwann mal weg von hier / Und warum dann nicht jetzt schon

Und ich denk an all die Ecken wenn´s zu Ende geht / An all die Ecke wo ich schon mal stand / Und ich denk an all die Straßen die ich runter ging / Und all die neuen Ecken die ich dann noch fand / Und jetzt wart ich noch auf meinen letzten Atemzug / Und dass ich noch zum letzten Male sag / Lass uns eine Ecke weiter gehen / Irgendwann komm´n die andern nach

Jo ne, doch, ne ich sag mal so / Man muss ja sowieso / Irgendwann mal weg von hier / Und warum dann nicht jetzt schon.

***

Außerdem von Fink auf dem Album (US-0313, 2003) eine Coverversion des Ludwig Wolf-Schlagers „snuten un poten“.  Ebenfalls als Originalveröffentlichung von Nils (unter dem Bandnamen Mann ohne Schmerzen, mit Andreas Voss) erschien auf dem Trikont-Album „a boy named sue – Johnny Cash revisited“ 2002 ein Cover von „Big River“ (er sang englisch). (Die Songs von Fink bzw. Nils Koppruch auf den Compilationen Perlen Deutschsprachiger Popmusik Vol. 2 und 4 waren Auskopplungen von den Alben).

Hier die Diskographie der Alben mit Fink, Solo und Kid Kopphausen:

http://nilskoppruchsupport.wordpress.com/



NILS KOPPRUCH

kurz vor seinem Tod im TV:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1750268/TV-Noir:-Kid-Kopphausen-und-Late-Call



GRAM PARSONS

starb heute vor 39 Jahren. Für den Band SZ-Diskothek 1974 schrieb ich dies über ihn:

In My Hour Of Darkness

Das Leben des Gram Parsons war kurz, heftig, tragisch. Ein düsteres und durchgeknalltes Rock’n’Roll-Märchen: mit dem genialen Künstler und vielen Drogen, mit geerbten Millionen und einem gestohlenen Sarg.

Gram Parsons lebte nicht mehr, als im Januar 1974 sein zweites Solo-Album „Grievous Angel“ erschien; dieser verletzte, kaputte, traurige Engel, das        war er selbst. Nach den Aufnahmen in Hollywood fuhr Parsons mit Freunden zu seinem besonderen Ort im Joshua Tree Nationalpark, um auszuruhen, umgeben von Wüste und Felsen. Dort starb er am 19. September 1973 mit 26 Jahren in einem Motelzimmer an einer Überdosis verschiedener Drogen.  Seinem chaotischen Leben hatte er ein schmales Werk abgerungen, in dem es nicht einen kleinen Hit gab; auch das letzte Album war trotz diesem Tod und seiner irren Geschichte danach ein Misserfolg. Von den vier Platten mit anderen Bands schaffte es eine in den unteren Bereich der Top-100-Charts. Nur eine kleine Szene wusste, dass dieses unzuverlässig-unproduktive Genie ein bedeutendes Werk geschaffen hatte.

Wenige Jahre später wurde jede Produktion, die Parsons geprägt hatte, als Meilenstein gefeiert, er selbst als Pionier der Verbindung Country und Rock, als Erneuerer beider Genres. 1946 in Winter Haven, Florida, geboren, arbeitete er sich als Teenager schnellstens mit diversen Bands durch den Rock’n’Roll- und Folk-Rock-Katalog. Im Hintergrund seiner frühen Drogensucht: eine von Selbstmord und Alkohol zerstörte Familie und ihre mit Orangen-Plantagen angehäuften Millionen, die er als schlechte Basis für einen Country-Rocker betrachtete. In Los Angeles bekam seine International Submarine Band 1967 einen Vertrag bei Lee Hazelwoods Label, Parsons innovative „Cosmic American Music“ wurde von den Stars der L.A.-Szene bewundert.

