Literatur

ACHTUNG BERLIN AUFGEPASST!

Auch in der Hauptstadt muss man seine Freizeit gelegentlich mit guter und vorgetragner Literatur nutzen. Vor allem, wenn es eine neue Ausgabe (die 12.) des besten deutschen Literaturmagazins, DreckSack, zu feiern gilt. Hier die Einladung von Herausgeber Florian Günther:

Die April-Ausgabe des DreckSack ist soeben erschienen und wird am:

Donnerstag, den 11.4.2013 um 20 Uhr in der Rumbalotte (Metzer Str. 9, 10405 Berlin) vorgestellt. Es lesen: Gerd Adloff, Eric Ahrens , Gerd Dembowski, Denis Faneites, HEL Toussaint und Florian Günther.

Der DreckSack (ab April 3 €) ist für die Besucher der Veranstaltung weiterhin für 2 € erhältlich. Der Eintritt ist frei. Wer kann und möchte, wirft was in den Hut.

Weitere Informationen zur Ausgabe hier: www.edition-luekk-noesens.de/drecksack

EDITION LÜKK NÖSENS // Kochhannstraße 14 // 10249 Berlin. Telefon: 030 / 65 91 16 15 // Fax: 03 21 21 03 63 09 // Funk: 0178 2 86 57 65 — www.facebook.com/drecksackberlin

Inhalt der neuen Ausgabe: JÜRGEN PLOOG: Lustspuren oder die Exekution der Sinne (Roman-Auszug)  MIRJAM SCHMIDT: Wenn die Schabe in der Küche lauter atmet als man selbst (Gedicht)  URS BÖKE: Sollbruchstellen (Gedicht)  MICHAEL ARENZ: Der aufrichtige Kapitalismus des Metallgorillas (Gedicht)  DENIS FANEITES: Plan, Mass und Vorstellung (Gedicht)  MARVIN CHLADA: Ein denkwürdiges Ja…hr (Gedicht)  SYBILLE LENGAUER: Das Erwachen (Gedicht)  HELMUT SCHIDA: Und singen kann sie! (Gedicht)  GERD DEMBOWSKI: Die Abschiebung (Reportage)  LA LOCA: Take That, Leda (Gedicht)  HANS PETER GANSNER: Das Herz der Heimat (Gedicht)  FRANZ DOBLER: Ich bin so voll (Gedicht)  GERD ADLOFF: Ohne Titel; Karpfen (Gedichte)  MARVIN CHLADA: Seine Wohnung war nicht gross (Gedicht)  RON HARD: Der Mond hat keinen Arsch (Gedicht)  HEL TOUSSAINT: Junge Paare auf Bänken (Gedicht)  SEBASTIAN WIPPERMANN: John Doe (Erzählung)  ERIK STEFFEN: Edgar Domin 1955-2012 (Nachruf)  PABLO HALLER: I enjoy inventing things out of fun… (Portrait)  JES PETERSEN: Prinzendorf hin und zurück (Reisebeschreibung)  GUEZEL LUETFIYE: 7 Bücher (Erzählung)  WILLIAM CODY MAHER: Die andere Backe (Erzählung)  ALFRED HACKENBERGER: Observation (Erzählung)  ROLAND ADELMANN: Maulhure 2 (Rezension)  AXEL MONTE: Zeitgemäss Unzeitgemäss; Lichtschreiberei (Rezensionen)  MARVIN CHLADA / FLORIAN GÜNTHER: Reisen ohne Wegzumüssen (Interview-Auszug Teil II)  THOMAS MEYER-FALK: Briefe aus dem Knast (Kolumne)  SCHEIFFELE: Hirtenbrief (Predigt)



NEU!!! SUPERBASTARD #4

Das Literaturmagazin ist besser und dicker denn je und für die Leserinnen dieses Blocks kann es nichts Besseres geben. Motto der #4: Home I´ll never be

Mit Stories und Gedichten von: Jaromir Konecny, Florian Günther, Bobby Sands, Gundrun Völk, Andreas Niedermann, Bruno S. (plus einer Zeichnung), Michael Sailer, Kurt Tucholsky, Jerk Götterwind, Ni Gudix, Urs Böke, Hermann Borgerding, Elias Loeb, Kai Pohl, Clemens Schittko, HEL Toussaint, Joachim Wendel, mir und Herausgeber Benedikt Maria Kramer.

