Literatur

THE HARDBOILED BROOKLYN POET

Als ich gestern etwas zum 100. Geburtstag von Jack Kerouac für die FAS schrieb, kam ich auf folgenden Hammersatz: Jack Kerouac ist der Mickey Spillane der ersten Beat Generation. Habe ich dann aber nicht geschrieben, als mir klar wurde, dass es eh niemand versteht, und die einzige Frau, der ich damit vielleicht ein Lächeln entlockt hätte, ist vor 25 Jahren in Tijuana abgeflogen, Kathy Acker.

Auf den schlagkräftigen Satz war ich auch nur gekommen, weil ich gelesen hatte, dass ich an diesem 9. März auch etwas zum 104. Geburtstag von Mickey Spillane hätte schreiben können, den ich viel, aber – ein Fehler, der sich irgendwie rächen wird, das ist klar – lange nicht mehr gelesen habe.

Den besten Essay aus Germany. den der Mann bekam, der als Jagdflieger im Weltkrieg II die Welt gegen Deutschland verteidigte, hat Jörg Fauser 1984 geschrieben (der Mickey Spillane der deutschen Beat Generation), und er steht bei Spiegel-online zur Verfügung:

„Spillane wächst in einer rauhen Gegend von Brooklyn auf, der er auch sein Markenzeichen, den streichholzlangen Bürstenschnitt, verdankt: Als kleiner Junge schneidet er sich die Haare so kurz, damit die Größeren ihn nicht daran packen und verprügeln können (…) Für das liberale Publikum rangiert Spillane irgendwo zwischen de Sade und »Mein Kampf«.“ Ob das liberale Publikum inzwischen mehr von Literatur versteht, wage ich nicht zu beurteilen.

https://www.spiegel.de/kultur/mein-ist-die-rache-spricht-mike-a-6a09457f-0002-0001-0000-000013512212

kaliber .38 Autoren-Infos: Mickey SpillaneOne Lonely Night von Mickey Spillane | ISBN 978-1-4091-5867-7 | Buch online  kaufen - Lehmanns.deMickey Spillane“ – Bücher gebraucht, antiquarisch & neu kaufen



WEISER DIRTY OLD MAN

„Ich empfinde gegen die Dummheit meiner Epoche Haßfluten, die mich ersticken. Mir steigt die Scheiße in den Mund wie bei einem verklemmten Bruch. Aber ich will sie behalten, sie eindicken und daraus einen Brei machen, mit dem ich das neunzehnte Jahrhundert beschmieren werde.“
Ausgegraben von konkret-Redakteur Thomas Blum und mit der Bemerkung versehen: „Bedauerlich eigentlich, dass der 1880 verstorbene Gustave Flaubert nicht die Gelegenheit bekommt, in unserer Zeit zu leben.“


BIRTHDAY PARTY PPPASOLINI

Kein Klassiker des 20. Jh. hat mich in den letzten Jahren so beschäftigt wie PPPasolini, der heute vor 100 Jahren geboren wurde. Lange Zeit kannte ich nur einige Filme, ehe ich dann von etwas reingezogen wurde, an das ich mich nicht erinnere. Das Gedicht Pasolini und ich habe ich mehrmals umgeschrieben, zuletzt für den bei Starfruit Publications erschienenen Sammelband mit dem passenden Titel Ruiniert Euch! (ehe es die anderen tun, könnte man ergänzen), und werde es wohl weiter um- und umschreiben (wie auch ein neueres Gedicht, das ich noch nicht genügend auf- und umgeschrieben habe), bis endlich alles in Schutt und Asche umgelegt und abgeschrieben ist:

Pier Paolo Pasolini und der Tod | Art since 1945 | Hatje Cantz120 Tage von Sodom, Die - italo-cinema.de

+ + +  PASOLINI  UND  ICH  + + +

Mit einem Pflasterstein

hätte ich die Elbe treffen können

als ich im Hotel um 0400 erwachte.

Und sofort was tun wollte.

Und dann wenigstens Pasolini las

ein Aufsatz über Gramsci

Pasolinis Verhältnis zu Gramsci

oder wie Pasolini von Gramsci

nicht immer oder sehr oder

nur in gewissen Fällen

beeinflusst worden war.

Oder ging’s um Widersprüche

und den Versuch, sie zu erledigen?

Schwer zu sagen

denn ich habe nicht viel verstanden

nicht genug verstanden

immer noch zu wenig verstanden

auf jeden Fall viel zu wenig

und zu wissen, dass der eine

die Partei gegründet hatte

aus der der andere

nachdem der eine längst tot

ausgeschlossen worden war

nur weil er schwul war

war nicht genug Wissen.

So las ich viele Sätze doppelt

bis ich doch wieder einschlief.

Abends gingen wir in eine Pizzeria

auf St. Pauli, Nähe Herbertstraße.

Sie sah billig aus, sei aber sehr gut

und teuer, wurde uns gesagt.

