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MEIN SOMMERHIT

ist im letzten Winter erschienen auf Jesse Malins Outsiders auf Velvet Elk Records mit dem schönen Titel You Know It´s Dark When Atheists Start To Pray und das Video verstärkt den Soul of New Orleans…



OPTIMAL



WAS IN UNSEREM LAND

zu wenig vertreten ist, sind zweifellos Politiker, die sich auch einmal etwas trauen können, ohne zuerst ihren Vorsitzenden oder die Sekretärin zu fragen. Da ist doch Dr. Maximilian Krah, Beisitzer im Dresdner CDU-Kreisvorstand, eine vorbildliche Ausnahme. Der Mann, der in seiner Freizeit auch als Rechtsanwalt tätig ist, hatte letzten Freitag in München zu tun, wo ihm jedoch nichts passierte, und verbreitete über Twitter um 20h53, als „die Nachrichtenlage und die Hintergründe der Tat völlig unklar“ waren, laut Sächsische Zeitung „in einem inzwischen gelöschten Beitrag“: „Ich bin in München. Das muss der Wendepunkt sein: Die Willkommenskultur ist tödlich. Es geht um unser Land!“

Und wie dankte die Öffentlichkeit dem „fidelen Jurist“ (junge Welt), dass er sich zu einem zweifellos frühen Statement durchzuringen imstande war? Mit einem vollkommen ungerechtfertigten sog. Shitstorm. Auf den Dr. Krah im Interview verständlicherweise so reagierte: „Man hat fast den Eindruck, mein Satz ist schlimmer als der Terror.“

Als ich mir nun die persönliche Seite des 1977 geborenen Katholiken und Vaters von fünf Kindern ansah, bestätigte sich meine Vermutung, dass es sich hier endlich einmal um einen etwas interessanteren Politiker handelt: nicht nur weil er „in Dresden Jura (Dr. iur.) und in London und New York Betriebswirtschaft studiert“ hat, sondern obendrein freimütig bekennt: „interessiert sich für Kunst, Literatur, Philosophie, Theologie, Mode und Politik.“ Jemand wie ich, der manchmal selbst etwas schreibt, kann von derart interessierten Politikern kaum genug bekommen.

Auf seinem hochinteressanten Weblog weiß Dr. Krah außerdem zu diesem schicksalshaften Tag zu berichten: “ Mein Rückflug war für 21:30 Uhr geplant, und zuvor hatte ich mich noch spontan mit dem Schriftsteller Michael Klonovsky im Englischen Garten verabredet.“ Ich muss gestehen, dass ich das etwas neidvoll las – warum gibt es Schriftsteller, die das Glück haben, sich spontan mit einem hochrangigen Politiker zu treffen, während mir das nie gelingt? Obwohl ich naturgemäß nicht alle deutschen Schriftsteller kennen kann, kam mir der Name Klonovsky doch sehr bekannt vor.

Michael Klonovsky war viele Jahre der führende Schriftsteller beim Nachrichtenmagazin Focus, ehe er sich im Mai 2016 nach einer neuen Herausforderung umtat. „Ich bin auf Frau Petry, wie man sagt, zugegangen. So gehört es sich doch auch, oder? Der Herr dient sich der Dame an“, äußerte er sich geschliffen wie immer im taz-Interview und präzisierte: „Ich stelle ihr und der AfD gewissermaßen meinen Kopf zur Verfügung. Im angelsächsischen Raum gibt es für das, was ich tun soll, die Bezeichnung Spin Doctor. Alles Weitere wird sich ergeben.“

Meine Freude darüber ist wohl verständlich, wenn ich sage, dass ich alle seine Bücher (nebst vielen Artikel, die auch im Internetz leicht zu finden sind) mit Begeisterung gelesen habe. Ein Beispiel aus einem seiner Werke mit Notaten und Gedanken zum Tagesgeschehen mag als Begründung genügen. Am 20. August 2012 notierte der politisch engagierte Dichter: „Die Verurteilung war völlig angemessen, aber das Strafmaß, das die russische Justiz wegen schweren Hausfriedensbruchs in der Moskauer Erlöser-Kathedrale über die haarscharf jenseits der Zurechnungsfähigkeit agierenden »Pussy Riot«-Maiden verhängt hat, ist natürlich absurd hoch – ungefähr so absurd hoch wie hierzulande die Strafen für Holocaust-Leugner. Aber jedes Land bestraft eben die Schändung seiner Primärreligion besonders hart.“

Trotz des humorvollen Untertons bei „Primärreligion“ machte mich der neue Posten von Michael Klonovsky doch auch etwas nachdenklich. Denn es ist wohl nicht gewagt, seine sicher nicht leichte Tätigkeit für Frau Frauke Petry und ihre AfD als den berühmten Schleudersitz zu interpretieren, und es erfüllt mich doch etwas mit Sorge, wenn ich mir die naheliegende Frage stelle, auf welche Art dieser talentierte Dichter seinen Kopf dann zur Verfügung stellen könnte. Und damit sind wir, wie so oft, nur äußerst geringfügig vom ursprünglichen Thema abgekommen.



