Bildung

FILM FLUCHT FOLGEN

Khodsani – Ein Dokumentarfilm von Mohammad Sharifi

Bild könnte enthalten: eine oder mehrere Personen, Bart und Text

„Khodsani – Flucht und ihre Folgen“ / Khodsani – das bedeutet „sich selbst verletzen“ auf Persisch. Autoaggressives Verhalten ist keine Seltenheiten bei jungen Geflüchteten. Endlich in Europa, in Deutschland, am Ziel angekommen, ist der Start ins neue Leben alles andere als einfach. Das Gefühl in einer endlosen Warteschleife zu hängen, ist gerade für viele afghanische Jugendliche keine Seltenheit. Dazu kommen traumatische Erfahrungen aus dem Heimatland und von der Flucht immer wieder ans Tageslicht. Da ist der Griff zur Rasierklinge und das Empfinden eines realen körperlichen Schmerzes eine Wohltat.
Mohammad Sharifi will über dieses Gefühl und die Probleme junger Geflüchteter in Deutschland berichten und hat zusammen mit einer Gruppe junger afghanischer Jugendlicher über eineinhalb Jahre hinweg einen Dokumentarfilm gedreht. Fünf junge Männer erzählen ihre Geschichten vor der Kamera und gewähren damit einen sensiblen Einblick in ihr Leben.
„Khodsani – Flucht und ihre Folgen“ feiert Premiere am Montag, 24. Juli 2017 um 20:00 Uhr im Grand Hotel Cosmopolis mit anschließender Diskussionsrunde. Der Eintritt ist frei. Das Projekt wurde unterstützt von der MSA-Medienstelle Augsburg des JFF e.V. und finanziert durch Mittel das Amt für Kinder Jugend und Familie/Jugendschutz sowie des Sozialreferats Augsburg.


ZUR VOLKSBÜHNE AM ROSA

-Luxemburg-Platz in Berlin hier ein Interview mit der großartigen Sophie Rois, die zum Beispiel sagt: „Und es gibt keine Ambivalenzen, sondern nur das reine Opfer – im Gegensatz beispielsweise zu den Filmen von Sam Peckinpah. Moralische Anklage interessiert mich nicht. Gymnasialer Eifer, gibt es auch sehr viel am Theater, kann ich mir auch nicht anschauen. Zusammengefasst ist das Theater als Evangelischer Kirchentag. Und davon sind wir umstellt. Deswegen gehe ich auch so selten ins Theater.“

http://versorgerin.stwst.at/artikel/jun-1-2017-2320/%C2%BBfremd-bin-ich-eingezogen-fremd-zieh%E2%80%98-ich-wieder-aus%C2%AB

Ich habe einige Stücke dort gesehen. Das größte Abenteuer war Clockwork Orange. Gitarrist Steve Binetti kam als erster und allein auf die Bühne und hat angefangen. Ehe es sozusagen richtig losging. Schon bald wurde es immer wieder protestierend laut im Zuschauerraum, was sich einige Male bis zum drohenden Tumult steigerte. Ich habe eine junge Frau, die zwei Meter neben mir saß, fast schon angebrüllt, sie solle endlich die Klappe halten oder heim zum Fernseher gehen. Binetti war am Ende wieder allein auf der Bühne. (Ein einsameres Bild habe ich nur noch einmal gesehen, als Guido Huonder Taboris „Mein Kampf“ in Dortmund inszenierte.)

Anschließend wartete ich fast eine Stunde an irgendeinem Bühnenausgang; etwas, das ich nie wieder gemacht habe. Bis Steve Binetti endlich rauskam. Tatsächlich konnte ich wie erhofft den Soundtrack kaufen, die legendäre CD in dreieckiger Verpackung. Und Jahre später stand ich mit Binetti auf einer Volksbühne-Ausweichbühne und wir interpretierten zusammen einige Jörg-Fauser-Gedichte.