124 S. Für 9,95€ (inkl. Versand) zu bestellen bei: email hidden; JavaScript is required (aus Dt./Ch). In Österreich bei: email hidden; JavaScript is required  Außerdem in jeder Buchhandlung (ISBN 978-3-9503557-1-0) und Amazon.



MEHR JÜNGERE

Geschichte in hervorragender Darstellung zum Thema Stasi & Dichtungskunst erhalten Sie hier und wahrscheinlich nirgendwo besser:

JANE KRAMER: EINE AMERIKANERIN IN BERLIN Edition Tiamat, Berlin 1993, 104 S. A.d.Amerikanischen von Eike Geisel. Das Original erschien im New Yorker vom 25.5.1992 in der Rubrik „Letter from Europe“.

„In ihrem großen Essay über das Berlin des Jahres 1991 versucht Jane Kramer, die Amerikaner in das Geheimnis der in Deutschland geführten Debatte über die Wiedervereinigung, die Stasi und ihren merkwürdigen Einfluss auf die Prenzlauer Berg-Szene einzuweihen … Gerade mit der Distanz des Außenstehenden verdeutlicht sie das Lächerliche und Skurrile der spezifisch deutschen Diskussion. Mit feiner Ironie beschreibt sie auf ethnologischen Spaziergängen die Lebensweisheiten vermeintlicher Oppositioneller und deren höchst absonderliches Verhältnis zu Stasi und Ex-DDR“, und das ist nun inzwischen überhaupt nicht so von gestern, dass man heute was Besseres lesen könnte. Außer vielleicht

Falls man nicht mit Mrs Jane „Unter Deutschen“ bleiben will.



VATERLANDSVERRÄTER

ist ein toller Dokumentarfilm. Schriftstellerportrait, Stasi-Portrait, harter Stoff. Von Annekatrin Hendel. Über und mit Paul Gratzik und mit Matthias Hering, Ernstgeorg Hering, Gabriele Dietze, Sascha Anderson u.a. D: 2011, 97′

Noch eine Woche in der Arte-Mediathek:

http://videos.arte.tv/de/videos/vaterlandsverraeter–7388454.html

„Paul Gratzik war Arbeiterschriftsteller und 20 Jahre lang IM bei der DDR-Staatssicherheit. Doch Mitte der 80er Jahre verweigerte er die Mitarbeit und enttarnte sich selbst. Sein wechselvolles Leben ist eine Geschichte, wie sie so – mehr als 20 Jahre nach dem Ende der DDR – noch nicht erzählt worden ist.

Paul Gratzik wird 1935 in einem kleinen Dorf in der Nähe der heute polnischen Stadt Gizycko geboren. Die Eltern waren Landarbeiter, der Vater fiel 1941. Als Zehnjähriger wird Paul Gratzik 1945 mit Mutter und Geschwistern aus dem ehemaligen Ostpreußen nach Mecklenburg umgesiedelt. Hier macht er eine Lehre als Bau- und Möbeltischler. Er arbeitet im Ruhrgebiet, in Berlin, in Weimar und im Braunkohletagebau in Schlabendorf. 1962 wird er Leiter in einem Weimarer Jugendklubhaus und beginnt seine schriftstellerische Karriere.

In dieser Zeit unterschreibt er eine Verpflichtungserklärung als IM für das Ministerium für Staatssicherheit. Von 1963 bis 1968 studiert er am Institut für Lehrerbildung in Weimar. 1968 wird er zum Studium am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig zugelassen, jedoch nach kurzer Zeit relegiert. Anschließend arbeitet er als Erzieher in einem Jugendwerkhof im östlichen Erzgebirge. Seit 1971 ist er freischaffender Schriftsteller und wird Mitglied des DDR-Schriftstellerverbandes. Seine literarischen Arbeiten beruhen im Wesentlichen auf eigenen Erlebnissen in der Arbeitswelt des Realsozialismus. Aber immer wieder gerät er mit seinem ungeschminkten Realismus, mit Berichten aus sogenannten Tabuzonen in Konflikt mit der DDR-Zensur.

