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SU YONO ALBUM WELLEN OUT NOW AT TRIKONT

Immer eine besondere Sache, wenn eine Band beim one and only Label Trikont landet: Jetzt ist das erste Album „Wellen“ von Su Yono draußen. Und schon Newcomer der Woche bei DLFKultur.

Und „Platte der Woche“ bei Münchens Optimal Records: „Su Yono ist ein Trio aus München. Nun präsentieren sie ihr Debütalbum „Wellen“ auf Trikont. Hier schweben hypnotische Harmonien, Avant-Folk und Indie nebeneinander gedankenverloren durch ihren ganz eigenen Pop Kosmos. Pola Dobler (Witches of Westend), Marcus Grassl (Aloa Input) und Chris Hofbauer (Micro Circus) sind Su Yono. Synths, Bass, Drums und Vox bilden live das musikalische Konstrukt. Sie lassen sich von Outsider Pop, Electronica, Psychedelia, Kraut & No-Wave inspirieren und entlehnen Elemente aus diesen Genres, um die losen Stränge dieser Fäden zu einem mystischen, dunkelgrün geflügelten Umhang zu verweben der in blauem Honig tropft.“

https://trikont.de/shop/artists/su-yono/su-yono-wellen/

Neues Video by Anton Kaun: https://www.youtube.com/watch?v=_9JJvOUpMRQ

Die Album Liner Notes von Pico Be (Das Weiße Pferd):

„SU YONO »Wellen« hören und sterben!
Marcus schickt mir Aufnahmen einer neuen München-Band, ob ich denn eine Idee für einen Namen hätte. „Susi“ sei das Alibi-in-progress, unter dem sich Marcus mit Pola zum Musizieren verabredet. Also schlage ich vor, statt Susi doch gleich ihre echten Vornamen zu nehmen und zu einem neuen Kunstnamen zusammenzufügen: Marcus Pola. Nein, das geht nicht, denn schließlich gibt es noch den Chris! Am Anfang waren Marcus und Chris. Also ist Susi ein Trio, aber keiner von den Dreien nehme sich so wichtig, den eigenen Namen zum Bandnamen zu verklären. Gut. Daraufhin höre ich eine Weile nichts mehr von Susi.
Wochen später meldet sich Marcus, Susi sei „dead“, gestorben. Die Band hat jetzt einen neuen Namen: Su Yono. Und Pola Dobler, die Erythropoetin, singt: Du musst gehen und weißt gar nicht wann. Du musst leben und weißt nicht wie lang. Und weiter: Heute lieg ich noch wach in meinem Bett. Und morgen tragen sie mich weg. Sie tragen mich hinaus, aber nicht mehr herein. Sie tragen mich auf ewig in den Friedhof hinein. Der Tod ist ein Motiv, das sich durch alle Stücke zieht, und ich lese den neuen Namen erstmal spanisch als „Su yo no“ – „Ihr selbst nicht“ oder „Ihr ich nicht“ und finde ihn also sehr passend. Kein Vorname, kein Selbst, nur Tod. Und die Musik ist schön wie Engelshaar und Sternenstaub. Wasser ist ein weiteres Motiv. Also hören wir Wasser und Tod, und ich denke an einen Satz, den ich bei der Mailänder Dichterin Chandra Livia Candiani lese: „The sea drinks me – das Meer trinkt mich“. Das salzige Meer, aus dem alles Leben entspringt. Und das mediterrane Meer, das so vielen Menschen, die von einem neuen Leben in Europa träumen, das Leben nimmt. Im Süßwasser der bayerischen Seen aber sterben nur Könige. So klingen die Wellen von Su Yono nach Rokoko und Romantik. In ihnen schwimmt aber auch der Geist von Achternbusch, der im Walchensee für die Atlantiküberquerung übt.
Wieder und wieder tauche ich ein in die Musik, ziehe Bahnen. Und dann bade ich in der Musik. Dabei geschieht etwas mit mir. Die Wellen entfalten in mir dieselbe Wirkung wie Neroli. Alles Generve entspannt sich, wird ruhig, gelöst. Ich zerfließe. Neroli, kostbares ätherisches Öl, das seinen Namen von der sizilianischen Prinzessin Nerola trägt, die diesen Duft so liebte. Seine Herznote bildet das Petitgrain, das per Wasserdampfdestillation aus den Blättern, Zweigen und unreifen grünen Früchten der Bitterorange gewonnen wird. Seinen Grundton finden wir auch in Echter Katzenminze, in der Muskatnuss, Schwarzem Holunder, Lavendel und Rosen, aber vor Allem im Wermut.
Es ist das Erlebnis ekstatischer Verwirrtheit, das ich vom Absinth kenne und das auf dessen Hauptbestandteil, einen Auszug von Wermut, zurückzuführen ist: Beim Hören begegnet mir es wieder in Gestalt eines Déjà-écouté. Vielleicht ist der Grund hierfür, dass die Musik den Sauerstoffgehalt von Höhenluft atmet. Und vielleicht verliere ich mich gleich in einem fischgrünen Tagtraum, mit einer brennenden Kerze neben einem Totenkopf und anderen Vanitas-Motiven auf dem Küchentisch. Einem Memento Mori aus Masken, Spiegeln, Früchten, Dosen, einer Sanduhr und einem Echo: Gedenke der Sterblichkeit – Gestern mir, heute dir!Oder eben Querflöte, Klarinette, Trompete und Geigen, die durch den Türspalt dringen. „I want to fade out in the sun. I don’t belong to anyone.“ Hören, nicht gehören. Die Gegenseitigkeit von „Mutuelle“. Das Hin- und herfließende beim Musizieren als Reziprozität, vergleichbar dem Kula, Tausch-System der Bewohner der pazifischen Trobriand-Inseln. Diese melanesischen Inseln sind fast kreisförmig angeordnet, zwischen ihnen werden im Uhrzeigersinn soulava getauscht, Halsketten aus kleinen roten Muschelplättchen. In die andere Richtung, gegen den Uhrzeigersinn, werden mwali getauscht, Armbänder aus weißem Muschelring. Alle Gaben müssen nach einiger Zeit weitergetauscht werden.
So höre ich in den „Wellen“ von Su Yono den komplexen, nicht gewinnorientierten Tauschhandel der Trobriander. Höre, wie die Geber und Nehmer dabei in einer ständigen Position des Gastfreundes zueinanderstehen. Gute Melodie ist eben doch von wert. Danke, Su Yono!“