EINE

mediale Fußnote bzw. auch Anregung oder Mahnung, nicht sofort alles mögliche aus so einem Fall zu schließen, irgendwas zu behaupten oder aus zu wenigen Tatsachen zu interpretieren, findet sich in Ines Geipels Buch „Der Amok-Komplex oder die Schule des Tötens“ (Klett-Cotta, 2012), in dem sie u.a. den Amoklauf in Erfurt 2002 rekapituliert und untersucht:

„Die Geschichte von Robert Steinhäuser als isoliertem Einzelgänger jedenfalls ist eine im Nachhinein aufgebaute, offenbar willkommene Legende. Einzelgänger ist er nie, zu keinem Zeitpunkt gewesen.“



JEDE NEUE AUSGABE

dieses so sagenhaft irren wie verstiegenen, liebevoll-bizarren wie sorgfältig gemachten Filmmagazins ist eine Freude. Mindestens ein Tag ist dann gerettet. Nagelneu: SigiGötz-Entertainment – Die achtundzwanzigste Ladung (3, 50 €). Bestellungen hier: http://www.sigigoetz-entertainment.de/

Die von Herausgeber Ulrich Mannes aufgestellte Homepage ermöglicht auch noch ein, natürlich sehr spezielles, komplettes Filmstudium. Ich hatte das Magazin viel zu spät erst vor einem Jahr im leider kurzlebigen Shop von Schamoni Records mitbekommen, und dann wurden einige Beiträge und Interviews zu wichtigen Quellen für meinen neuen Roman, wie man den Quellenangaben entnehmen können wird (ja, ich habe vermutlich den ersten Kriminalroman mit sechs Seiten Quellenangaben verfasst). Hier Infos zu #28 und andere zur Sache, Schätzchen.

„Weder eine drohende Abmahnung, noch ein Auftragsstau in der Druckerei konnte es aufhalten: SGE #28. Was ist darin zu finden? Ein Sixties-Sittenbild über die Zusammenarbeit von J.M. Simmel und Robert Siodmak (Christoph Huber); eine Analyse des Porträtfilms THAT MAN: PETER BERLIN (Rainer Knepperges); ein Bericht über das mehrteilige Komödienprojekt des Berliner Zeughauskinos mit dem Titel Lachende Erben (Viktor Rotthaler); eine Spurensuche in Bochum, dem Zentrum des deutschen psychotronischen Films (Ulrich Mannes); fünfzehn neue Glamour-People, aufgeteilt in ein Girls-Tentett und ein Boys-Quintett (Hans Schifferle); dazwischen ein Mini-Porträt Hannelore Auer und ein Nachruf auf Margit Geissler (Stefan Ertl), ein weiter Nachruf auf dem Kameramann Atze Glanert (Sadi Kantürk), ferner ein Gedenkblatt zu Henry van Lyck und unsere Wall of Compassion. Cover-Girl: Hedi Jobe“

sub-bavaria.de: „Cineastische Zeitschrift aus München, die sich den bizarren und obskuren Seiten der Film-, Fernseh- und Entertainmentgeschichte widmet und in besonderer Weise den deutschen Trashfilm der 70er und 80er Jahre berücksichtigt. „Eine Mischung aus Fanzine und Satirezeitschrift“ (Dr. Erich Lusmann). Unfreiwilliger Pate von SigiGötz-Entertainment (SGE) ist der Fernsehregisseur Sigi Rothemund, der unter dem Pseudonym Siggi Götz unzählige Sex- und Discofilme gedreht hat. Ihre geringfügige Distanz zum Œuvre von Siggi Götz signalisiert die SGE-Redaktion durch den Verzicht auf ein Siggi-„g“ im Titel. Die ständigen Autoren sind Ulrich Mannes (auch Herausgeber) und Stefan Ertl, sowie Rainer Knepperges und Hans Schifferle. Die Zeitschrift existiert seit 2001 und erscheint mindestens zweimal im Jahr. Seit 2007 gibt es einen Internetauftritt.“

Der leider so früh verstorbene große Filmkritiker Michael Althen schrieb in der FAZ dazu: „SigiGötz Entertainment ist also ein Organ für den etwas anderen Geschmack und frönt hemmungslosem Obskurantismus, worin ohnehin die vorrangige Existenzberechtigung für Filmzeitschriften liegt. In jedem Filmfan schlummert schließlich ein Faible für Entlegenes, insbesondere für alles, was zu Jugendzeiten das Herz erfreute.“

Und der anarchistische Poet und Revolutionär Erich Mühsam wusste schon lange vorher, worum´s da nicht selten geht: „Die Männer, welche Wert auf Weiber legen, tun dies leider meist der Leiber wegen.“



WARUM KLAUEN MILLIONÄRE?