Nach 1978 lebt Paul Gratzig als Autor in Berlin und ist zeitweilig Dramaturg am Berliner Ensemble. 1980 erhält er den Heinrich-Heine-Preis. Ein Jahr später kündigt er die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit auf (MfS). Zwischen 1984 und 1989 wird er dann als Operative Personenkontrolle (OPK) „Kutte“ vom MfS geführt und selbst überwacht. Seit Mitte der 80er Jahre lebt und arbeitet Paul Gratzik zurückgezogen in der Uckermark.“

Homepage: http://vaterlandsverraeter.com/trailer/

Neue Züricher Zeitung: „Die Wirklichkeit war oft wilder, schillernder und vor allem widersprüchlicher und sah eher so aus wie das Leben von Paul Gratzik in Annekatrin Hendels Filmporträt „Vaterlandsverräter“, das erstmals in so radikaler Weise von einem Täter erzählt.“



MEHR GÖTTERWIND

gibt es bald!  „Am Ende des Tages“, der neue Gedichtband von Jerk Götterwind,  erscheint im April im Songdog Verlag. Hier die Leseprobe:

IMMER DIESE NACHT
Sie sagen immer ich werde alt
Aber ich habe nie verstanden warum
Man die ganze Nacht durchfeiern muss …
Vielleicht ist das so ein Mackerding
Ich hab den Größten weil ich die ganze Nacht
Durchsaufen und wach bleiben kann
Ich nutze die Nacht lieber zum Schreiben
Auch Schlafen ist nicht das schlechteste
Einfach nur aus dem Fenster starren
In die Nacht hinein egal wenn das einige
Unheimlich finden wenn sie mich beim
Vorbeigehen mit großen Augen am Fenster sehen
Letztes Mal blieb eine stehen und starrte zu mir rein
Und starrte und starrte und das Licht der
Straßenlaterne spiegelte sich in ihren Pupillen
Da ging mir der Arsch auf Grundeis

Eine Menge Stoff: http://jerkgoetterwind.jimdo.com/

Einige Videos seiner aktuellen Electroband Relative Kälte:

http://relativekaelte.jimdo.com/video/

 LP



DEPP VS JAMES

Am 7.3. wurde an dieser Stelle behauptet, Johnny Depps Literaturkenntnisse seien nicht auf die Spiegel-Bestsellerliste seines Landes beschränkt. Hier ein Artikel dazu, den ich anlässlich einer Lesung von Darius James am 14.2.2003 in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte:

Voodoo-Priester der Popliteratur

Stimmt das jetzt eigentlich?! Ist die Popliteratur wirklich abgehakt und zugenäht? Oder ist das nur mal wieder so’ne Stimmung im Feuilleton? Ach. Ganz egal. Der afroamerikanische Autor und Journalist Darius James, der in Berlin lebt, muss sich davon nicht betroffen fühlen.

Er hat noch nie geschrieben wie der nette Junge von nebenan, der so nett schreibt wie er seine Platten liebevoll pflegt. In seinem neuen Buch „Voodoo Stew” (Verbrecher Verlag) erzählt James, dass er in seiner Jugend ganz andere Ziele hatte: „Ungeachtet meiner Jungfräulichkeit war ich entschlossen, Zuhälter zu werden. Nicht so ein Gorilla-Zuhälter wie Iceberg Slim, eher ein Guerilla-Zuhälter, der die Welt wie Fanon sah und die körperlichen Fähigkeiten eines Bruce Lee besaß, aber besser gekleidet war als die meisten Mitglieder der Black Panther Party.”

Über die entsprechenden Filme veröffentlichte James 1995 das angemessen wilde Standardwerk „That’s Blaxploitation!” Kein bürokratisch-ordentliches Filmbuch, sondern durchlöchert von Autobiografie, Geschichte der afroamerikanischen Kultur allgemein, Satire, Slang, Abschweifungen und den politischen Hintergründen sowieso. Das Ziel, mit diesem Buch das Interesse an der Black Panther Party neu zu entfachen, sei ihm aber, meinte er einmal, nicht gelungen. An eine Übersetzung hat sich bisher niemand gewagt, im neuen Buch gibt’s eine Probe, die Einleitung zum „Ratgeber für den schwarzen Mann: Wie man mit der verblüffenden Macht des Voodoo weiße Frauen verführt”. Auch in seinem Roman „Negrophobia” (Maas Verlag, 1995) benutzte er die weißen Klischee-Vorstellungen: In einem von Voodoo-Zauber ausgelösten Horror-Trip wird das blonde Girl Bubbles Brazil so lange mit ihren rassistischen Bildern konfrontiert, bis sie geheilt ist.

