Bildung

FAKTENCHECK ZUM BAYR RUNDFUNK KULTURKAHLSCHLAG

Die Initiatorin der Petition „Mehr Kultur im BR – gegen die Kürzung“ (Link unten) hat die Äußerungen des BR-Verantwortlichen mit einem Faktencheck beantwortet:

„Nach wochenlangem Schweigen meldet sich BR-Kulturdirektor Björn Wilhelm zu Wort, verspricht eine „echte Kulturoffensive“ statt eines Kahlschlags, lobt: „Unsere Redaktionen sind die exzellentesten im Kulturbereich, die ich kenne“, und verkündet: „Mehr Zeit, mehr Tiefgang, mehr Reichweite – durch neue Kultur-Sendeplätze“, d.h. Kulturinhalte stärken und sie von den Randzeiten in die Primetime bringen.

Wir staunen und proben den FAKTENCHECK von Aussagen der BR-Spitze

„ … zehn Stunden neue, exklusive Programmfläche“,
d.h. eine „neue zweistündige Kultursendung“ werktags 14 -16 Uhr!
Fakt ist: 10 Stunden mehr, nachdem 10 Stunden gestrichen werden! Und 5 der 10 neuen Stunden gehen ans Bildungsprogramm „radioWissen“. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Richtig ist: 10 minus 10 minus 5 = minus 5 Stunden Kulturprogramm.

„…mehr Aufmerksamkeit … deutlich mehr Sendezeit im Linearen …“
Ersatzlos gestrichen werden erfolgreiche Kultursendungen, mit z.T. besseren Sendezeiten wie die „kulturWelt“ (8.30 Uhr, Primetime) und die „radioTexte“; dazu: „Diwan“, „Nachtstudio“, „Kulturjournal“, „Filmkultur“ und das bisherige „Kulturleben“. Das neue „Kulturleben“ sendet von 14-16 Uhr, also bei rasant abnehmender Radionutzung, z.T. bestückt mit Beiträgen aus der Morgenstrecke. Mehr Aufmerksamkeit“? Mehr Sendezeit? Exklusiv?
„Neusprech“ à la Orwell!

Kultur zur Primetime „täglich verlässlich um halb“,
d.h. drei Beiträge während der „Morgenstecke“ um 6.30, 7.30 und 8.30 Uhr;
Häppchen anstelle von drei bis vier Beiträgen kompakt in der „kulturWelt“ um 8.30 – 9 Uhr (Primetime!) Die AG, die am Programm arbeitet, wusste davon nichts. So viel zum Thema Partizipation! Es fehlten: eine Dramaturgie, eine Stimme der Kultur im Einerlei.

„… Kulturinhalte „aus den Randzonen in die Kernzeiten …“
d.h. für „Diwan. Das Büchermagazin“ eine „siebenfache Hörerschaft“!?
Zahlenakrobatik eines Juristen! Und was heißt „Kernzeit“? Die Primetime morgens? Rezensionen in Konkurrenz zu anderen Kulturbeiträgen werktags um halb?
Und warum nicht ein Buch-Tipp täglich in der „Morgenstrecke“ wie in anderen Sendern – zusätzlich zur erfolgreichen „kulturWelt“?

„… Mehr Kulturinhalte“ im Digitalen …
Befragt nach erfolgreichen digitalen Kulturformaten, verweist Intendantin Katja Wildermuth gerne auf „Die Bergfreundinnen“ oder „Eltern ohne Filter“. Den Tagesschau-Podcast „11KM“, der eine ganz alltägliche Recherche nacherzählt, sieht sie als „investigativ“. Und Kulturdirektor Björn Wilhelm nennt im Rundfunkrat Beispiele von BR Klassik: den Igor Levit-Podcast und das ARD Nachtkonzert. Das Kulturelle Wort auf Bayern 2, ein bundesweit anerkanntes Format wie „Diwan. Das Büchermagazin“, die Lesungen „radioTexte“ kommen im Kalkül gar nicht vor.

„… mehr Präsenz im Digitalen …“!
Wo konkret und in welcher Form? Und warum nicht erfolgreiche Formate fördern?
Schon jetzt sind die „radioTexte“, im Schnitt mit 110 000 Zugriffen, bei Klassikern bis zu 200000, regelmäßig Spitzenreiter, d.h. unter den ersten 11 Plätzen, oft auf Platz 4 von ca 90 BR-Podcasts. Hörspiel und Lesungen waren Podcast-Pioniere. Beim ersten BR Podcast-Festival im Oktober 2023 in Nürnberg aber findet sich kein einziger Podcast der Kulturredaktion. In der Förderung neuer BR-Podcasts kommt die Kultur bislang nicht vor.