Die Geschichte von Genie und Desaster konnte beginnen. Als die erste Country-Rock-Platte aller Zeiten erschien, gab’s die Band nicht mehr. Parsons war zu den Byrds gesprungen; angeheuert als Klavierspieler, setzte sich der Sänger-Gitarrist mit seiner Sound-Vision durch. Die fertigen Aufnahmen wurden von Hazelwood gestoppt, Parsons war bei ihm unter Vertrag und deshalb erschien 1968 „seine“ Byrds-Platte „Sweetheart Of The Rodeo“ (mit einer Ausnahme) ohne seinen Gesang. Weil er nicht im rassistischen Süd-Afrika spielen wollte (oder wegen seiner panischen Flugangst), verließ er die Band. Nach „seiner“ großartigen ersten LP mit den Flying Burrito Brothers wurde er wegen unkontrollierbarem Drogenkonsum gefeuert. Den Rolling Stones erteilte er Country-Lektionen, die auf ihren Platten dieser Jahre Spuren hinterließen; sein Freund Keith Richards wollte seine Solo-LP produzieren, aber selbst dieser Junkie schreckte dann vor dem Junkie Parsons zurück. Und: so weiter.

Dass er mit „GP“ (1973) und dem letzten Album seine Vollendung erreichte, lag auch daran: er arbeitete mit hochverehrten Musikern aus Elvis´ Live-Band und wollte sich vor ihnen keine Blöße geben; und mit seiner Duett-Sängerin, der damals unbekannten Emmylou Harris, verband ihn eine geradezu magische (musikalische) Beziehung. Mit ihr schrieb er seinen letzten Song, das Gebet „In My Hour Of Darkness“, eine Erinnerung an drei verstorbene Freunde. Bei der Beerdigung von Clarence White (von dem die zweite Strophe erzählt) hatte ihn das kirchliche Zeremoniell (angeblich) abgestoßen und er forderte von seinem Roadmanager das Versprechen, ihn eines Tages vor sowas zu bewahren. Und deshalb klaute der Freund den Sarg von Parsons am Flughafen, fuhr ihn zurück nach Joshua Tree und versuchte die Leiche zu verbrennen. Man weiß, es war eine eher dumpfe Aktion. Im Gegensatz zur puren Schönheit von Gram Parsons´ Musik.

 



HANK WILLIAMS

wurde heute vor 89 Jahren geboren. Ich habe mehrere Beiträge über seine Musik und Bedeutung geschrieben. Zuletzt ein Nachwort für den Comicroman Lost Highway von Soren Glosimodt Mosdal (Edition Moderne, 2011). Seinem speziellen Blick entsprechend, sind die Gespenster ein Thema. Und das geht so:

HILLBILLY GEISTERBAHN

Das Jahr 1953 begann nicht gut für Billie Jean Williams. Die 19-jährige Ehefrau des Countrystars Hank Williams war bei ihren Eltern, als am Morgen des Neujahrstags der Anruf kam. Sie beobachtete ihren Vater am Telefon und wusste sofort, dass ihr Mann schon wieder in irgendwas reingeraten war. Dann nahm ihr Vater sie in den Arm und überbrachte ihr die Nachricht vom Tod.

Sie schrie und weinte und sagte zu ihrem Vater, er solle dort anrufen, „ich sagte: ‚Sie sollen ihn nicht anrühren! Manchmal täuscht er nur vor, dass er schläft!’ Ich befürchtete, dass sie ihn lebendig begraben würden.“

Die Geisterbahn, in der Hank Williams durch sein Leben rauschte, hatte nach 29 Jahren die Endstation erreicht. Während der Geisterbahnfahrt hatten sich einige Monster und Gespenster vor ihm aufgebaut, und als die Bahn ihre letzte Runde drehte, tobte ein Blizzard, vor dem sich selbst der Heilige Geist verkrochen hatte.

Ich weiß nichts über Gespenster. Nur dass sie in diesen Situationen gern auftauchen. Man weiß wenig darüber. Und man weiß auch nicht, wann Hank Williams starb, im letzten Hotel, auf der Rückbank des Cadillac, am letzten Ende des Jahres 1952 oder in den ersten Stunden des nächsten Jahres? Ist das wichtig? Ist an der Sache irgendwas gespenstisch? Oder wollen wir es nur etwas seltsam nennen? War der Aufbruch in die vorhergesagte weisse Hölle, um zum Konzert im zwei Tagesreisen entfernten Clanton, Ohio, zu kommen, eine Dummheit oder doch nur Gottes Wille? Sicher ist, dass Hank falsch lag, als er dem erschöpften Fahrer erklärte, Jesus sei ihr Ersatzfahrer. Und sicher ist, dass sein Sarg wenige Tage nach der Beerdigung ausgegraben wurde.

