Literatur

LANGWEILIGER NACHMITTAG FÜR ROCKFORD

von Knarf Rellöms Album Fehler Is King ist einer der komischsten Tracks der tanzbaren Krautrockgeschichte, könnte man sagen, mit dem „Text“ von Alfred Hilsberg. Den Clip haben wir anlässlich einer Veranstaltung zur Hilsberg-Biografie von Christof Meueler erstellt. Ein tanzbares Museum ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

https://www.youtube.com/watch?v=R25IWsSNzew&feature=youtu.be



LACHEN MIT MÜHSAM

Erich Mühsam, der heute vor 82 Jahren im KZ Oranienburg ermordet wurde, war ja nicht nur einer der Literaten, die vor 100 Jahren für ein besseres Bayern gekämpft haben, sondern auch der Karl Valentin unter den nicht nur schreibenden Revoluzzern. Hier ein Stamperl aus der im Verbrecher Verlag erschienenen wunderbaren Sammlung „Das seid ihr Hunde wert!“:

EISENBAHNROMAN

Sie brauchten nirgends umzusteigen.

Drum gab sie sich ihm stumm zu eigen.

Doch weil verkehrt die Weichen lagen,

fuhr man sie heim im Leichenwagen.



HALLGRIMUR HELGASON

ist der literarische Tipp, der dieser isländischen Mannschaft ebenbürtig ist. Sein zuletzt bei Tropen erschienener Roman „Seekrank in München“ ist das komischste Buch, das ich seit langem gelesen habe. Ich werde darauf zurückkommen, um das zu präzisieren, aber jetzt beginnt das Spiel, nachdem eine weitere „Überraschungsmannschaft“ etc usw aso

Buchdeckel „978-3-608-50151-3 Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

 



ICH BIN STOLZ DARAUF

bei einem isländischen Verlag zu sein, der sich in Deutschland Tropen nennt. Hier seine aktuelle Facebookmeldung: „Wenn ihr das Volk verstehen wollt, das gestern die Engländer aus dem Turnier gekickt hat, bitteschön: ‪#‎engisl‬ Hallgrímur Helgason Bjarni Bjarnason Jón Gnarr Eiríkur Örn Norðdahl“

Tropen Verlags Foto.

Foto: c Facebook.com/tropenverlag +++ Mehr zu den Büchern in der zweiten Reihe auf diesem Spielfeld noch vor dem Sieg gegen Frankreich!


IMMER EINE REISE WERT

https://zoebeck.wordpress.com/



GENAU WUSSTE ICH ES NICHT

Vor vier Tagen starb der unvergleichliche Autor Wolfgang Welt. Wer wissen will, was Popliteratur ist bzw. wozu sie fähig ist, muss seine Bücher lesen (die eine seltsame Karriere hinlegten, trotz Fürsprecher wie Peter Handke und Willi Winkler), auch um ermessen zu können, was für „Nullinger“ (Carl Weissner) da sowohl auf der Produzenten- wie Kritikerseite unterwegs sind. WW als ein Beispiel mehr, dass der Literaturbetrieb und sein Betriebsmanagement nur diejenigen an seinem nett gedeckten Tisch rumsitzen lässt, die sich an seine Regeln halten.

Unvergesslich, wie er (als Musikkritiker) 1982 im Musikexpress eine Gestalt wie Heinz-Rudolf Kunze von Anfang an nicht mit seinem dumpfen Angeberblödsinn durchkommen lassen wollte: „Heinz-Rudolf Kunze ist eine Null. Er selber weiß es am besten. Frei und holprig nach Kleists Gedicht ‚Glückwunsch‘: ‚Ich gratuliere Heinz Rudolf, denn ewig wirst du leben / Wer keinen Geist besitzt, hat keinen aufzugeben.'“

In seinen Romanen wie Peggy Sue ging es um eine andere Art von Genauigkeit — „Die Zeit der Beweglichkeit war vorbei. Zu Hause, auf der Wohnzimmer-Couch fing ich an zu heulen, weil der Wagen im Arsch war, weil ich knapp dem Tod entronnen war, weil ich wieder zu Hause sein mußte. Genau wußte ich es nicht.“

  Welt, Wolfgang: Fischsuppe

Fischsuppe, 2014 im Peter Engstler Verlag erschienen, war sein letzter kurzer Roman.

 

 



HANS FRICK (6): Berlin, 19.6.