„Marginale Kultur ist der Jugend nicht vermittelbar“ (Stefan Maier, B2-Wellenchef)
Fakt ist: Wo die Kultur gute Sendeplätze hat, hat sie beste Einschaltquoten!
Aber selbst „Marginales“ wäre Teil des Kulturauftrags der Öffentlich-Rechtlichen.
Kultur steht an erster Stelle des neuen Medienstaatsvertrags.

„Zielgruppe: die 30 – 50jährigen“ (Kai Gniffke, SWR-Intendant und ARD-Vorsitzender)
Und was machen die 50 – 90jährigen Gebührenzahler? Wir werden alle älter!

„… keine Verflachung …“,
„niederschwellig“ sei „Quatsch“, sagt der Kulturdirektor und weiß wohl nicht, dass dieser Begriff gern vom Wellenchef in Sitzungen verwendet wird.

„Bayerns Lieblingsbücher“,
ist schon jetzt im Tagesgespräch Praxis, ein Wunschkonzert ersetzt keine Literaturkritik. Und: Keine Regionalität, die in Provinzialität führt!

„Mehr bayerische Premieren, weniger bundesweite Blockbuster“
Von neun identischen Rezensionen aus neun Sendeanstalten zu sprechen, ist Unwissen oder bewusste Irreführung, jedenfalls fern der Realität. Föderalismus auch bei überregionalen Themen ist verfassungsmäßig garantiert.

„Die Redaktion, die zuliefert“
ist künftig die Kulturredaktion. Die „exzellentesten“ Kulturredakteure werden degradiert zum Zulieferbetrieb?!

„… Ausbau der Kulturberichterstattung“ (Dr. Katja Wildermuth, Intendantin)
Kein Wort von künstlerischen Produktionen!
Kein Wort zum ARD-Mantelprogramm ab 20 Uhr. Kein Wort zum Wochenende!

„Man wird das Gefühl nicht los, dass die Verantwortlichen in den Anstalten oft nicht wissen, was für eine Qualität sie da eigentlich produzieren – und aus Unkenntnis, Rücksichtslosigkeit oder Dummheit zerschlagen sie dann, was sie haben.“
(Tobias Rüther, FAS 7.8.23)

Christine Reichert“

Unterschreiben Sie hier:

https://www.openpetition.de/petition/online/mehr-kultur-im-br-gegen-die-kuerzung#petition-main



PETITION GEGEN DIE KULTUR-KAPUTT-PLÄNE DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS

Unterschreiben Sie bitte die Petition hier:

https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-mehr-kultur-im-br-gegen-die-kuerzung-2#petition-main

Protestaktion vor dem BR-Funkhaus: 11. Sept. 11h

Die Unterzeichnenden der Petition fordern:

  • Kompetente eigenständige Kultursendungen statt Häppchenkultur auf Bayern 2 und den Erhalt von BR-Kultursendungen wie „kulturWelt“, „Diwan“, „radioTexte“, „Kulturjournal“, im Sinne des Bildungsauftrags!
  • Vielfalt statt Einfalt und das verfassungsmäßig festgeschriebene föderale Prinzip auch bei überregionalen Kultursendungen!
  • Mehr Kultur-Formate bei der digitalen Transformation für die gebührenzahlende, kulturinteressierte Hörerschaft!
  • Eine Finanzierung, die den Programmauftrag erfüllt!
  • Rechtzeitige, umfassende Einbeziehung der (Kultur-)Rundfunkräte in Pläne des BR/der ARD und Transparenz!


PEN BERLIN PROTEST GEGEN SPARPLÄNE DES BR

Hier 1. PEN-Berlin Pressemitteilung vom 30.7. und darunter 2. ein Kommentar zu den Kultur-weg-Plänen vom langjährigen BR-Redakteur Roderich Fabian:

Kürzung von Kultursendungen beim Bayerischen Rundfunk – PEN Berlin protestiert!