Und echte Italiener übrigens.

Ich stand am Tresen

wartete auf meine Flasche

drehte mich um

hatte plötzlich so ein Gefühl.

Ein Mann sah mich an.

Von einem alten Foto, schwarz-weiß

und ohne ein Bild von ihm zu kennen

wusste ich: Das ist er!

Und ging so nah ran

bis ich´s lesen konnte

Antonio Gramsci (1891-1937) Mitgründer

der Kommunistischen Partei Italiens.

Mit dem Foto in der Pizzeria

wusste ich schon viel mehr

und wusste, dass ich eines Tages

noch mehr wissen würde

ehe ich mich dann

nicht mehr erinnern würde

was ich mal alles hätte

wissen wollen und tun sollen.

Wissen müssen, tun müssen.



ENDLICH DIESE UNRUHE

Ist möglicherweise ein Bild von 1 Person und Text „KLAUS BITTERMANN Einer der intelligentesten, streitbarsten und zugleich unerträglichsten Menschen seiner Zeit.< (Claudius Seidl) >>The most effective polemical essayist on the contemporary West-German scene.< (Saul Friedländer) DER INTELLEKTUELLE ALSUNRSTIFTR WOLFGANG POHRT EINE BIOGRAPHIE“

»Sie sagen mir, was Sie denken, und ich sage Ihnen, warum das falsch ist.« (Wolfgang Pohrt)

„Als Anfang der achtziger Jahre Wolfgang Pohrt die öffentliche Bühne betrat, wurde den Lesern schnell klar, dass da jemand einen neuen Ton anschlug. Pohrt verstand es, seine Thesen mit großer Schärfe, Klugheit und Eleganz zu formulieren. Seine Kritik an den Grünen und der Friedensbewegung ist legendär, vor allem, seit diese nationale Töne anschlugen und die Nation nicht mehr abschaffen, sondern retten wollten. In der Biographie wird daran erinnert, dass die Linke in Deutschland zwar versagt hat, aber dank Wolfgang Pohrt das Niveau der Kritik an ihr weit besser war, als sie es verdient hatte, man kann sagen, dass ein realistisches Bild von ihr nur deshalb erhalten geblieben ist, weil Pohrt sich ihrer Fehler und Eigenarten angenommen und damit die Mythenbildung erschwert hat. Mit seiner großen Massenbewusstseinsstudie der Deutschen und dem Konkret-Kongress 1993 kündigte sich sein Abschied an, aber noch heute macht sich sein Einfluss bemerkbar, als ob seine Gedanken wie ein schwacher unterirdischer Strom immer wieder einen Nerv treffen und eine Reaktion erzeugen.“



CARL WEISSNER NOT DEAD

sondern hat am 24.1.2012 nur den Dealer gewechselt, um es mit krankem Optimismus zu sagen … HEUTE 23:03 LIVE IM RADIO das Hörbild des Schriftstellers und wichtigsten Agenten der Deutsch-Amerikanischen-Literaturfreundschaft über Allen The Howl Ginsberg (Aus der Reihe „Aus den Archiven“ eine Wiederholung von 1976):

https://www.swr.de/swr2/doku-und-feature/der-untergang-amerikas-portraet-allen-ginsberg-swr2-essay-2022-01-30-100.html

Carl Weissner: Aufzeichnungen über Außenseiter | Verlag Andreas ReifferCarl Weissner - Eine andere LigaDiogenes Verlag - Die Freundschaft zwischen Jörg Fauser und Carl Weissner in Briefen von 1971-87Carl Weissner - Die Abenteuer von Trashman

 



MEHR MÄRZ FÜR ALLE!

Ist möglicherweise ein Bild von 2 Personen und Text „THEMA WOCHE op-Verlage: GLASKUGEL-INTERVIEWS MUTMACHGESCHICHTEN Börsenblatt Warum Hf51/52 30Dezember2021 boersenblatt.net MARZ IST WIEDER DA Jules Vallès DAS KIND Kolleginnen und Kollegen, Neue ahr wünsche ALLES GUTE Ihnen freuen Viel Freude unserer Vorschau wünschen Ihnen Ihre Barbar Richard Stoiber PROLI JENNY HVAL Team MARZ www.maerzverlag.de MARZ DONER FRANTZ FANON REVOLUTION SOLANAS VERNICHTUNG der MANNER MARZ MARZ MARZ FROHES NEUES JAHR“



WIE FALLOBST DER MENSCH

Heute vor einem Jahr 11.1.2021 starb der Schriftsteller Ludwig Fels mit 74 in Wien, wo der gebürtige Treuchtlinger seit 1983 gelebt hatte:

„Ich bin mir selbst ein deutsches Problem, ich schreibe nicht mehr gern in diesem Land. Und während ich dies denke, laut wie einen Eid, leeren ausländische Arbeitnehmergäste eine Fuhre Müll vor der Stadtverwaltung aus, plündern einen Gemüsestand, kapern einen Reisebus. Sie winken nicht zurück. Hey, schrei ich ihnen nach, wartet! Ich mag doch auch weiße Steine und ein bißchen mehr Wasser um mich herum. Nehmt mich mit, meinetwegen wie eine Abfalltonne, aber laßt mich nicht hier!“

Strange enough – ich war heute mal wieder auf der anderen Seite vom Fluss in der Hütte, in der es jetzt zu kalt ist, um sich dort aufzuhalten, und dort liegen ein paar Bücher herum, ganz Unterschiedliches zwischen Jesus-dein-Stern und Steinbeck, irgendwie dort gelandet oder vergessen, und manchmal schlag ich was auf, heute eine Sammlung, deutsche AutorInnen über ihr Land, und aahjaa der Ludwig Fels ist auch dabei, und ich denke in dem Moment, ist er nicht im Winter vor einem Jahr gestorben, muss mal nachsehen, vielleicht im Januar, vielleicht sogar heute?

Das Zitat ist der Anfang seines Beitrags mit dem Titel <Und hier ist das Märchen zu Ende> (ein Zitat von Alexej Tolstoi), in „Deutschland, Deutschland – 47 Schriftsteller aus der BRD und der DDR schreiben über ihr Land“ (1979), und sein Beitrag endet so: „Die Genossin Utopie ist nicht unterwegs, macht keinen Striptease in den Kantinen. Die Kälte steht uns bis zum Hals. Die Tiere lachen nicht mehr. Die Zeit ist reif, wie Fallobst der Mensch. Es gibt keine Märchen mehr.“ – strange enough.



DRECKSACK 1/22

Freut mich sehr, in der neusten Ausgabe des DreckSack wieder dabei zu sein. Herausgeber Florian Günther hatte freie Auswahl und nahm aus meinem letzten Gedichtband bei Starfruit Publications fünf Stück. Die Welt hatte mal ein besonderes Urteil für das Magazin übrig, das seit über zehn Jahren fast fünfzig Nummern ausgeliefiert hat: „Eine  Literaturzeitschrift, für die auch Häftlinge schreiben.“ Während viele Literaturdoktoren über den komischen Untertitel nachdenken: „Lesbare Zeitschrift für Literatur“.

https://www.edition-luekk-noesens.de/drecksack/aktuelle-ausgabe/

uvm



WIGLAF DROSTE FILMPORTRAIT

Christoph Rüter hat sein 23′-Filmportrait über Wiglaf Droste online gestellt. Uraufgeführt am 20.9.2019 in der Berliner Volksbühne, als der im Mai Verstorbene Autor und Sänger mit einer großen Gala geehrt wurde.

https://www.youtube.com/watch?v=iEFGrzOvNYQ&t=693s

Außerdem neu: „Literatur in Westfalen – Beiträge zur Forschung 18“ mit einem 100 Seiten starken Wiglaf Droste-Sonderteil mit Texten von ihm, Nachrufen, Interviews u.a. mit meinem Erlebnisaufsatz „Wege zum Ruhm“:

https://www.aisthesis.de/epages/63645342.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/63645342/Products/978-3-8498-1793-0



STARFRUIT STRIKES AGAIN

Krieg und Paradies – Herausgeber: Yasmin Green und Ann Cotten in Zusammenarbeit mit dem Institut für moderne Kunst Nürnberg – Gestaltung: Timo Reger 192 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen Hardcover; 14 x 21 cm 25,– Euro

Green_U1 „2019 veröffentlichte Adam Green mit seinen Freunden und Kollegen Toby Goodshank und Tom Bayne die Graphic Novel War and Paradise, eine auf verschiedenen Ebenen spielende Bildergeschichte, die sowohl bekannte Figuren und Topoi des Comics aufgreift und in neue Zusammenhänge stellt als auch die »Vivian Girls«-Gouachen eines Henry Darger zitiert oder die Untiefen des Internets reflektiert.

Gleichzeitig ist Krieg und Paradies eine bitterböse Dystopie, eine psychedelische Soap-Opera und eine scharfe Abrechnung mit der politischen, gesellschaftlichen und moralischen Entwicklung der USA unter einem Tyrannen namens »Blumper« – Adam Greens Auseinandersetzung mit dem 45. Präsidenten der Amerikanischen Staaten, Donald Trump, und anderen Beispielen narzisstischen Größenwahns.

Die Schriftstellerin und Übersetzerin Ann Cotten hat die Graphic Novel von Adam Green erstmals ins Deutsche übertragen. In einem Gespräch zwischen Ann Cotten, Adam Green, Toby Goodshank und Tom Bayne werden nicht nur die Entstehungsgeschichte von Krieg und Paradies, sondern auch Phänomene wie Fleischtornados, fliegende Dick-Tits und jüdische Jedi-Ritter beleuchtet.“

https://www.starfruit-publications.de/buecher33