DIE SAUBEREN AFD-HELFER§INNEN

von denen die sauberen AfD-Wähler§innen natürlich nie was gewusst haben können:

„AfD im Landtag: Mitarbeiter mit rechtsextremen Verbindungen / Nach Erkenntnissen des BR arbeiten mehr Personen aus dem rechtsextremen Spektrum für Fraktion und Abgeordnete der AfD im Bayerischen Landtag als bislang bekannt. Auffällig ist die Nähe zur Identitären Bewegung und zu radikalen Burschenschaften.“

https://www.br.de/nachrichten/bayern/afd-im-landtag-mitarbeiter-mit-rechtsextremen-verbindungen,U7UHoKm

Ebenfalls aktuell die Meldung aus Bayern zu einer besonders sauberen AfD-Frau, die ebenfalls frei rumläuft:

„Bezirksrätin Mailbeck erklärte (…), dass die Junge Alternative friedlich für ihr Land und ihre Heimatliebe einstehen würde und beleidigte anschließend die Ausschussmitglieder. [die „Junge Alternative (JA), die vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als gesichert extremistisch eingestuft werden darf (externer Link).“] Mailbeck hatte zuletzt mehrfach Bilder auf ihren Social-Media-Accounts gepostet, auf denen sie JA-Treffen besucht und für die Jugendorganisation der AfD wirbt. In ihren Beiträgen sucht sie zudem Nähe zu Vertretern der „Identitären Bewegung“. Auch diese wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.“

https://www.br.de/nachrichten/bayern/nach-eklat-im-bezirkstag-afd-politikerin-entschuldigt-sich,U7S0FDL