„2019 verkündete der Hessische Rundfunk, sein Kulturprogramm zu Ungunsten der Wortbeiträge zu ändern, zwei Jahre später zog der WDR nach und strich Literatursendungen. Und nun ist es der BR, der seine Formate „kulturWelt“, „Diwan: Das Büchermagazin“, „Kulturjournal: Kritik Dialog Essay“, „Nachtstudio“, „radioTexte – die Lesungen“ streichen will, zudem Hörspiele in Eigenproduktion. Die Kürzungen betreffen wöchentlich sieben Stunden Sendezeit, senderintern sprechen Kritiker davon, dass die “Kultur zum reinen Nischenprodukt werde”. Das berichtet die Münchner Abendzeitung.

PEN Berlin protestiert dagegen entschieden. Die Streichung von Hörspiel- und Radioessayproduktionen sowie von Rezensionen und Interviews beschädigt nicht nur die ohnehin oft prekäre Lebensgrundlage unserer Mitglieder. Das freie Wort gerät noch weiter unter Druck, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr, wie es seine verfassungsmäßige Aufgabe ist, seinem Bildungsauftrag nachkommt. Im Bayerischen Medienstaatsvertrag wird dieser wie folgt definiert: „Die öffentlich-rechtlichen Angebote haben der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen.“ 

Wer Kulturangebote drastisch kürzt, erschwert damit auch den Zugang zu Fakten und zur Vielfalt der Argumente und trägt dazu bei, dass die Meinungsbildung in Deutschland noch mehr durch Einseitigkeit, „gefühlte Wahrheiten” und dreiste Lügen geprägt wird.“

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Detaillierter Kommentar (link unten zum ganzen Text) zu den kahlschlagenden Sparplänen des langjährigen Zündfunk-Redakteurs Roderich Fabian:

Free Jazz statt Sportschau!

 



WIR BEFREIEN UNS SELBST

Mit diesem historischen Titel der ersten Trikont-LP der treffende taz-Artikel von Johanna Schmeller über die Trikont-Ausstellung im Münchner Haus der Kunst:

https://taz.de/Schau-ueber-Plattenfirma-Trikont/!5941511/



SPRACHE IN DER SCHEINBAR

Das komplizierteste und unverstandenste Wort der deutschen Sprache ist nicht nur scheinbar, sondern ziemlich sicher „scheinbar“. Hätte manchmal harte Folgen, wenn es wie in diesem Fall tatsächlich so wäre, wie es jemand gesagt hat.

Stefan Meister, Leiter des Zentrums für Ordnung und Governance in Osteuropa, Russland und Zentralasien, sagte auf BR24: „Der russische Staat hat zeitweise sein Gewaltmonopol scheinbar verloren.“ Also nicht (wie von Herrn M. gemeint) anscheinend, wie es ein paar Stunden vielleicht ein bisschen so aussah, sondern scheinbar, und das heißt, dass das Gewaltmonopol eben nicht verloren war und dass sogar eine Inszenierung möglich wäre.

Nichts zu danken – mit korrekter Sprache helfen wir gern. Und denken Sie dabei wie wir auch an die freundlichen AfD-Freund*innen in Ihrer Nachbarschaft!



THE CHERISY HISTORY

Der Chief-Senior-Consultant unseres Blocks mit seinem neuen Film:

Ist möglicherweise ein Bild von Text „FILMPREMIERE MIT HUBL GREINER 28. APRIL/ 18:30 UHR & 01. MAI/ 18:15 UHR EIN VIERTEL IN UNSERER STADT DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DER CHERISY-KASERNE IN KONSTANZ“

„Wo einst Nationalsozialisten im Gleichschritt marschierten, existiert heute ein alternatives Wohn- und Arbeitsmodell der links-alternativen Szene. Gegründet wird das Projekt mit der Vision, eine bessere Form von Zivilgesellschaft zu entwickeln – selbstbestimmtes Leben, gemeinschaftliches Arbeiten, soziales und kulturelles Engagement liegen als Leitvorstellung in der Luft. Das ist die Cherisy Konstanz, wo auch unser Kino beheimatet ist. Hubl Greiner hat eine Dokumentation über die Entwicklung dieses Areals gemacht und stellt den Film am 28. April und am 01. Mai bei uns vor!“
Spieltermine: 28.04. | 18:30 Uhr, 01.05. | 18:15 Uhr
Infos+Tickets: https://zebra-kino.de/2023/ein-viertel-in-unserer-stadt/



TECHNISCHES VERSEHEN

Immer lesenswert die tägliche Folge der Medienbeobachtungsstelle „Altpapier“, hier der Trailer von René Martens zu seiner neusten Kolumne: „Das Unternehmen Twitter macht sich quasi offiziell zum Sprachrohr des rechten Lagers, indem es zum Beispiel die BBC als „government-funded media“ markiert. Elon Musk eskaliert also weiter, aber viele Medienhäuser schauen bloß tatenlos zu.

