Allgemein

KNORRY KLAUS BERR REST IN PEACE

Mein alter Freund Knorry hat den Last Train genommen. Außer seinen Eltern nannte ihn niemand Klaus, aber dieser Klaus Berr steht in einem großen Stapel Bücher, die Knorry aus dem Englischen übersetzt hat, von Lawrence Ferlinghetti bis Noah Gordon (von denen viele von seiner Frau Christine Popp als Lektorin betreut wurden). Wir waren schon zu Schulzeiten befreundet, und in meinen ersten Jahren in München Anfang der 80er war Knorry, der sich schon zwei Jahre eingelebt und den Provinzler abgebaut hatte, ein gr0ßer Unterstützer für mich. Wir haben nicht nur unzählige Stunden über Literatur palavert, sondern eher mehr noch mit Tischtennis, Darts und Chicago verbracht. Oft aber keineswegs zu oft in unserem gemeinsamen Wohnzimmer namens Mahagonny in der Schraudolphstraße, von dem wir in jeden Fall unsere Basis Nr. 16 erreichen konnten, selbst wenn wir nach der Sperrstunde noch lange nicht abziehen mussten. Knorry starb an Lungenkrebs am 9. Dezember, am 28. Januar 2025 wäre er 68 geworden, am 19. Dezember wurde er in der Aussegnungshalle des Münchner Nordfriedhofs verabschiedet, seine Asche wird auf See verstreut. Mein letztes Thankyou rufe ich ihm nach für seine Musikauswahl bei der Trauerfeier: vor einem abschließenden Chorgesang wurde Trost gespendet von Eric Burden & War mit Paint it Black und Tobacco Road. Ein für ihn typischer, eben freundlich knorriger Gruß.



BOYKOTT UND BEZAHLUNG

Wenn die berühmte Künstlerin und Anti-Israel-Aktivistin Nan Goldin in der Nationalgalerie öffentlich spricht und dabei behauptet, sie dürfe in Deutschland nicht sprechen, dann ist das an Dummheit und Bösartigkeit nicht mehr zu überbieten. Aber was soll man von SympathisantInnen von faschistischen Terrorgruppen auch anderes erwarten.

Nicht genug: „Man kann es amüsant finden, wenn eine international erfolgreiche Künstlerin eine Initiative gutheißt, die sich für den Boykott deutscher Kulturinstitutionen einsetzt, sich aber gleichzeitig von genau so einer Ins­ti­tu­tion in der deutschen Hauptstadt eine große Retrospektive ausrichten und bezahlen lässt.“ (taz, 24.11.)

https://taz.de/Proteste-bei-Nan-Goldin/!6048186/



DER AUGSBURGER FLÜCHTLINGSRAT

„Liebe Freund*innen des Augsburger Flüchtlingsrates,
sehr gerne möchten wir Euch und Sie am kommenden Mittwoch, 20.11., zum Vortrag
Zur Situation queerer Geflüchteter in Bayern und Augsburg/Schwaben
einladen. Beginn ist um 20:00 im Grandhotel Cosmopolis in der Mitmachwerkstatt (Springergäßchen 5, 86152 Augsburg — 2. Stock, Aufzug vorhanden).
Im Vortrag wollen wir einen Überblick über die aktuelle Situation queerer Geflüchteter in Bayern verschaffen, insb. im Hinblick auf das Asylverfahren und die Unterbringungssituation. Der Fokus liegt dabei auf der Situation in der Stadt Augsburg. Zum Hintergrund: Die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben geflüchteter Menschen in Deutschland werden immer schwieriger. Falls Menschen es in Zukunft überhaupt noch in die Festung Europa schaffen, wird ihnen gesellschaftliche Teilhabe spätestens dann durch die Verschärfung von Gesetzen oder menschenfeindlichen Instrumenten wie das Einführen von Bezahlkarten verwehrt. Die systematische Ausgrenzung ist vor allem für mehrfachdiskriminierte Personengruppen fast unüberwindbar. Gerade auch für queere Geflüchtete sind kaum Unterstützungsstrukturen vor Ort vorhanden, was enorme Auswirkungen auf deren Alltag – und damit ihr emotionales und körperliches Befinden – hat.
Im Anschluss besteht die Möglichkeit zur Diskussion und Planung von Unterstützungsstrukturen.“
www.augsburger-fluechtlingsrat.de oder facebook.com/augsburgerfluechtlingsrat
Wer regelmäßig informiert werden möchte, kann unseren Newsletter abonnieren.
spendekunst.orgDer Augsburger Flüchtlingsrat präsentiert Kunst, Literatur, Musik und schöne Dinge zu Benefizpreisen. Fotografie | Gemälde | Handwerkliches | Literatur | Musik | Performance Künstler*innen spenden ihr Werk und wir spenden den Erlös der Verkäufe an Flüchtlingsprojekte.