Darius James sieht sein Schreiben in der Tradition des afroamerikanischen, mündlichen Geschichtenerzählens und der Satire. Auch in den journalistischen Arbeiten, die jetzt in „Voodoo Stew” versammelt sind, geht es um beides: unterhalten und aufklären. In der Nähe des Tragischen das Komische: Endlich kommt das berühmte Ufo, um alle farbigen und schwarzen Menschen in eine bessere Welt zu bringen – aber was tun die Geretteten? Sie streiten sich. James bewegt sich innerhalb seiner Themen bewunderswert frei, seine Mischung aus persönlichen Erlebnissen, assoziativem Denken und intensiven Recherchen ist spannend, hat mit Journalistenschulenjournalismus wenig zu tun und bringt immer Außergewöhnliches. Den Hauptteil bilden zwei große Stücke, über die berühmte Plattenfirma Atlantic das eine, über die Dreharbeiten des Films „From Hell” das andere.

In seiner „Depesche aus der Hölle” schildert Darius James seinen Besuch in Prag, als die Hughes Brothers dort ihre Jack The Ripper-Version „From Hell” drehten und er sich dies fragte: Warum drehten die Brüder, die mit ihrem Hip-Hop-Drama „Menace II Society” berühmt geworden waren, jetzt einen 19.-Jh.-Kostümschinken? Zwischen den Diskussionen um schwarze Kultur und Protestformen wird die Antwort langsam eingekreist: weil „From Hell” eigentlich ein Film über Rassismus, Klassenschranken und die Kriegsschauplätze Mann-gegen-Frau und Reich-gegen-Arm ist. Und schließlich erzählt der Journalist von Besuch eines in der Nähe liegenden Orts, der an die reale Hölle erinnert: die Gedenkstätte des KZ Theresienstadt. Auch die war einmal die Kulisse für einen Film: „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt”.

Am Film-Set sei es auch zu einem Gespräch mit Hauptdarsteller Johnny Depp gekommen, der sich als Kenner der neuesten afroamerikanischen Literatur erwiesen habe. Johnny Depp wusste nicht, wen er da vor sich hatte und erzählte Darius James begeistert von seinem Roman: „Negrophobia. Kennst du das Buch?” Und als James sich geouted hatte, sank Depp „passend zum Viktorianischen Kostüm auf ein Knie” und sagte: „Ich verbeuge mich vor Ihnen, Sir!”



SIE

hat das beste Buch über den (2.Welt-) Krieg geschrieben, das ich gelesen habe: Marge Piercy, die am 31.März 77 wird.

 dt. Argument Verlag: Menschen im Krieg

Ich müsste den Radiobeitrag, den ich darüber geschrieben habe (wie auch über ihren Roman „Donna und Jill“), abtippen, um ihn hier reinzukriegen… Das wird etwa 1995 gewesen sein (na egal, jedenfalls ein paar Jahre bevor ein Held wie dieses Oberbrüderle mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde).



SCHON AUCH EIN HAMMER

unter den News aus Österreich ist die Meldung, dass Gregory Mcdonalds Roman The Brave beim einerseits großen, andrerseits kleinen Songdog Verlag erscheint. Mehr dazu im April. Im Moment nur der Hinweis für Alle, die weder dem Verleger noch dem Literaturredakteur dieses Blocks ihr ganzes Vertrauen schenken wollen: The Brave war 1997 das Regie-Debut von Johnny Depp, dessen literarischer Geschmack bekanntlich nicht in der Spiegel-Bestsellerliste seines Landes stecken geblieben ist…

Roman. Aus dem Amerikanischen von Annette Lorenz. Ca. 180 Seiten, Softcover. Subskriptionspreis bis 15. März: € 14.– / danach € 18.–  Bestellung (versandkostenfrei): email hidden; JavaScript is required

Zum Inhalt: „Rafael lebt mit seiner Familie in einer illegalen Trailersiedlung am Rande einer Müllkippe im Mittleren Westen der USA. Die Chance, seine kleine Familie durch Arbeit zu ernähren, liegt bei null. Und so geht der junge Mann nach Morgantown, um sich für einen Job beim «Film» zu bewerben. Für 30 000 Dollar soll er sich in einem Snuff Movie zu Tode foltern lassen. Rafael, beseelt vom Gedanken, seiner Familie ein würdiges Leben zu ermöglichen, nimmt das Angebot an, unterschreibt einen obskuren Vertrag. Mit einem Vorschuss von 200 Dollar und beladen mit Geschenken für seine Frau und die drei kleinen Kinder, fährt er zurück, um mit ihnen die zwei letzten Tage seines Lebens zu verbringen…“