MEIN NEUER ROMAN (4)

Weitere Stimmen zu „Ein Sohn von zwei Müttern“ (Klett-Cotta-Tropen Verlag):

BR24: „reflektiert präzise und erzählt packend … ein ebenso kluges wie anrührendes Buch über seine Adoptionserfahrungen.“ (Knut Cordsen)

Augsburger Allgemeine: „Eine großartige Konstruktion aus erzählendem und sachlichem Text, die nie aus dem Fluss gerät, auch, weil oft ein feiner, aber spitzer Humor aufscheint“ (Birgit Müller-Bardorff)

Frankfurter Rundschau: „Wie gut, dass er das Buch zu Ende geschrieben hat. Wie gut, dass er es genau auf diese Weise geschrieben hat, suchend, widerspenstig…“ (Cornelia Geissler)

WDR3/Kultur am Mittag: „angenehm pathosfrei … ein Hieb gegen jene, die Sauerkraut und Sperma zu völkischer Identität verrühren.“ (Udo Feist)



WIR MÖCHTEN AUCH VOM FRANZ-KAFKA-JAHR PROFITIEREN!

und haben deshalb mühselig eine Lücke in der Bücherflut zu Kafka gesucht und schließlich diese gefunden: „Franz Kafka im Spiegel der Boulevardpresse einst und heute“. Wird kein dickes Buch werden, aber schon auch mit diesen abschweifenden Kommentaren: „Wer steht warum auf Kafka und worauf sonst?“ und „Ist der Witz von Kafka-Fan George Tabori Noch eine Tasse Kafka, bitte! wirklich witzig?“

Die Profit-Idee ist übrigens von Oswald Wiener geklaut, der 1979 das Heftl „Wir wollen auch vom Arno-Schmidt-Jahr profitieren“ veröffentlichte, und weil die Idee so schön ist, haben wir sie schon mal geklaut und die Artikel-Serie „Wir wollen auch vom Brecht-Jahr profitieren“ veröffentlicht. Natürlich rechnen wir jetzt durchaus mit den Problemen, die in Der Prozess zwischen den Zeilen bis in unsere Gegenwart zu erkennen sind.



AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN VENUSDIELE

Erfolglos auf der Suche nach einem Berliner Nachtclub namens Venusdiele, der um 1929 existierte und dessen Bar-Pianist eine zeitlang Jean Améry hieß.

Finde nichts, nirgendwo irgendwas. Bis wann gabs die Venusdiele und war sie ein antifaschistisches Nest?

Mal weitersuchen in der Autobiografie „Der Ghetto-Swinger“ des Berliner Bar-Gitarristen Coco Schumann, obwohl der mit fünf zu jung war, um dem Bar-Pianisten Améry 1929 zu begegnen, aber weiß der Henker. Was verbindet Jean Améry mit Coco Schumann? Jazz und dass sie Auschwitz und andere KZ überlebt haben.

Beim Nachforschen in der Schumann-Autobiografie immerhin eine literaturwissenschaftlich bedeutende Bemerkung, die ich offensichtlich, wie konnte das passieren, nicht gespeichert habe: (wahrscheinlich 1940) „Wir trafen uns auch gerne im legendären Groschenkeller in der Kantstraße 126, den einst der Schriftsteller Franz Jung eröffnet hatte.“ Wie bitte?! Keine Bemerkung dazu in den Autobiografien von Franz und Cläre Jung und in Fritz Mieraus Chronik Leben und Schriften des Franz Jung.

„Hier fand sich jeden Abend eine merkwürdige Mischung von Menschen ein … Evelyn Künneke, Helmut Zacharias … die Sänger der Staatsoper, Bierfahrer und Bauarbeiter … Ein junger Mann namens Bully Buhlan saß am Klavier und sang. Wir machten uns eines Abends miteinander bekannt, und schon bald jammten wir zusammen … Bully Buhlan engagierte mich in die Rosendiele, einem weiteren legendären Ort Berliner Jazzfans.“

Hallo!: Venusdiele – Rosendiele! Ich bin ganz nah dran zu behaupten, dass die Venus- eines Tages in Rosendiele umbenannt wurde. Der Rest wird sich auch noch finden – und um den Rest geht es zum Beispiel in „Der Neue Antisemitismus“, Jean Amérys wieder aufgelegte Essays.