FAKTEN ZU AMSTERDAM

<„Dass die antisemitische Hetzjagd von Amsterdam im Voraus geplant war, zeigen Chats, die die britische Zeitung »Telegraph« einsehen konnte. In einer Chatgruppe verabredeten sich die Teilnehmer zu einer »Judenjagd«.“

Hier werden einmal alle Mythen um den judenfeindlichen Gewalt-Exzess in Amsterdam aufgeräumt. Die Fraktion „Das waren doch nur Schlägereien zwischen gegenerischen Hooligans“ darf sich gerne entschuldigen und schämen.> Schreibt die Königlich Bayerische Antifa.
https://www.juedische-allgemeine.de/juedische-welt/was-ueber-die-gewaltszenen-in-amsterdam-bekannt-ist/


KURZ GESAGT KÖNNTE

man den vielen US-AutorInnen, die jetzt die israelische Kultur komplett boykottieren, sagen, sehr gut, dann habt ihr ja jetzt mehr Zeit, euch um gewisse eigene Probleme zu kümmern, die auf euch zukommen, wir sind gespannt und gehen davon aus, dass ihr dabei keine anderen Maßstäbe anlegt und wünschen gute Fightpower … in der Süddeutschen hat es laut Perlentaucher Peter Laudenbach so ähnlich ausführlicher kommentiert:

>Peter Laudenbach kommt in der SZ auf den „Refusing Complicity“-Aufruf von Sally Rooney und Co. zurück, der inzwischen von 6.000 Autoren unterschrieben wurde und im Sinne von BDS einen kompletten Boykott israelischer Kulturinstitutionen fordert (unsere Resümees). Zustimmen kann er ihm ganz und gar nicht, zumal da gerade Menschen des geschriebenen Wortes sich im „moralischen Furor“ derart kunstfeindlich zeigen und der liberalen Gesellschaft und dem Diskurs eine Absage erteilen. Und wie verhalten sich die zu großen Teilen us-amerikanischen Schriftsteller wohl, wenn Trump ab Januar mit Netanjahu den Schulterschluss sucht und „seine Ankündigungen wahr machen sollte, in den USA Militär gegen Demonstranten einzusetzen und Millionen Migranten in Lagern zu internieren? Wollen die Schriftsteller dann aufhören zu publizieren und zu schreiben, wollen sie ihre internationalen Kollegen und Kolleginnen auffordern, dem Muster ihres antiisraelischen Boykotts zu folgen und aus Protest gegen die Politik der Trump-Administration den Kontakt zu amerikanischen Verlagen und Kulturinstitutionen abzubrechen? Wird der gesamte US-Kunstbetrieb in ihren Augen unter Trump zu einer zynischen Art-Washing-Veranstaltung? Oder gelten in den Augen der 6.000 Schriftsteller für die USA andere Kulturboykott-Maßstäbe als für den jüdischen Staat?“<



ANTISEMITEN MIT FREIER BAHN IN GERMANIEN

Eine weitere Steigerung des Antisemitismus in Germanien: ein Vortrag zum Werk des Auschwitz-Überlebenden, Essayisten und Philosophen Jean Améry wurde an der Uni Freiburg verhindert – (was mit der Meldung korrespondiert, dass die „Gewerkschaftslinken Hamburg“ Material verbreiten, das das militärische Vorgehen Israels als „Endlösung“ bezeichnet: link unten).