TERROR IN SCHWARZWEISS

Eine Frick-Verfilmung in der Saless-Retro

Manchmal sind sogar in der Literaturzone klare Worte nötig: „Ich weiß, dass es in meinem Land nur einige wenige Schriftsteller gibt, die das Papier wert sind, auf dem ihre Bücher gedruckt werden. Einer von ihnen ist Hans Frick.“ Schrieb Jörg Fauser 1979 über einen Autor, der schon damals nicht so bekannt war, wie er heute sein sollte.

Ein Optimist könnte zur Zeit auf die Idee kommen, dass sich die Wiederentdeckung von Hans Frick (1930-2003) anbahnt. Kürzlich sendete der Hessische Rundfunk ein langes Feature von Hanne Kulessa, und – was etwa so selten ist wie ein Selbstmordattentäter in Dresden – an diesem Sonntag läuft im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums in Berlin der Film „Hans – Ein Junge in Deutschland“ (nach dem Roman „Die blaue Stunde“), innerhalb einer Retrospektive mit Filmen des iranischen Regisseurs Sohrab Shahid Saless (1944-1998), die zur Ausstellung „Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland“ gezeigt wird.

Der autobiografische Roman „Die Blaue Stunde“ ist der Schlüssel zu Fricks Werk. Er beschreibt seine Kindheit und Jugend im Frankfurt der Nazi- und Nachkriegsjahre und das arme, harte Leben seiner alleinerziehenden Mutter. Sie wurde als „dreckige Judenhure“ beschimpft, weil sie ein uneheliches Kind von einem jüdischen Kunsthändler hatte. Der „Halbjude“ Hans Frick wuchs mit der Angst auf, die Nazis könnten ihn jederzeit abholen, und er wusste, was sie mit den Juden und anderen machten, die nicht in ihr Deutschenbild passten.

Diese Angst prägte Fricks Leben, wurde zum Antrieb seines Schreibens und ist in allen seinen Werken spürbar. Schon in seinem ersten Roman „Breinitzer oder die andere Schuld“ hatte er 1965 mit den Deutschen und ihrer Nazi-Vergangenheit auf eine Art abgerechnet, die nichts mit Aufarbeitung zu tun hatte, sondern im Gegenteil ihre Schuld in die Gegenwart transportierte. Der zentrale Satz klingt bis heute nicht wie von gestern: „Sie haben es getan und sie werden es jederzeit wieder tun, wenn es ihnen gestattet wird.“ Nicht zufällig meldete sich Fritz Bauer, der Generalstaatsanwalt im so genannten Ausschwitz-Prozess, bei diesem herausragenden neuen Autor, und sie wurden Freunde.

Das Drehbuch zu „Hans – Ein Junge in Deutschland“, der sechs Jahre nach dem Roman 1985 erschien, schrieben Saless und Frick gemeinsam. Auch insofern bemerkenswert, weil Frick zu dem Zeitpunkt kaum noch geschrieben hat. Als Autor, der schonungslos von seinen Dämonen, Kämpfen und Niederlagen erzählte, vom Unfalltod seines kleinen Sohns ebenso wie von Alkoholismus, erreichte er mit dem Roman „Die Flucht nach Casablanca“ 1980 den Endpunkt. Er habe sich, erzählte er mir einmal, zwischen Weiterschreiben und Weiterleben entscheiden müssen.

Saless´ Filme werden im Programmheft als „unnachahmliche, minimalistische Zeitbilder, die einem den Atem abschnüren“ beschrieben, als „Filme, die terrorisieren, die aber auch etwas freisetzen.“ Und speziell dieser hochgradig beklemmende, düstere Schwarzweiß-Film „ist ein quintessentieller Saless-Film auch deshalb, weil er die Reflektion von Außenseiterschaft direkt mit einer Intervention in deutsche Erinnerungspolitik verbindet, die in ihrer Radikalität höchstens mit Rossellinis Germania anno zero vergleichbar ist. Wobei Hans das Jahr 1945 eben gerade nicht als eine ‚Stunde Null‘ erlebt.“

Saless hatte in Wien und Paris Film studiert und im Iran Dokumentar- und Spielfilme gedreht, als er 1975 vor dem Schah-Regime nach Westdeutschland flüchtete. Seine „deutschen Filme entstanden im Zuge ständiger, oft polemisch ausgetragener Auseinandersetzungen mit Filmförderung und Fernsehredakteuren.“ Seine letzten Jahre in den USA waren „geprägt von schweren Krankheiten, Armut und einem selbstzerstörerischen Lebensstil.“

Für diesen Film trafen zwei radikale Außenseiter aufeinander, die ihre Lebenserfahrungen in Bezug zur Gesellschaft setzten und auf eine Art in Kunst verwandelten, die einem im comedysierten Deutschland der Gegenwart nicht nur fremd, sondern schockierend brutal vorkommt. Wird schon kein Zufall sein, dass beide so vergessen sind.

