Mein alter Freund Andreas Niedermann hat auf seinen Stapel Werke, an dem er seit 1986 baut, jetzt den nächsten Kriminalroman draufgelegt: Blumberg 2 – Die Wachswalze (Edition Baes, 300 S., 20.- €). Falls jemand wie ich die Nase voll hat von Superstars, Schwindel, Überheblichkeit, schwafelnder Kunstfertigkeit und pseudo-mystischen Schweinereien, dann ist dieser Roman ein empfehlenswertes Gegengift.
Dieses vollkommen klare Urteil habe ich mir von einem der berühmtesten Musikkritiker aller Zeiten besorgt*, weil ich in dem Moment, als ich es las, an den neuen Niedermann-Roman denken musste und erkannte: Genau das ist es! Und was auch bei tollen Fortsetzungen selten vorkommt: Ich klappte Blumberg 2 zu und fing sofort an, den ersten Teil Blumberg (Songdog Verlag) wieder zu lesen; nicht, weil ich ihn nicht kapiert hätte, sondern weil ich Lust hatte, diesen Style weiterzulesen und dabei tausend Details und Formulierungen wieder zu entdecken. Bei guten Kriminalromanen ist es mir völlig egal, ob ich den Plot kenne, denn der wahre Plot ist immer nur, dass sie gut geschrieben sind.
Außerdem kann ich von den interessantesten Frauen, die es seit Jahren in einen Männerroman geschafft haben, nicht genug kriegen, ich geb´s zu. Das hat nichts mit irren Sexszenen zu tun – wie sich Niedermann auch nicht für diese Blutorgien interessiert, die bekanntlich in der Regel von so unterbelichteten wie unterbeschäftigten Hausmännern und Hausfrauen ausgedacht und von ebensolchen LektorInnen durchgewunken werden.
Man muss nicht den ersten Roman um die 50+Wienerin Isa Blumberg, die man für Security- und spezielle Aufträge kaufen kann, gelesen haben, um in Blumberg 2 rein- und mitzukommen. Zum Glück ist sie auch in der Fortsetzung a) die türkische Taxifahrerin Düzen nicht losgeworden und versucht b) weiterhin, einer Antiaggressions-Therapie zu entkommen.
Und worum´s überhaupt geht? Um „eine hundert Jahre zurückliegende Geschichte von Obsession, Verrat und Mord“ in den Schweizer Bergen, in denen für Blumberg mehr Schnee liegt als vor dem Tor zur Hölle. Und ich werde den Teufel tun und hier erklären, was eine Wachswalze ist … Knallharte Realität: Für Nichtschweizer gibt´s in der mit Schnee abgefüllten Schweiz nicht nur finanzielle Probleme (die man natürlich auch hat, wenn man so viele Flocken angehäuft hat, um dort nach besseren Lösungen zu suchen).
* Zitiert mit zwei minimalen notwendigen Änderungen: John Peel über Kevin Coyne, vgl. The crazy World of Kevin Coyne, S. 42 (Starfruit Publications, 2020)
Selbstportrait Niedermann: https://www.niedermann.at/