SERVUS, BAYERN
Von Franz Dobler | 15. September 2013 | Kategorie: Allgemein | Kommentare deaktiviert für SERVUS, BAYERNQuelle: Gute-Nacht-Baiern.de
Quelle: Gute-Nacht-Baiern.de
Der große Schweizer Regisseur starb am 6. August im Alter von 71 Jahren. Er war seit Jahren an einem unheilbaren Krebs erkrankt. Im Dezember hatten wir uns zuletzt in einem Wiener Café getroffen. Ich war mir nicht sicher, ob er genau wusste, mit wem er sich traf. Aber was weiß man denn schon genau. In jedem Fall haben wir uns gut unterhalten.
Wir hatten uns bei einem Theatertreffen kennengelernt, und dann näher, als ich 1989 eine Hospitanz am Schauspielhaus Dortmund machte. Huonder inszenierte George Taboris Montage-Stück ‘Masada’. Das Stück greift die historische Situation auf: die jüdischen Widerstandskämpfer in der Festung Masada werden von römischen Truppen belagert, und haben keine Chance. Die Frage ist nun, soll man sich ergeben oder kollektiv Selbstmord begehen?
Zu der Zeit ging etwas mit einem RAF-Hungerstreik durch die Medien, und Huonder brachte dieses Thema mit hinein. Obwohl er mit kaum einem Satz einen deutlichen Bezug herstellen konnte – mit den Bildern war er deutlich genug. Die Inszenierung war nicht nur anstrengend, sondern auch wie ein Faustschlag ins Hirn, und, einmal mehr, umstritten sowieso. Bei Probenbeginn wurde erstmal Aktuelles diskutiert. Sollte keiner auf Idee kommen, er würde vielleicht in einem Historienspiel locker herumflanieren.
In der Kantine setzte er sich oft an den Tisch der Bühnenarbeiter. Nicht, weil man das als Direktor-Regisseur ja auch mal machen muss, sondern weil er Schauspieler nicht immer ertragen konnte. Er konnte mit jedem reden und redete mit jedem so, wie er eben redete. Er konnte sogar zuhören, jedem; selten, bei Männern in so einer Position. In Sachen Smalltalk war er allerdings ganz schlecht ausgebildet. Aber ein Meister in den Fächern Komik und Gscheit-auf-die-Schippe-nehmen. Dass er mal Lehrer in einem Schweizer Kuhdorf gewesen war, wollte ich ihm nie glauben.
Parallel dazu inszenierte Huonder, der damals das Dortmunder Haus leitete, auch Taboris Stück “Mein Kampf”, das vom jungen Adolf Hitler in Wien erzählt. Neben ‘Warten auf Godot’ ist es für mich das beste Theaterstück seit ca. 1789. Ich habe inzwischen mehrere Inszenierungen gesehen – die von Huonder scheint nicht erreicht werden zu können.
Die Arbeit mit Guido Huonder und die Beschäftigung mit dem Werk von George Tabori waren mit die wichtigsten Lektionen, die ich je bekommen habe. Bis heute kann ich sie immer wieder gebrauchen, habe Situationen, Szenen, Gespräche im Kopf. Guido hatte die Art Soul, die nicht mit Seele zu übersetzen ist.
Hier ein lesenswerter Artikel/Nachruf über seine Zeit als Intendant in Potsdam:
Hausmeister unseres Blocks ist das, was man einen ausgeschlafenen Jungen nennt.