WENN DU DENKST

dass am Ende des Tunnels nur noch die ewige Finsternis herrscht, kommt von irgendwo doch noch ein Lichtlein her. Gerne in Form eines Buchs, weil Papier so schön geduldig ist:

„Stoizismus to go: Mit einfachen Werkzeugen Persönlichkeit und Denkweise neu ausrichten und das Leben vereinfachen“.

Falls es damit not so good to go on geht, soll eine andere Möglichkeit hier nicht verschwiegen werden: „Hey, Mister Bartender – Please don’t be so slow – I got time for one more round – And a six pack to go“. Hank Thompson to go mit stoicism to hell.



CATWALK SMALLTALK (18)

JUDITH BUTLER UND ANNIE ERNAUX!

WAS IST DAMIT – DAS BESPRECHEN WIR NACH DER PROBE.

NEIN, SOFORT – DAS THEATER MUSS SICH BRUTAL SCHNELL AUF AKTUALITÄT EINSTELLEN, SONST ISSES NUR NOCH FÜR’N ARSCH.

UND DU GIBST DAS KOMMANDO – DAS KANNSTE VERGESSEN.

HÖR ZU, DANN STIMMSTE MIR SOFORT ZU: BUTLER UND ERNAUX, ABENDESSEN INNEM RESTAURANT GROSSER KLASSE, IHREN INTERNATIONAL HERAUSRAGENDEN POSITIONEN ANGEMESSEN.

UH-HU ICH BIN BEEINDRUCKT, EIN KAMMERSPIEL FÜR VIER FRAUEN, DIE BEIDEN SERVIERERINNEN SIND GEFLÜCHTETE, MIT DENEN SICH DIE BEIDEN TOP-CLASS-LADIES NICHT VERSTÄNDIGEN KÖNNEN, DIE ARMEN, DAS GEFÄLLT IHNEN GAR NICHT.

DU HAST ES ERFASST – HUT AB – ABER ES GIBT ETWAS MEHR ACTION: DIE BEIDEN TOP-DAMEN DISKUTIEREN, WAS SIE NOCH FÜR DIE BDS-KAMPAGNE TUN KÖNNTEN UND DANN GEHT’S LOS: ZWEI SCHICKE HAMAS-KÄMPFER STÜRMEN REIN UND HALTEN DEN INTELLEKTUELLEN HAMAS-FREUNDINNEN IHRE MPS AN DEN KOPF.

KAPIERT – ZUERST FREUEN SICH DIE HAMAS-FREUNDINNEN, ABER SIE KÖNNEN SICH MIT IHREN BEIDEN HELDEN NICHT VERSTÄNDIGEN UND DIE TAPFEREN KÄMPFER ERKENNEN NICHT, DASS DIE LADIES AUF IHRER SEITE SIND.

DU HAST’S ERFASST.

DAS UNGLÜCK NIMMT SEINEN LAUF.

DU HAST’S ERFASST; DETAILS TO COME.

OKAY. ABER ICH WILL KEIN BLUT AUF DER BÜHNE HABEN, KEIN BLUT UND KEINE NACKTEN ÄRSCHE UND SO ZEUG, ICH WILL EIN FRIEDLICHES DISKUSSIONSTHEATER HABEN. KEIN HASS.

DU BIST SO FREUNDLICH, ICH KANNS JA NICHT FASSEN.

FICK DICH, DU HUND. UND SAG NIE WIEDER DU HAST’S ERFASST ZU MIR, DU HURENSOHN.



A MILLION MERCIES MEET NANCY & LEE PERFORMING „NANCY & LEE #3“

Nicht nur ein neuer Song von A Million Mercies (aka Wolfgang Petters), sondern totalneu die Version Nr.3 von „Nancy & Lee“: ein Handwerker-Song und das in mehrfacher Hinsicht. Und eine ebenso großartige Lektion über das Handwerk der Interpretation: weite Wege von Version 1 bis 3.