Zum Autor: Gregory Mcdonald (1937-2008), Autor von über zwanzig Büchern, wurde einem großen Publikum vor allem durch seine Mystery-Thriller-Reihe „Fletch“ (ab 1974), die mit Chevy Chase in der Hauptrolle verfilmt wurde, bekannt. The Brave erschien 1991. Mcdonald wurde zweimal mit dem Edgar Allen Poe-Award ausgezeichnet. Er arbeitete ab 1966 auch für „The Boston Globe“, schrieb Kolumnen und Features u.a. über Joan Baez, John Wayne, Andy Warhol und Jack Kerouac. 1986 zog er nach Pulaski, Tennessee, wo er sich als Lokalpolitiker vor allem gegen den dort gegründeten Ku Klux Klan engagierte. Er starb 2008 an Krebs.



MIT SUHRKAMP

gehts zweifellos steil aufwärts: in ihre erste Autorenmannschaft haben sie jetzt Klaus Bittermann eingekauft, der mit seinem eigenen Verlag Edition Tiamat seit gefühlt etwa 1952 permanent in den Top-5 der besten deutschen Verlage rangiert.

  jetzt nur noch 8,99€

Kein Geheimnis ist, dass Bittermann im Hauptberuf jeden Montag mit seiner Kolumne „Die Blutgrätsche“ die Bundesliga unter spezieller Berücksichtigung des 1.FC Dortmund kommentiert:

http://www.jungewelt.de/2013/02-25/002.php?sstr=blutgr%E4tsche



WAS FUCKIN HELL IS RASSISMUS & ICH AUCH?!

Dazu ein Beitrag von unserem Wien-Korrespondenten Andreas Niedermann von songdog.at – es gibt Autoren, die nicht nur gut schreiben können, sondern auch noch Courage haben:

Aufpassen!

(Samstag, 27. Oktober 2012)

In der Garderobe des Geisteszentrums. Ich zog mich nach dem Training um, und ein Afrikaner kam herein, sein Spind lag so ziemlich neben meinem, und er begann sich ebenfalls umzuziehen. Er hatte geschwitzt, wie ich auch, und als ich angezogen war und an ihm vorbei ging, dachte ich wieder daran, was mein Vater gesagt hatte. Da es im Geisteszentrum viele Dunkelhäutige gibt, muss ich oft daran denken, was mein Vater vor über 50 Jahren gesagt hatte. Er hatte es nicht nur einmal gesagt, sondern immer wieder mal, bei Gelegenheit, wiederholt.

In meinen Ohren klang es, als hätte er gesagt, dass Bälle immer rund sind, und der Regen niemals von unten kam, dass Menschen Ohren hatten und Beine, und ich hatte keinen Grund daran zu zweifeln. Er sagte nämlich, dass “der Schweiß der Neger anders riecht als unserer. Er stinkt.”

Ich weiß. Es ist rassistischer Unsinn, es ist nicht wahr, aber manchmal, wenn ich an Afrikanern vorbeigehe, denke ich daran. Das ist perfid. Und es beweist, dass wir die Worte, die wir zu unseren Kindern sprechen, mit Bedacht wählen sollen.

Dass ich nach über 50 Jahren noch immer daran denke, gibt mir zu denken. So einfach ist das also? So simpel funktioniert Rassismus?

Und auch wenn ich weiß, dass es nicht wahr und einfach nur rassistisch ist, auch wenn es dutzendemale durch die Wirklichkeit widerlegt wurde, ich denke noch immer an die zwei Sätzchen meines Vaters. Er hätte das nicht tun sollen, finde ich.

Und ich bin mir leider ziemlich sicher, dass ich die zwei Sätzchen zu meinen Kindern auch schon gesprochen habe. Nicht dieselben, aber irgendwas wirds schon gewesen sein.

Aber um aus einem Kind einen Rassisten zu machen, braucht es offenbar mehr als nur zwei, gelegentlich, eingestreute Sätze. Das ist beruhigend. Aber vielleicht nicht wahr …

 Der Autor, Foto: Superbastard.de