Quellen: http://bittercinema.tumblr.com/ und http://www.flickr.com/photos/craptoy/8744668417/
Hier nur in Auszügen:
Berlin, den 11. Mai 2013 | ||
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Am 1. Mai starb, kurz nach seinem 60. Geburtstag, Lutz Schulenburg, Mitbegründer- und Verleger der Edition Nautilus und Herausgeber des Magazins Die Aktion. Ich will mir nicht vorstellen, wo ich heute ohne Lutz wäre. Der mich als Anfänger und Buchautor zehn Jahre unterstützt hat, nicht nur, was meine eigenen Arbeiten betraf, sondern auch die geistige Rückendeckung, z.B. das Gesamtwerk von Franz Jung … das gesamte Umfeld mit Sean McGuffin, Wiglaf Droste, Robert Brack oder Ingvar Ambjörnsen, das die Edition Nautilus zu bieten hatte, die er zusammen mit Hanna Mittelstädt zu einem der wichtigsten linken Verlage gemacht hatte, in dem Politik und Literatur gleich behandelt, angesehen wurden. Als ich 1986 zum ersten Mal einen Stapel Papier beschrieben hatte, von dem ich dachte, er könnte auch in Buchform erscheinen, machte ich mir eine Liste mit meinen Wunschverlagen. Meine Nr.1 war Edition Nautilus, zwei Jahre später erschien dort „Falschspieler“. Lutz empfing den Nobody beim ersten Besuch in Hamburg mit umwerfender Herzlichkeit und gab ihm das Gefühl, das könnte alles schon was werden. In einigen Momenten, in denen ich aufgeben wollte, „Tollwut“ hätte ich ohne einige Briefe von ihm nicht geschafft, wusch er mir den Kopf und gab mir ´nen Tritt. Jedoch niemals, ohne ein Problem auf die leichte Schulter zu nehmen. Und man musste auch nicht immer jeden Scheiß bis zum Letzten ausdiskutieren … Falls aus dem, was hätte werden können, tatsächlich was wurde, dann hatte er sehr großen Anteil daran. Fuck this shit, damn the rest. Wahrscheinlich habe ich das auch bei ihm gelernt, dass man manchmal hilflose Sätze, die man nicht ausstehen kann, stehen lassen muss, um den nächsten Schritt machen zu können … — …
Ein ausführlicher Nachruf von Tobias Gohlis: http://culturmag.de/litmag/lutz-schulenburg-ist-tot/70264
einen Henri-Nannen-Preis in der Essay-Abteilung zu bekommen, erging soeben an Bernd Ulrich von der Zeit.
Ein paar Stunden vor der Bekanntgabe hatte Otto Köhler, einer der großen (Geschichts-)Journalisten, seinen Kommentar zu Essay und Autor veröffentlicht. Dass die Kenntnis dessen an der Vergabe ggf. was hätte ändern können, sollte man wohl eher nicht vermuten:
Otto Köhler: „Favorit für die Sparte »Essay« ist Zeit-Vize-Chefredakteur Bernd Ulrich für seine Titelgeschichte »Wer sind wir, heute?« vom 30. August 2012, in der er »gern den nazivergleichenden Griechen und Spaniern einen Finger ihrer Wahl zeigen, der Ruderin einen Arm um die Schulter legen und sich dabei von dem Sänger etwas vorsingen lassen« möchte. Die Bundeswehr-Ruderin Nadja Drygalla mußte von den Olympischen Spielen in London abreisen, weil ihr Partner ein bekannter NPD-Landtagskandidat von den »Nationalen Sozialisten Rostocks« ist, und der Wagner-Sänger Evgeny Nikitin durfte in Bayreuth nicht auftreten, weil er ein Hakenkreuz auf seiner Haut trug. Bernd Ulrichs Geschichte trägt die Überschrift »Wer sind wir heute?« und ist Hauptbestandteil des mit einem Hitler-Bild garnierten Zeit-Titels »Wann vergeht Vergangenheit?«“
Hier sein Essay in voller Länge: http://www.jungewelt.de/2013/04-26/016.php
Nichts. Wenn wir mal ganz ehrlich sind. Oder vielleicht auch: Schon lange nichts mehr. Falls man an derartigen Details interessiert wäre. Wie immer kommen wir zu solchen Analysen nicht aufgrund von Bauchschmerzen. In diesem Fall hat uns ein Label- bzw. Promoagentur-Info nachdenklich gemacht und wir bekämen echt voll Angst, wenn wir auch nur ein Wort kürzen würden:
„Neues von der Kappeler Alp: Der Hüttenwirt macht Punk. Warum? Interessiert ihn nicht. Eine tiefe, besessene Überzeugung, das Leben müsse vor allem eins, und das ist „Spaß machen“, treibt ihn an. Dazu gehört für ihn, das zu machen, was ihm gerade in den Sinn kommt. Risiko, in welcher Form auch immer, hält den früheren Hochgeschwindigkeitsskifahrer nicht ab. Vollgas leben. „Niemand kann nicht singen. Deshalb sing ich.“ Eine unbekümmerte, verspielte Seite.