Zu Freiburg: der Anfang des offenen Briefs des „Freiburger Bündnis gegen Antisemitismus“:

„Am 18.10. hatten wir in Zusammenarbeit mit FREPP einen Vortrag mit Tina Sanders zum Thema „Einführung in die Antisemitismuskritik: Das Werk Jean Amérys“ geplant. Dieser sollte in einem Hörsaal der Uni Freiburg stattfinden. Am späten Freitag-Nachmittag, wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn, erreichte uns die Nachricht der Uni Freiburg, dass uns die Raumzusage kurzfristig entzogen wurde, nachdem diese eine Email mit haltlosen Anschuldigungen erhielt.“

Der ganze Brief:

Offener Brief zur Absage am 18.10.2024

https://www.kommunisten.de/rubriken/analysen/9155-gaza-israel-hat-mit-der-endloesung-begonnen-ausrottung-und-vertreibung

 



DA WEINT DER HERR JESUS ABER

wenn er sich seinen christlich-sozialen Heimatverein in Bayern anschaut, der inzwischen sogar in Berlin Aufmerksamkeit generiert, laut einem mdr-altpapier-Bericht vom 23.10. zu einem tagesspiegel-Artikel mit der zentralen Aussage:

„Die CSU verbreitet wissentlich Lügen.“

Mehr dazu: <Die CSU ist längst dabei, sich aus dem demokratischen Diskurs zu verabschieden. Sie überzieht maßlos, sie schürt Ängste, sie lügt. Eine gefährliche Entwicklung. Schon im Bundestagswahlkampf 2021 machte ein Fake-Zitat der Grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock aus mutmaßlich rechten Kreisen die Runde, sie wolle ein Ende der Haustierhaltung. Heute sind es nicht mehr rechte Bots, die den Quatsch verbreiten, sondern eine altehrwürdige Partei mit mehr als 125.000 Mitgliedern.>

Hintergrund: Eine 5 Jahre alte Bild-„Story“ wurde von „ein paar Propaganda-Onkelz bei der CSU“ ausgegraben und von Felix Hackensack im Tagesspiegel kommentiert: <(Die) Zuspitzung des Boulevards reichte der (Partei) offenbar nicht aus. Dort teilte man via Instagram wenig später erst eine Kachel zum Artikel – ‚Grüner Verbotswahn immer irrer‘ – und ließ schließlich Generalsekretär samt Hund zum Videodreh auflaufen (…) Aber schlimmer noch. Die CSU verbreitet wissentlich Lügen. Niemandem soll der Hund weggenommen werden, niemand will Haustiere verbieten.>

Altpapier: „So weit ist es also schon gekommen: Die CSU übertrifft „Bild“ im Erfinden.“

The Wholeshit: https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3890.html



DETAILS ZUR REALITÄTSVERWEIGERUNG MIT FOTOS

„Von Holocaust-Relativierung und Hamas-Solidarität: Eindrücke von der palästinasolidarischen Marschdemo in München am 19. Oktober 2024“ – ein Bericht mit Abb. von Linkes Bündnis gegen Antisemitismus München:

„Zusammengefasst zeigt die Marschdemo, wie nah beieinander Shoa-Relativierung, Israelhass, Sympathien mit antisemitischen Terrororganisationen, Bevormundung von Jüdinnen*Juden und völlige Realitätsverweigerung bzw. -verzerrung liegen. Wie lange wollen sich Teile der politischen Linken für diese Bewegung noch hergeben?“

Zeugenaussage komplett: https://lbga-muenchen.org/



ARTISTS AGAINST ANTISEMITISM

Abteilung Augsburg, Treffpunkte:

7. Okt: Mahnwache im Gedenken an den 7. Okt 23: 16h Königsplatz

„…eine stil­le Kund­ge­bung, in de­ren Mit­tel­punkt die Gei­seln ste­hen, die sich im­mer noch in der Ge­walt der Ha­mas be­fin­den… Wir be­trau­ern in stil­ler So­li­da­ri­tät die Tat­sa­che, dass sich der jü­di­sche Staat seit sei­ner Grün­dung im­mer wie­der Ag­gres­sio­nen aus­ge­setzt sieht, ge­gen die er sich zur Wehr set­zen muss.“

13. Okt: 11h Staatstheater Augsburg: „Also wie möchtest du sterben?“

Neue Texte israelischer Autor:innen: Avishai Milstein & Hadar Galron + Gespräch mit Hadar Galron und Nikolas Lelle (Amadeu Antonio Stiftung), Moderation: Matthias Naumann – (Eine Kooperation von Staatstheater Augsburg mit Artists Against Antisemitism Augsburg und dem Institut für Neue Soziale Plastik)

„Nach dem 7. Oktober 2023 entstand als Idee des Institut für Neue Soziale Plastik das Projekt »Schreiben über Die Situation« an den Münchner Kammerspielen. Dafür schrieben israelische und diasporische Dramatiker:innen und Schriftsteller:innen literarische Texte über den Schrecken und die Ungewissheit nach dem Überfall der Hamas. Zwei Texte dieser Reihe kommen nun auch in Augsburg zu Gehör: Avishai Milsteins »Dualidarität« erzählt von einem Gespräch zwischen einem Autor und einer Theaterdramaturgin und legt darin schonungslos, aber ohne zu verurteilen, die Konflikte im Umgang mit dem Nahost-Konflikt offen. Hadar Galrons »Also wie möchtest du sterben?« beschreibt eine Szene aus dem Alltag einer israelischen Familie nach dem 7. Oktober und stellt dieser den »Letzten Anruf eines Jihadisten zu Hause« gegenüber. Galron gelingt es in aller Kürze, die Katastrophe im Alltäglichen zu zeigen und konkret, aber differenziert über Menschlichkeit zu schreiben.“ (Die Texte lesen die SchauspielerInnen Natalie Hünig, Klaus Müller, Miriam Birkl und Thomas Prazak).

https://staatstheater-augsburg.de/also_wie_moechtest_du_sterben

https://artistsagainstantisemitism.org/


DAS „MICHEL-SYNDROM“

„»Der Osten macht’s!« und »Der Osten steht auf« – das waren die Hauptparolen der AfD in den zurückliegenden Landtagswahlkämpfen in Thüringen und Sachsen. Der Erfolg dieser Agitation war schlagend, ein Musterbeispiel dafür, wie Identitätspolitik funktioniert: als Appell ans kollektive Ressentiment, der jede Sachfrage von Infrastruktur- und Sozialpolitik (…) nahezu komplett vom Tisch wischte. (…) Das spezifische Element des Rebellischen des im heutigen Ostdeutschland deutlich weiter als in Westdeutschland verbreiteten Autoritarismus ist damit noch nicht recht erfasst; ein Element, das

Wolfgang Pohrt 1990 bereits als »Michel-Syndrom« definierte:

Dieser Typus »fühlt sich aller von ihm selber ausgeübten Brutalität zum Trotz doch immer als der deutsche Michel, den die ganze Welt übers Ohr haut und aufs Kreuz legt« und »der ungefähr folgendes zu Protokoll geben würde, wenn er reden könnte: Allen geht es besser als mir, und das liegt nur daran, daß ich zu anständig und zu gutmütig bin. Mein Leben lang wurde ich eigentlich betrogen, übervorteilt, hintergangen und verkannt. Stets wurde mir vorenthalten, was mir zusteht. Weil ich immer zu kurz kam und nie auf meine Kosten, bin ich gekränkt und beleidigt. Ich verspüre Nachholbedarf und besitze Anspruch auf Wiedergutmachung, die Welt schuldet mir was.«““

Auszug aus dem Essay „Antipolitik für Zurückgebliebene“ von Uli Krug in der seit heute erhältlichen neuen Ausgabe der Jungle World: https://jungle.world/inhalt/2024/38