Ich habe mehrmals in der Volksbühne im Roten Salon gelesen, allein oder bei irgendwas beteiligt (z.B. mit dem Magazin Trash und ein Hank-Williams-Abend mit Nils Koppruch, Peter Lohmeier und Wiglaf Droste). Am unvergessbarsten war ein Auftritt mit einer Rockabilly-Band aus dem Fränkischen. An den Namen oder den Zusammenhang kann ich mich nicht erinnern. Während ich las, saßen die Billys unten und hörten zu, genauer gesagt sah ich dann, dass der Bassist eingeschlafen war. Wecken wollte ich ihn aber auch wieder nicht. Trotzdem war der Abend ganz schön und ich werde diese Volksbühne nie vergessen.



DIE ENTSCHEIDENDE FRAGE

zu (oder zum?) G20, verfilmt von Fritz Tietz für Konkret in nur 3´29 (natürlich nicht, ohne neue Fragen aufzuwerfen (oder herauszufordern?):



OSKAR MARIA GRAF

hat ja auch dieses sehr schön gesagt: „Ich möchte nicht, dass irgendwann einmal zu irgendwelchen Feierlichkeiten Leute von der CSU lieb und nett über mich reden.“ Aber es gibt natürlich Leute, die sich das nicht denken können.



IM STRAFRAUM

heißt das Portrait von Pepe Egger über Gary Lineker in der neuen Ausgabe des Freitag: >Dass er im Auge eines politischen Shitstorms gelandet ist, nimmt Gary Lineker, nun ja, sportlich. Lineker, einer der besten englischen Stürmer aller Zeiten und seit seiner aktiven Zeit als BBC-Fußballkommentator aufgestiegen zum öffentlich-rechtlichen Schwiegersohn der Nation, ist für den Rechtsaußen-Boulevard bloß noch ein leftie – ein linker Lügner“. # https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/im-strafraum # Außerdem möchten wir unsere Abonnentinnen auf den gemalten „Spendenaufruf von Ernst Kahl“ mit dem Titel „Deutsche Hooliganhilfe e.V.“ und den Artikel „Make Munich great agein!“ von Florian Sendtner  im neuen konkret hinweisen. # Hamwa noch was zum Wochenende? In der heutigen Süddeutschen ein Interview mit Fred Wesley am Ende des Wirtschaftsteils: „Wissen Sie, was ich war? Ich war nicht nur Bandleader, sondern auch sein Psychologe. Ich musste mich um Psycho-James kümmern, genauso um die Musiker und die Tontechniker.“ # Da nich für.



DER NEUE PRÄSIDENT HEISST NATÜRLICH NICHT

DOGTOWN Munich

von Herbert Achternbusch
Regie: Pınar Karabulut. Bühne und Kostüme: Franziska Harm. Musik: Daniel Murena

https://www.muenchner-volkstheater.de/spielplan/premieren/dogtown-munich-ua


MUMIA ABU-JAMAL

der seit 1981 inhaftierte US-Journalist und Bürgerrechtler hat eine Grußbotschaft an die Rosa-Luxemburg-Konferenz geschickt (die in der heutigen Ausgabe der jungen Welt mit einer Beilage dokumentiert wird).

Auszug: „Arbeiter, die von denselben politischen Kräften, die sie in die Armut gestürzt haben, erwarten, dass sie ihnen Jobs geben, tappen völlig im Dunkeln. Sie hoffen auf etwas, was nie eintreten wird. Verraten von ihren ehemaligen neoliberalen Verbündeten, wenden sie sich verzweifelt an rechte Demagogen, die Arbeit, Brot und Ruhm versprechen. Man sollte meinen, dass man aus Deutschlands oder Italiens Beispiel von vor einigen Generationen gelernt habe. Hitlers faschistische Partei, die Nazis, haben Ruhm versprochen und das Land mit Schande bedeckt. Desgleichen brachte Mussolinis faschistische Partei Italien Schmach und Zerstörung. Leute wenden sich solchen Figuren zu in Zeiten ökonomischer Negativentwicklung, wenn normale Regierungen inkompetent und unfähig scheinen, es mit den Herausforderungen aufzunehmen; wenn die Lebensbedingungen sich extrem verschlechtern und wenn das Morgen statt Hoffnung Angst einflößt. Wir sehen das an den gewaltigen Bewegungen gegen die Spar- und Auszehrungspolitik wie dem kürzlichen Brexit-Votum in England.“