Die neue Meldung zu Adele lautet, ob sie wohl einen Roman schreibt, und wir fragen uns, warum sie etwas anderes tun sollte. Eine nicht ganz neue Meldung lautet, dass Adele womöglich bei einem kurdischen Sänger geklaut hat, und Sammy Khamis hat dazu für den Zündfunk vom 20.7. einen weiteren sehr schönen Beitrag gemacht, über westliche Popmillionäre, die wenigstens so cool sind, an entlegenen Stellen einzuklauen, womit schon etwas mehr gemeint ist als 1,8 Sekunden sampeln. Eine Sitte, die dann auch z.B. an Roman-Millionäre erinnert, die nicht damit zufrieden sind, einen Haufen Schotter mit Schrott zu machen, sondern wahre Anerkennung begehren, ein Lob im Zeit-Feuilleton sagen wir mal. Während ich zur Zeit eine andere Spur verfolge: Ist Adele Laurie Blue Adkins die illegitime Tochter von Hasil Adkins? Der Beweis, an dem ich nah dran bin, wie allein schon die Plattencovers zeigen, wird mich nicht reich machen. Aber Aufheitern. # Der Beitrag ab 22’20 zum Nachhören:

http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/zuendfunk108.html

Adkins Hasil jpgHasil Adkins Achy Breaky Ha Ha Ha Records LPs Vinyl and CDs



AN JEDEM 20. JULI

muss ich auch daran denken, dass meine Eltern 1944 an diesem Tag heirateten. Meine Mutter erzählte mir einmal, dass sie an diesem Tag eine riesige Wut auf diesen Hitler gehabt hatte, weil er ihre Hochzeit kaputt machte. Denn kaum hatten sie Ja gesagt, wurde schon der Attentatsversuch gemeldet, und dann drehte sich alles nur noch um Hitler und für die Hochzeit interessierte sich niemand mehr. Und der Urlaub ihres Mannes war anders als geplant sofort wieder beendet. Ich weiß nicht, von welcher Front er kam und wohin er zurückbeordert wurde, weil er nie was Nennenswertes über Krieg und Fronterlebnisse erzählte. Er war in Norwegen, Griechenland und Frankreich. In unserem Hausgang hing ein kleines Ölgemälde mit der Akropolis drauf. Ich weiß nicht genau, was er in diesen Ländern gemacht hat, und ich weiß heute auch nicht, ob ich es jetzt wissen wollen würde. Er war bei der Marine, und ich glaube, sie haben mir schon als Kind den Witz erzählt, dass er nicht schwimmen konnte. Er hat es auch später nie gelernt. Als er schon alt war, wurde ein Neffe (oder die Verlängerung eines Neffen, ich weiß es nicht mehr) des Attentäters von Stauffenberg sein Hausarzt, und ich kann mich erinnern, dass er das mehrmals und immer mit großem Respekt, also für den Attentäter und seine Familie, erzählte, und ich kann mich erinnern, dass mich das etwas verblüfft hat.



PROBLEMZONE LITERATUR UND PROBLEME

Für die neueste Ausgabe hat der Freitag „zehn Personen des öffentlichen Lebens“ gefragt, welche Bücher sie im Urlaub lesen. Die Theaterregisseurin Angela Richter antwortete u.a. dieses: „… mein Gehirn erträgt nur noch Sachbücher. Früher las ich viel Literatur (…) Warum hat das aufgehört? Ich vermute, dass mein Gehirn keine Lust mehr hat, sich mit Problemen zu befassen, die von Schriftstellern ausgedacht wurden, egal wie gut geschrieben sie sind.“

Das ist nicht nur respektabel und interessant, sondern zeigt ein herausragend naives Kunstverständnis. Und davon abgesehen, habe ich in meinem Leben noch keinen großen Autor gelesen bzw. kennengelernt, der irgendein Problem erfunden hätte. Frage mich jetzt natürlich wie so oft, ob ich immer der falschen Literatur zugeneigt war und ob ich immer die falschen Autoren kennengelernt und mich, und da wird´s richtig schlimm, vielleicht sogar mit ihnen angefreundet habe.



LANGWEILIGER NACHMITTAG FÜR ROCKFORD

von Knarf Rellöms Album Fehler Is King ist einer der komischsten Tracks der tanzbaren Krautrockgeschichte, könnte man sagen, mit dem „Text“ von Alfred Hilsberg. Den Clip haben wir anlässlich einer Veranstaltung zur Hilsberg-Biografie von Christof Meueler erstellt. Ein tanzbares Museum ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

https://www.youtube.com/watch?v=R25IWsSNzew&feature=youtu.be



EIN SCHLAG INS GESICHT (2)

Es gibt Neuigkeiten zum Delikt Stalking bzw. es scheint zumindest irgendwas voranzugehen. Ich hätte noch die Möglichkeit, beim letzten Korrekturvorgang zu meinem neuen Roman, dessen Nr.1-Thema an der Oberfläche Stalking ist, etwas zu aktualisieren, aber ich stelle fest, dass es nicht nötig ist. Doch, das ist beruhigend. Zumindest was diesen Punkt betrifft.schlag-ins-gesicht

http://www.sueddeutsche.de/panorama/neues-gesetz-warum-das-strafrecht-gegen-stalking-oft-machtlos-ist-1.3073898

(Erscheint bei Klett-Cotta/Tropen am 24. September 2016)