„Nancy&Lee #3“ eingespielt vom aktuellen AMM-Quartett: Claudia Kaiser (Bossa-Gitarre, Gesang) Martin Lickleder (Vibraphon) Ralf Nickolaus (Schlagwerk, Banjo) Wolfgang Petters (Gitarre, Bass, Glockenspiel, Gesang) – diese phantastische Band wird mit einem Konzert meiner Buchpremiere am 14.3. in München bei Heppel&Ettlich besonderen Glanz verleihen und ich sage jetzt schon mit Cannonball Adderley „merci merci merci“.

Alle weiteren Videos von A Million Mercies findet Ihr im Hausmusik-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UC7WJ…

Hier das neuste 2-LP-Album „A Million Mercies : Unten im S​ü​den – Westerngedichte & Weg zur H​ö​lle“ (2023), auf dem „Hausmusik“-Gründer Wolfgang Petters 22 Gedichte von mir vertont hat:

https://amillionmercies.bandcamp.com/album/a-million-mercies-unten-im-s-den-westerngedichte-weg-zur-h-lle

Für das Album haben wir beide Liner-Notes geschrieben, meine gehn so unter dem Titel WIR WAREN, SIND, BLEIBEN UND WERDEN ELEKTRISCH GEBLIEBEN SEIN

A Million Mercies! Mehr kann ich dazu nicht sagen, dass Wolfgang Petters 22 Gedichte von mir vertont hat. Ich bin sprachlos, das haut mich um (und macht mich stumm). Allerdings bin ich seit vierzig Jahren mit dieser Sprachlosigkeit beschäftigt, die der Schatten des Schreibens ist, und kann auch schreiben, wenn ich sprachlos bin: wenn es sein muss. Der Trick dabei ist, sich an die Fakten zu halten, wenn du emotional so überwältigt bist, dass dir nichts mehr einfällt.

„Die seltsamen Tage nehmen einfach kein Ende“, schrieb mir Wolfgang am 6. Februar 2021, „aber ich nehme zumindest ziemlich oft meine Gitarre zur Hand und habe jetzt mal einer etwa 25 Jahre alten Idee etwas an die Hütte geklopft. Aufgrund Deines neuen grandiosen Gedichtbands, den ich schließlich doch noch unter der Ladentüre hindurch geschoben bekam, kam auch diese alte Idee wieder hoch mit den Westerngedichten und der Vertonung.“ Sogar intime Details wie „meine ersten Mundharmonikaversuche bei einer Aufnahme“ teilte er mir mit.

An dem Tag hätte ich nie zu hoffen gewagt und er ahnte es ja selbst nicht, dass er damit weitermachen würde, bis aus einem geplanten Song dieses Doppelalbum wurde. Für das er nicht nur Gedichte aus meinem 1991 publizierten Band Jesse James und andere Westerngedichte (der dann in Ich will doch immer nur kriegen was ich haben will als Bonustrack wiederveröffentlicht wurde) vertont hat. Auf seine inzwischen „alte Idee“ war er damals gekommen, als wir uns bei gemeinsamen Veranstaltungen von Hausmusik-Label und Trash-Magazin kennenlernten (dessen Herausgeber Peter Bommas auch meine Westerngedichte verlegte). Die Liste unserer Kollaborationen seitdem ist fast so lang wie der Weg zur Hölle, darunter ein gemeinsamer Auftritt bei einer Johnny-Cash-Ausstellung 2016 in der Hausmusik-Geburtsstadt Landsberg, bei dem wir mit einigen dieser Gedichte improvisierten, ohne zu wissen, wie es weitergeht.