Hier der ganze Text: https://www.jungewelt.de/beilage/art/304092



WENN FÜR DONALD TRUMP AUFZUSPIELEN

nur ein paar lächerliche Gestalten bereit sind, ist das Thema für eine gute Radiosendung wie den Bayern2-Zündfunk natürlich eine gmahte Wiesn. Wenn dann die Moderatorin den Vorschlag macht, man könnte doch die Trapp-Familie für einen Trump-Gig anfragen, ist das jedoch nicht nur ganz witzig, sondern auch ein ziemliches Missverständnis. Denn die aus Österreich ausgewanderte, dann in den USA berühmte singende Familie – deren Slogan „The Sound of Music“ der Popinteressierte auch durch FSK kennen kann – ist nicht nur ein Symbol für die brave, christliche und funktionierende Familie (einerseits also  ein veraltetes Symbol, andererseits weiterhin verständlich bzw. vorbildlich für alle mindestens Konservative der Welt), sondern auch für Antifaschismus. Die Trapp-Gang hatte damals einen guten Grund, aus ihrem geliebten Alpenland zu flüchten.



ARMENIA

ist der neue Film von M.A. Littler und er läuft jetzt  – ja wo denn sonst? – im Münchner Werkstattkino: 8. – 11.1. um 20.30 h

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=GPyTb5h8kTE

D/F/Armenien 2016. Regie & Buch: M.A. LITTLER. Kamera: Philip Koepsell. Musik: Digger Barnes, Alain Croubalian, Friedrich Paravinci. Mit Alain Croubalian. HD Digital. 84 Minuten. Deutsche Fassung. Erstaufführung.

Armenia Als Littler vor mehr als zehn Jahren den Film THE DEAD BROTHERS drehte, lernte er den kanadisch-schweizerischen Musiker Croubalian kennen, dessen Familie aus Armenien stammt. Jetzt beschloss Littler, mit Croubalian dorthin zu fahren, in jenes ferne, für ihn wie für seinen Protagonisten gleichermaßen völlig fremde Land. Das ist es, was dieser Film erzählt.

„Darf man das sagen? Wie schön diese Aufnahmen, die am Himmel dahinjagenden Wolken, die schneebedeckten Berge und der rotleuchtende Mohn auf den Feldern sind? Welche schlicht wunderbaren Bilder also der Regisseur M.A. Littler mit seinem Kameramann Philip Koepsell am Rand des Kaukasus gefunden hat? Vielleicht muss man das sogar. Dabei ist die Geschichte, die Littlers neuer Film zu erzählen hat, bitterernst. «Gott starb, wir wurden obdachlos» heißt es einmal, und damit beginnt das ganze Drama. Von Völkermord und von Vertreibung, von Exil und Heimatlosigkeit.”  – Christoph Schütte, FAZ
„Im Grunde ist dies ein fiktionalisierter Essayfilm, der die Frage nach Authentizität und Wahrheit in sich selbst aufgreift – nicht in filmspezifisch selbstreflexiver Form, sondern als Nachdenken über die Vergangenheit, über Tatsachen, über das Erinnern, über das Träumen. Wir hören die Stimme des Protagonisten, immer wieder, es ist ein Brief an seinen Vater, der als roter Faden den Film durchzieht. Wie formt das Vergangene den gegenwärtigen Menschen und andererseits: Wie formt der Mensch in seiner Erinnerung das Vergangene? ARMENIA balanciert irgendwo über dem Abgrund des Vergessens und baut dort flüchtige Luftschlösser.”  – Harald Mühlbeyer