Die Herangehensweise individuell. El Carlos schliesst sich eine Woche zusammen mit den Musikern, samt aufwendiger Technik in die Kappeler Alp ein und taucht in eine selbst inszenierte Punkwelt ein – mit Dosenbier, Müll und verordnetem Umgang mit Ausdrücken behafteter Sprache…. In dieser Atmosphäre entstehen Texte, Melodien, Rhythmen mit unendlich viel Spaß für alle Beteiligten. „Vielleicht waren wir immer schon alle Punker und haben es nur nicht gemerkt.“
Das Ergebnis: 11 Songs, die die Geschichte des Machos El Carlos mit Humor und Exzentrik wiedergeben und ein Musikvideo, das die Atmosphäre vor Ort erlebbar macht. Alles realisiert mit höchstem Anspruch an Qualität, möglich durch die Freundschaft mit einem talentierten Musiker, Labelinhaber und Videoproduzenten aus Hamburg. Angriff von Süd mit Unterstützung von Nord – eine erfolgversprechende Verbindung.
Das Produkt: Eine Longplayer-„Punk“-Schallplatte aus pinkfarbenem Vinyl mit zusätzlichem Code zum Herunterladen des Albums über Itunes, professionell veröffentlicht und vertrieben, geschrieben und eingespielt mit Freunden, live dargeboten auch jenseits der Alm.“
Heißen tut das Produkt „Tatütata – Le Flic“ und im Video zum Titelsong fährt ein Polizeiauto hinter dem Punkauto her und die unbekümmert verspielten Seitenpunks singen „Fuck off“. Das ist nichts Neues, aber das macht natürlich nichts. Eine viel wichtigere Erkenntnis hatten wir jedoch schon damals: dass die Flics nämlich nicht da sind, wenn man sie wirklich mal braucht. In diesem Fall ist auch das nicht so schlimm, denn die Bullen haben noch etwas Zeit: die sog. Longplayer-„Punk“-Schallplatte erscheint erst am 17. Mai.
Hier das Video (Achtung, ein Hinweis an alle Eltern: für Kinder unter 3 Jahren nicht geeignet!!!):
an denen man in Lebensgefahr wäre, hätte man nicht eine Luis-Trenker-mäßig stabile Gesundheit. Dabei meine ich nichtmal „das Leben“, sondern nur die Tageszeitung. Allein schon die S.1, Schlagzeile: „Merkel: Deutsche Konten sind sicher“. Schön und gut und beruhigend. Aber ich hatte zuerst gelesen: „Deutsche Kolonien sind sicher“ und dachte, oh verflucht, das könnte ja erfahrungsgemäß bedeuten, dass sie keineswegs sicher sind! Aber das meine ich gar nicht… Nach diesem Pseudo-Schock – gibt es Pseudo-Schocks?! Kein Widerspruch in sich?! – dann der Blick in die Spalte links daneben: „… Jetzt sind die Zeiten rau, und das gilt nicht nur fürs Wetter. Die Verhältnisse werden überall schlechter, und sie werden übergangslos schlechter. Von heute auf morgen geraten Staaten in die Zahlungsunfähigkeit. Tierarten sterben innerhalb weniger Minuten aus und Menschen, die gestern noch nicht singen konnten, werden heute zu Superstars. Ohne Übergang.“ Steckt die Ironie denn erfahrungsgemäß manchmal genau dort nicht, wo wir sie glasklar erkannt glaubten, sondern leider dort, wo scheinbar keine war? Aber das meine ich gar nicht… Dann sofort ein Blick auf die meistens halbwegs unterhaltsam-ungefährliche Society-&-Verrückte Welt-Seite: „Westbam, 48, deutscher DJ, ist begeistert von Papst Franziskus“ und erzählte, er „glaube an den Heiligen Geist, und der habe auch den neuen Papst ausgesucht. >Keiner hat ja den gedacht, plötzlich denken alle, der muss es machen. Das ist der Heilige Geist.<“ Könnte also die Gema nicht mal was Sinnvolles tun und alle DJs, die sich, egal wie (es steht gerade mir nicht zu, die unterschiedlichen Mittel zu bewerten), ihres Hirns entledigt haben, aus dem Verkehr ziehen? Selbst wenn es dann plötzlich partytechnisch gesehen tödlich ruhig auf diesem Planeten werden würde? Aber auch das meine ich gar nicht… Jedenfalls nicht nur. Denn dann kamen noch 35 Tageszeitungsseiten mehr.