20.000 Menschen waren bei seiner Beerdigung, und es heißt, dass es in Montgomery, der Hauptstadt Alabamas, nie eine größere Trauergemeinde gab. Das Besondere war, berichtete der Fiddler Jerry Rivers, dass Menschen aus allen Schichten dabei waren, „ein grauhaariger Funktionär im konservativen blauen Anzug, junge Männer in Lederjacken, alte Frauen mit Kopftüchern, weinende junge Mädchen in glänzender Seide, Weiße und Farbige, Männer in Luftwaffenuniform und Männer in der Westerntracht der Entertainer.“ Dieses Spektrum hatte mit dem Image von Countrymusik wenig zu tun.

Dreitausend war es vergönnt, an der Messe in der Stadthalle teilzunehmen, Hanks Leichnam zu sehen, die weiße Bibel in seinen Händen. Im ersten Rang hatte man 200 Afroamerikaner von den Weißen separiert. Ich stelle mir vor, dass Rosa Parks unter ihnen saß, die nur drei Jahre später den berühmten Busstreik in Montgomery beginnen sollte. Wurde sie von Typen angestarrt, die nachts in Gespensterklamotten schlüpften? Man weiß immer zu wenig. Die Klanmänner mochten sicher nicht den Blues, aus dem die Hanksongs gekrochen waren.

Er betonte es immer wieder. Seine wichtigste musikalische Lehre habe er als Junge bei dem schwarzen Straßenmusiker Rufus Payne alias Tee-Tot erhalten. Die Mutter schimpfte, gottverdammich, haste denn nichts Besseres zu tun als „lollygag around niggertown all day?!“ Diese Lehre war nichts Besonderes, kaum ein bedeutender Countrymusiker aus dieser Zeit hat nicht bei einem Bluessänger/gitarristen gelernt. Es ist grotesk und gespenstisch, wenn jemand glaubt, Country wäre eine reinweiße Musik. Aber es war ungewöhnlich, dass der Star, zu dem Hank Williams mit seinem 1949er-Hit „Lovesick Blues“ geworden war, sich öffentlich vor so einem Tee-Tot, einem Tee-mit-Schnaps saufenden „Nigger“, verneigte. Bei einem Festakt in Montgomery hatte er Tee-Tot sogar ehren wollen und ließ nach ihm suchen: Rufus Payne lag seit 1939 in einem Armengrab.

Kein anderer Countrysongwriter vor oder nach Hiram Williams war so stark bluesinfiziert. Nicht nur musikalisch. Die hoffnungslose Variante des Blues war ein Teil seiner Persönlichkeit, ein verzweifelter Zug in seinem Charakter, der ihn nicht älter als 29 werden ließ.

Mit „Move It On Over“ hatte Hank Williams 1947 seinen ersten Erfolg gehabt. Eingespielt mit Fiddle, Bass und vier Gitarren, von denen Zeke Turners elektrische scharf nach vorn gemischt war, war es einer der ersten Songs, die Rock’n’Roll ankündigten. Und natürlich war es dann die Live-Fast-Die-Young-Story, die ihn für alle Generationen von Musikern zum Held machten. Der Held, der sich nicht kontrollieren konnte und ließ. Der lieber schnell ausbrannte. Sich aus dunkelster Seele Songs schnitt. Heulte, brüllte, Scheiße baute. Seine Ehehölle rücksichtslos besang und mit perfektem Gespür für Rhythmus. Auf seine Ehefrau Audrey schoss. Ein katastrophaler Geschäftsmann. Der geil auf Erfolg war, aber auf lukrative Filmangebote spuckte. Unsummen verschleuderte, größte Konzerte platzen ließ. Unfähig, die Bremse zu ziehen. Zugedröhnt sein Publikum beschimpfte. Genie und  Knalltüte. Jagen, Fischen, Monster-Comics. Die manisch erträumte heile Familie und die Unfähigkeit zu einem irgendwiiiie normalen Leben: die Kluft, aus der gern Gespenster kommen.

Aber dann an einem Nachmittag ein paar Klassiker hinkritzeln und sie alle in ein paar Stunden komplett fertig aufnehmen.