Am Mittwoch wiederholt die ARD eine ziemlich dämlich betitelte Dokumentation über Elon Musk. Ob die ARD gut beraten ist, die bei einer britischen Produktionsfirma angekaufte Dokumentation „Elon Musk – Tech-Titan“ am morgigen Mittwoch zu wiederholen, ist eine weitere Frage, die sich aufdrängt. Nicht nur wegen des kindsköpfigen Titels. Sämtliche, vornehm formuliert: Turbulenzen, die Musk ausgelöst hat, seitdem er Twitter regiert, kommen in dem Film nicht vor, sie können auch gar nicht vorkommen, weil er vor dieser Zeit entstanden ist. Aber: Muss man eine in diesem Sinne veraltete Dokumentation denn unbedingt wiederholen? [Edit 12.4.: Der SWR teilt heute mit, in der ARD-Mediathek sei aufgrund eines technischen Versehens zunächst eine alte Fassung veröffentlich worden.] Außerdem im Altpapier: die weitgehend faktenfreie Debatte um E-Fuels; die Verrohung eines Kommunikationswissenschaftlers.“ https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3100.html



WER STREIKT WIRD BELOHNT

 

Ist möglicherweise ein Bild von Text „22.12.2022 15:24 ZUSCHLAG VON ZEHN PROZENT Bahn-Chef Richard Lutz erhält deutliche Gehaltserhöhung Von: Martin Greive, Dietmar Neuerer Der Vorstandschef der Deutschen Bahn, Richard Lutz, verdient pro Jahr 900.000 Euro. lm kommenden Jahr soll sein Gehalt laut einer vertraglichen Vereinbarung angehoben werden.“



WIE IMMER EXTREM

aufklärend und amüsant die mdr-Medienkolumne (deren täglichen newsletter wir empfehlen), am 19.1. geschrieben von René Martens, hier ein schneidiger Ausschnitt: „Dass Olaf Scholz sich entschieden hat, Christine Lambrechts Posten nicht mit einer Frau zu besetzen, muss Medienkolumnisten wie mich ja eigentlich nicht kümmern. Eine Einschätzung von Judith Wittwer in der SZ unter der Überschrift „Das Dilemma des linken Mannes“ tut es dann aber doch:

„Scholz‘ aufgegebene Parität offenbart mal wieder das Problem des linken Mannes: Er muss Frauen nicht nur fördern, er muss es auch noch aus voller Überzeugung und bei jeder Gelegenheit tun, denn per Parteibeschluss ist er quasi Feminist. Stellt er hingegen einmal eigene Ansprüche, gilt er schnell als Frauenverhinderer. Zieht er andere Männer vor, ebenso.“

Scholz ein „linker Mann“? Hätte Wittwer ihn als achtbeinigen Dackel bezeichnet, wäre das ähnlich plausibel gewesen. Wo jemand im politischen Spektrum verortet ist, der oder die Olaf Scholz als „links“ bezeichnet, darüber möchte ich lieber gar nicht nachdenken.

https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-2986.html



INSPIRATION/INFORMATION

(Shuggi Otis zitiert) hört ja nie auf come hell or high water: konkret-Magazin 12/22 u.a. mit diesen Inhaltsstoffen:

Alter Kack, neuer Frack Tomasz Konicz über einen links-liberalen Versuch, das Ende des Kapitalismus zu beschreiben, ohne ihn abschaffen zu wollen

Rette sich, wer kann Russlands Krieg gegen die Ukraine hat die europäischen Staaten nur scheinbar zusammengeschweißt. Von Jörg Kronauer

Looking for Freedom Wie steht es mit Freiheit und Demokratie unter Selenskyj? Von Kay Sokolowsky

Das Reaktionäre im Nationalen Über einige Defizite in der Debatte über den Ukraine-Krieg. Von Rolf Surmann

Krieg gegen Flüchtende Vereint in der Flüchtlingspolitik: Exekutive, Judikative und Legislative. Von Özge İnan

Blutige Geburt Eine Chronik der frühen Jahre der Sowjetunion. Von Erich Später