BOWIE ON BYTE

WAS IST MUSIK / von und mit Klaus Walter, auf Byte.fm : Sonntag, 8.1., 19 Uhr, Wiederholung Mittwoch, 11.1., 8 Uhr
70-1+40 = Bowie : Am 8.Januar 2017 wäre David Bowie 70 geworden. Wäre er nicht am 10. Januar 2016 gestorben. Am 14.Januar 1977 erschien Bowies Album „Low“. Drei Jahrestage. (Subscribe: email hidden; JavaScript is required)
„Ganz anders Low: Von einer glamourösen Sublimierung des Wahns kann hier nicht mehr die Rede sein. Stattdessen geht es um die Geisteskrankheit als nüchterne Realität – um die Empfindung eigener Empfindungslosigkeit –, ganz im Sinn einer Aussage Bowies aus dem Jahr 1993, die ernstzunehmen sich lohnt: »Insanity was a real possibility in my life.«* Iggy Pop, der sich 1975 in eine Nervenheilanstalt einweisen ließ, meinte später, vielleicht habe Bowie nur aus diesem Grund mit ihm zusammenarbeiten wollen (und Bowie sei im Übrigen der Einzige gewesen, der ihn dort regelmäßig besucht habe). Für beide barg die Insellage Westberlins ein Versprechen auf Genesung und Vitalisierung zugleich. Es war möglich, dort relativ anonym zu leben und trotzdem an kreativen Szenen teilzuhaben. Für Bowie war Berlin auch eine Stadt, durch die er unerkannt mit dem Fahrrad fahren konnte, unter freiem Himmel ohne Zuschauer, von einer echten Welt aus Straßen, Häusern und Geschäften umgeben.

Der Kontrast zu den hysterischen Rückkopplungsschleifen des Londoner Glam Rock und des kalifornischen Medienzirkus hätte kaum größer sein können. Nicht zufällig bildete das Wort »brain« eine Zentralvokabel in den Texten der Ziggy Stardust-Ära (»put a peephole in my brain«, »your laughter is sucked in their brains«, »my brain hurt like a warehouse«, »my brain hurts a lot«, »I’m busting up my brains for the words«, »all the knives seem to lacerate your brain« usw.). Immer wieder ging es dabei um die Projektion einer imaginären Welt aus dem eigenen Kopf hinaus oder in diesen hinein. Dagegen handeln fast alle Songs auf der ersten Seite von Low, jedenfalls die mit Gesangstexten, von tatsächlichen Innenräumen mit vier Wänden, einem Boden und einer Decke: »I’ve been / Breaking glass in your room again«, »Don’t look at the carpet / I drew something awful on it« (»Breaking Glass«), »Deep in your room, you never leave your room« (»What in the World«), »Blue blue electric blue / That’s the colour of my room / Where I will live« (»Sound and Vision«). Auf Iggy Pops zeitgleich erschienenem Stück »Dum Dum Boys« heißt es: »The walls close in and I need some noise« (The Idiot). Und 1980 beginnt Bowies Song »Scary Monsters (and Super Creeps)« mit der Zeile: »She had a horror of rooms.«
Einschluss und Leerlauf sind zentrale Motive der ersten Seite von Low, mit ihren fragmentarischen Songs, die wie aus dem Nichts eingeblendet werden, um dann ohne erkennbares Ziel wieder zu verschwinden. Tiefe Apathie – »love won’t Make you cry« (»What in the World«), »I never touch you« (»Breaking Glass«) – kommt in polternden, grell abgemischten Rhythmen daher, deren Hektik nirgendwohin zu führen scheint. »Always Crashing in the Same Car«, das noch am meisten an klassische Songstrukturen erinnernde Stück, zeichnet das Bild eines sich planlos um sich selbst drehenden Autos: »I was going round and round the hotel garage.« Eigentlich ist das Auto ja ein Rock’n’Roll-Gefährt – der vielleicht erste Rock’n’Roll-Song überhaupt, Jackie Brenstons »Rocket 88« (1951), handelte vom Autofahren, und eines von Bowies Lieblingsbüchern als Teenager war Jack Kerouacs On the Road –, aber auf Low entpuppt sich sogar Geschwindigkeit als Betäubungsmittel. Wohl deshalb auch überlagern sich planlos vorbrechende Drums mit lethargischen Soundeffekten, als ob das eine gleichbedeutend mit dem anderen wäre.“ Aus: Frank Kelleter: „David Bowie. 100 Seiten“ (erscheint dieser Tage bei Reclam) http://byte.us10.list-manage.com/track/click?u=5855ec7f923be81b1783ecc5c&id=a73f9a900d&e=5bbbf9966e