Das ist der Rock’n’Roll, den Millionen junger Menschen im Kopf haben, wenn sie sich im Übungsraum treffen. Ich glaube, es war Kinky Friedman, der davor warnte: Alle wollen Hank Williams sein, aber keiner will so sterben. Dieser eher an ein Promi-Dasein geknüpfte Hank-Traum sieht in der Countryindustrie von heute besonders blöd aus. Auf die von allen angehimmelte Himmelsgestalt Hank beruft sich (so hat es Dale Watson in einem Song beschrieben) auch noch der Sänger, dessen größtes Problem im Leben war, während einer einwöchigen Tournee in einem Hotelzimmer gelandet zu sein, wo der Fernseher kaputt war.

Williams kam aus einer anderen Welt. Als er Anfang der 40er seine Band formierte, ging er zuerst in einen Waffenladen, um jedem Musiker einen Totschläger zu kaufen. Denn in den Schuppen, in denen sie spielten, bräuchten sie sowas, erklärte er ihnen. Gelegentlich schlug Lum York den Standbass für die Drifting Cowboys, und seine Job war es, dazwischen ein paar Witze zu erzählen. Er pappte sich farbige Punkte, so genannte Polka Dots ins Gesicht und machte Blödsinn. Wenige Tage vor seinem Tod wollte ihn Hank wieder in seine Band holen, aber Lum hatte ein gutes Engagement bei Lefty Frizzell. Außerdem hatte Hank keine Band mehr. Sie hatte das Chaos nicht mehr ausgehalten. Sein Name hatte kaum an Glanz verloren, doch er spielte fast nur noch in den miesen Schuppen seiner Vergangenheit. Manager und Ärzte verpassten ihm harte Medikamentencocktails, damit er auf der Bühne irgendwas bieten konnte und weiter Geld abwarf.

Ein Leben auf Tournee sah damals anders aus. Die glorreichen Jahre von 1949 bis 1951 verbrachten sie meistens im Auto, fuhren eingeklemmt die Nacht und den nächsten Tag durch zum nächsten Konzert. 1949 hatte Hank über drei Millionen Platten verkauft, aber es gab diese Tourneeriesenbusse noch nicht. Exakt in diesen Jahren blühte Nashville zur Countrymusikindustriestadt auf. Die Grand Ole Opry wurde zur berühmtesten Konzerthalle mit Radioshow und Künstlertruppe. Selbst die großen New Yorker Labels waren angekommen, immer mehr Aufnahmestudios wurden benötigt, die jeden Tag Musiker brauchten. Wer’s schaffte, sich einen festen Job zu besorgen, ersparte sich die nervtötenden endlosen Autofahrten. Die für Hank Williams’ schweres Rückenleiden Gift waren. Weshalb sein Hang zu betäubenden Mitteln jeder Art immer wieder angefeuert wurde. Er hatte zu seinem letzten Konzert fliegen wollen – doch der Schneesturm stürzte auf die Welt wie ein Monster. Das Auto war der passende Ort für das Ende.

Und war es nicht etwas seltsam, dass in diesen Tagen „I’ll Never Get Out Of This World Alive“ im Radio ertönte, eine seiner letzten Aufnahmen, die erst der Tod an die Spitze der Charts schob. Genau einen Tag nach Hanks Tod wurde der erste von vielen Ich-erzähl-euch-die-Hankstory-Songs aufgenommen. Bald darauf war Hanks „Kaw-Liga“, der traurige Holzindianer, der mit seinem geliebten Holzindianermädchen nicht zusammenkommen kann, ein Nr.-1-Hit. Mit dem früh gealterten, ausgebrannten Williams war es immer schwieriger geworden, Geschäfte zu machen. Der größte Country-Werbeträger, die Grand Ole Opry hatte ihn wegen Unzuverlässigkeit gefeuert. Er hatte als stärkster Motor für ein aufstrebendes Musikgeschäft gedient, in dessen geordneten Bahnen für so einen unberechenbaren, anders funktionierenden Typen kein Platz mehr war. Es war einfacher, mit dem Toten klarzukommen. Die großen Geschäfte sollten noch kommen.