In den Liner Notes zum Mercies-Album Wir sind elektrisch (2011) zitierte ich aus dem Titelsong: „Wir tranken auf die Menschen, die wir einst verloren, und auf den Tag, an dem unsere Kinder geboren, und auch auf das, was uns alles noch passiert.“ In seiner Youtube-Serie hat Wolfgang kürzlich eine Fortsetzung des Songs veröffentlicht, der Titel ist Programm: „Wir bleiben elektrisch“. Und genau das ist es, was wir tun. Sage ich vollkommen sprachlos, weil ich eine Auszeichnung bekomme, die größer nicht sein könnte.



MEIN NEUER ROMAN (3)

„Ein Sohn von zwei Müttern“ wurde von der Jury der SWR-Bestenliste auf Nr. 8 gewählt.

Wie üblich ist der Kampf um den Klassenerhalt der härteste: auf dieser Nr. 8 stehen mit 25 Punkten fünf Romane. Dann kommt der Abgrund.

Zuletzt stand ich mit meinem Roman „Aufräumen“ auf der SWR-Bestenliste, im Juni 2008 auf Platz Nr. 3 (und hatte damit immerhin Friederike Mayröcker und Cormac McCarthy abgehängt, das werde ich wohl noch sagen dürfen). In den Jahren danach wechselte ich in die Liga der Kriminalromane, die aufgrund ihrer zweifelhaften Statuten zurecht als Nicht-Literatur eingestuft wird und konnte mich auch mit zwei Deutschen Krimipreisen nicht in die Literatur-Liga zurückschießen, besser gesagt natürlich hocharbeiten.

https://www.swr.de/swr2/literatur/bestenliste/index.html



DIE UNFASSBARE GEISTIGE BANKROTTERKLÄRUNG

die in weiten Teilen des Kulturbusiness zu erkennen ist und wohl nur als Ahnungslosigkeit oder Bösartigkeit zu übersetzen ist, hat Nils Minkmar in der Süddeutschen heute prägnant beschrieben:

„Es ist immer wieder erstaunlich, Menschen zu hören, die gemäß der Ideologie der Hamas einem frühen und grausamen Tod versprochen sind: Künstlerinnen und Künstler, Feministinnen, queere Personen. Sie äußern sich für die Sache der Palästinenser und gegen Israel, ohne von der Hamas zu reden, die sich zu keiner Sekunde für die Palästinenser interessiert. Als bedrohe die Hamas nicht auch ihr Lebensmodell, also auch das derer, die sich in Berlin gerne Filme aus einer freien Welt ansehen. Als gäbe es keine jüdischen und nicht-jüdischen Geiseln, die selbst derzeit nicht sprechen können und aber auch lieber ins Kino gingen.“ (Kursives im Original)

Es folgt die Passage, die uns ebenfalls von den Hamas- und BDS-Freund:innen unterscheidet, weil die Kamera mehr zeigt als nur den Tunnelblick: „Jede gesunde Seele sieht die Bilder von Tod, Verwüstung und Hoffnungslosigkeit aus Gaza mit blankem Entsetzen. Und es ist wichtig, weiter auf diese schreckliche israelische Regierung einzuwirken, die Zivilbevölkerung zu schonen und ihr eine Perspektive zu eröffnen. Auch die Hamas könnte, was noch nicht überall angekommen zu sein scheint, dazu beitragen, die Lage zu befrieden (…) Der Kampf gegen Antisemitismus ist aber, wie derzeit erschreckend selbstverständlich in Kulturzirkeln behauptet, keine deutsche Folklore und keine Parteinahme für die Netanjahu-Regierung. Antisemitismus bezieht sich nicht auf konkrete Taten von jüdischen Menschen, sondern er wechselt seine Gestalt je nach Zeit und Ort. Alles, was verabscheut und diskriminiert werden soll, wird dann den wenigen Juden zugeschrieben, die die Welt bewohnen…“ (Der ganze Minkmar-Kommentar ist mehr als 4x so lang).

Die Kluft zu den erwähnten „Kulturzirkeln“ wird von uns noch lange nicht zugeschüttet werden (um es fast schon unangemessen sanftmütig auszudrücken), auch wenn sie dann, das ist abzusehen, wieder zu dem für sie normalen Kulturgelaber zurückkehren.