19.6. 19h, Deutsches Historisches Museum: Hans – Ein Junge in Deutschland. BRD/F/CSSR, 1985. 148 Min. Geflüchtete haben bei allen Vorführungen der Filmreihe freien Eintritt. Die Retrospektive läuft noch bis 1. Juli.



HANS FRICK (5)

http://www.hr-online.de/website/suche/home/mediaplayer.jsp?mkey=60873164&type=a&xtmc=hans frick&xtcr=1

Blaue Stunden- Auf den Spuren des Schriftstellers Hans Frick. Feature von Hanne Kulessa. 53´
„Hans Frick wurde 1930 in Frankfurt am Main geboren. Es gibt wohl keinen anderen Frankfurter Schriftsteller, der diese Stadt so hart porträtiert hat wie der im Gallusviertel aufgewachsene „Juddebub“. Mit dreißig Jahren schrieb Frick seinen ersten Roman, in dem ein KZ-Arzt, verfolgt von Schuld und Alpträumen, versucht, einen Prozess gegen sich selbst zu erwirken. „Breinitzer oder Die andere Schuld“ erschien 1965. Frick war befreundet mit dem Hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, mit dem Philosophen Georg Lukács, mit dem Schriftsteller Erich Maria Remarque. Er, der Autodidakt, der uneheliche Sohn einer Arbeiterin, fand große Anerkennung, aber seine Lebensangst und seine Wut auf die Gesellschaft blieben. Er schrieb sich in vielen Romanen, Hörspielen, Filmen diese Angst vom Leib, trank gegen sie an, aber trotz des immensen Alkoholkonsums blieb sie seine ständige Begleiterin. „Wann werde ich abgeholt?“ Diese Frage aus der Kindheit verfolgte ihn bis zum Schluss. Hans Frick veröffentlichte 1980 sein letztes Buch „Die Flucht nach Casablanca“. Danach zog er mit seiner Frau Karin zuerst nach Portugal, dann nach Spanien, wo er 2003 starb. Das Feature von Hanne Kulessa folgt den literarischen Spuren, die Hans Frick in Frankfurt hinterlassen hat, es kommen Weggefährten zu Wort und Frick selbst mit Auszügen aus Interviews und Lesungen.“ (hr 2016)


KRIMIS UND

das Dritte Reich“, der neue Filmessay von Christoph Rüter (u.a. Rohstoff über Jörg Fauser). Auch über drei Autoren, die sich sehr sorgfältig mit ihrem Stoff beschäftigten. Wer glaubt, das wäre bei Schriftstellers doch so üblich, täuscht sich…

„Die Kamera begleitet die Schriftsteller bei ihrer Arbeit in Berlin, New York, Paris, London und Köln. Sie führen die Zuschauer an unbekannte Orte, wie die Quartiere der französischen Gestapo in Paris, die Dominique Manotti zeigt. Philip Kerr ist in Babelsberg und im Haus der Wannseekonferenz bei der Recherche zu einem neuen Buch zu sehen. Volker Kutscher liest in einem ehemaligen KZ in Berlin aus seinem neuen Roman und führt durch Köln. Sein Protagonist Rath ist mittlerweile im Dritten Reich angekommen und erlebt 1933 einen ganz eigenen Rosenmontagszug in seiner Heimatstadt.“

http://www.arte.tv/guide/de/053937-000-A/krimis-und-das-dritte-reich?autoplay=1



DER NACHRUF

auf Fanny Müller von ihrem Verleger Klaus Bittermann, der hoffentlich ihre Notizbücher, Schmierzettel, Briefe, Telefonkritzeleien, Tagebücher, Mails, Behördenschreiben und Sonstiges herausgeben wird:

http://www.taz.de/!5306200/

  

Ob Homosexualität, Sexismus oder Punks, Frau K. mischt sich überall ein und kommentiert, lapidar und mit Witz: »Ne Maak wollt ihr? Ich hab selbs keine Maak. Ihr seid doch noch jung und gesund. Ihr könnt doch ma ’ne Bank überfalln.«