Soren Mosdal lässt einige Gespenster gegen sein Skelett aus Fakten antanzen. Ein nie verfilmtes Skript von Paul Schrader habe ihn inspiriert, erzählte er in einem Interview, und sein großartiger Comicroman könnte auch als würdiger Teil 2 von Taxi Driver gesehen werden. Die Aussagen des Ersatzfahrers Charles Carr ergaben nie mehr als das, was Mosdal zeigt: die Cops, die ihn anhielten, zwei Damen im Hotel; andere von Carrs Angaben waren nur widersprüchlich. Als man an der Leiche frische Spuren von schweren Schlägen fand, hatte er keine Erklärung dafür. Lost Highway zeigt, was der vollkommen überforderte 18-jährige erlebt hatte: eine Höllenfahrt.

Die Gespenster um Hank veranstalteten noch länger ein tolles Hullygully. Ihr wisst ja, dass ihr es auch anders nennen könnt. Colin Escott, der die beste Hankbiographie schrieb, nannte dieses Kapitel „Schreckliche Abgründe“, und was ich davon erwähne, ist nur ein Bruchteil: Zuerst ließ der Grand Ole Opry-Konzern Plakate drucken, die mit dem großen Hank warben, obwohl sie ihn doch gefeuert hatten; das war der Anfang der Legende vom netten Kerl. Hanks junge Ehefrau war nach zwei Wochen wieder munter, als sie auf den Vorschlag eines geschäftstüchtigen Burschen einging, mit einer Band als „Mrs. Hank Williams“ auf Tour zu gehen. Hanks noch nicht lang von ihm geschiedene Frau Audrey ging ebenfalls als „Mrs. Hank Williams“ auf Tour. Das bestes Schlachtfeld ihres zehnjährigen Ehekriegs war, dass Audrey in Hanks Band mitsingen wollte, aber kein Talent hatte und mit zunehmendem Erfolg ausgeschlossen war. Jetzt hatte sie endlich eine freie (sehr kurze) Bahn ins heiß ersehnte Showbusiness. Als sie das Management für den kleinen Hank Williams Jr. übernahm, der zum Countrystar und Sarah Palin-Fan heranreifen sollte, organisierte sie sein erstes Konzert in Clanton, Ohio, in dem Konzertsaal, den sein Daddy damals nicht mehr erreicht hatte. Dagegen waren die folgenden Erbschafts- und Songrechtekämpfe fast harmlos.

Hank und seine neue Frau Billie Jean hatten im letzten August dreimal an einem Tag geheiratet. Zwei der Zeremonien fanden auf der Bühne in New Orleans statt. Für zwei Shows, in deren Verlauf Hank sang und dann seiner Braut das Ja-Wort gab, waren über 10.000 Tickets verkauft worden. Wer seine Musik nicht versteht, könnte zumindest diese Geschäftsidee zukunftsweisend nennen. 1953 heiratete Billie Jean wieder einen Countrysänger, Johnny Horton, ein Mann, der an spiritistischen Sitzungen teilnahm und an Seelenwanderung glaubte. Er hasste es, auf Tournee zu gehen. Er starb 1960 auf der Rückfahrt nach einem Konzert in Austin, als ein Betrunkener in sie reinfuhr. Johnny Hortons letzte Bühne war die, auf der auch Billies Jeans Gatte Hank Williams sein letztes Konzert gegeben hatte.

Hanks Geburtsname war Hiram, nach einem König aus dem Alten Testament. Es vergingen zehn Jahre, ehe auf dem Standesamt sein Name eingetragen wurde, und dann war er falsch geschrieben: Hiriam. Ein Priester sagte, er solle sich keine Gedanken deswegen machen, das sei kein schlechtes Omen. Aber der amerikanische Süden war ein seltsames Religionsgebiet. Manche wälzten sich schreiend auf dem Boden, wenn Jesus mit ihnen sprach, und andere bissen einer Klapperschlange den Kopf ab, um die Stimme Jesu endlich zu hören.

Am 17. Januar 1953 wurde der Sarg wieder ausgegraben. Unter ihm lagen die Überreste französischer Soldaten, die exhumiert werden mussten. Hanks Leiche wurde umgebettet, nachts, um keine Gerüchte aufkommen zu lassen. Doch „einige mitternächtliche Passanten sahen, wie der Sarg im flackernden Lampenschein über den Friedhof getragen wurde.“

Und da war eine Stimme, die „I Saw The Light“ summte. Manchmal kannst du sie auch heute noch hören. In dem Moment, wenn die Nadel springt.