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DENIZ YÜCEL IN DEINER STADT (VIELLEICHT)

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IM FALL WOODY ALLEN

fällt uns zuerst ein, dass wir es für eine der bedeutendsten zivilisatorischen Errungenschaften halten, dass man „im Zweifel für den Angeklagten“ ist. Davon sollten auch jüngere deutsche Rowohlt-Autorinnen mal gehört haben; wenn nicht, sollten sie ihre Schreibgeräte weglegen und ein paar Nachhilfestunden nehmen.

Der US-Regisseur wird seit fast drei Jahrzehnten von seiner Ex-Freundin Mia Farrow beschuldigt, „die gemeinsame Adoptivtochter (…) sexuell missbraucht zu haben“ und „bestreitet die Vorwürfe und beschuldigt Farrow, die Angelegenheit im Kampf um das Sorgerecht für die drei gemeinsamen Kinder erfunden zu haben.“ Seit „damals (steht) Aussage gegen Aussage“ und es gibt „keinerlei neue Beweise für Schuld oder Unschuld“ (SZ, 10.3.)

Man könnte also leicht auf die Idee kommen, dass man als Promi-BeobachterIn, selbst in Deutschland, in diesem Fall einfach die Klappe hält. Anders die Rowohlt-Autorinnen, die die Rowohlt-Ausgabe von Allens Autobiographie stoppen möchten, nachdem der US-Verlag Hachette die Veröffentlichung der Originalausgabe gecancelt hat. „Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Sascha Lobo, Kathrin Passig und Margarete Stokowski, die in dem Schreiben mit einer für diesen undurchsichtigen Fall erstaunlichen Selbstsicherheit die Seite der Familie Farrow einnehmen“ (SZ, David Steinitz).

Oliver Maria Schmitt zitiert dazu auf seiner Facebook-Seite aus einem FAZ-Online-Artikel (der hinter der Bezahlschranke steht) des Strafrechtlers und Richters Tonio Walter: zum Allen-Fall gehöre „Zum Beispiel der (unbestrittene) Hinweis, dass sich Allen freiwillig einem Polygrafentest (‚Lügendetektor‘) unterzogen und ihn bestanden hat – während sich Mia Farrow dem Test verweigerte. Nach all dem kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass in diesem Fall nur ein Vorwurf zu erheben ist: der des Rufmordes (…) Die Autoren des offenen Briefes an den Rowohlt-Verlag halten es nun für ‚unethisch‘, dass der Verlag die Angaben vermutlich nicht prüfen werde, die Woody Allen in seinem Buch mache, und erkennen darin einen ‚Mangel an Interesse für die Belange der Opfer sexueller Übergriffe‘. Unethisch ist aber in erster Linie das blinde Nachbeten einer Falschbeschuldigung. Und um eine solche handelt es sich nach den klaren, ohne Einschränkung formulierten Ergebnissen der polizeilichen, medizinischen und psychologischen Untersuchungen zu diesem Fall.“

Wir registrieren, dass Tonio Walter „kaum ein Zweifel“ schreibt. Und wissen nicht, was das bedeuten könnte. Wissen aber genau: Im Zweifel für den Angeklagten. Der als unschuldig zu gelten hat, wenn es keine Beweise für das Gegenteil gibt. Ich fände es gut, wenn Leute, die das anders sehen, keine Bücher und Artikel schreiben, sondern sich ein anderes Meinungsverbreitungsgebiet suchen würden.



DEUTSCHLAND IST KRANK

Ich habe meine Rede im Dienst des Flüchtlingsrats für die Demonstration am 9.3. etwas über- und ausgearbeitet:

DEUTSCHLAND IST KRANK

ABER ES GIBT EINE GUTE NACHRICHT: NICHT UNHEILBAR KRANK

(Eine Wahlempfehlung für alle, die keine andere Wahl haben)

Wir werden in diesen Tagen nicht nur von e i n e m Virus bedroht, sondern von einigen. Und gegen den gefährlichlichsten von diesen uns attackierenden Viren hilft keine Pille und kein Händewaschen.

Dieser Virus greift die gesamte Europäische Union an und hat sich auch in Deutschland längst massiv ausgebreitet – diese tödliche Krankheit besteht aus Neuen Rechten und Neo-Nazis, und ihre Symptome sind Rassismus, Anti-Feminismus, Homophobie, Antisemitismus und Islam-Feindlichkeit.

Diese Erkrankung ist schon soweit fortgeschritten, dass man den Geflüchteten, die sich an der türkisch-griechischen Grenze in einer katastrophalen, lebensbedrohlichen Situation befinden, nicht nur keine Hilfe gewährt, sondern ihnen Knarren ins Gesicht hält, um sie an der Flucht zu hindern.

Diese totale humanitäre Bankrotterklärung Deutschlands und des Friedensnobelpreisträgers EU hatte sich schon mit dem Verrat an den kurdischen Peschmerga-Streitkräften, die Europa gegen den Islamischen Staat verteidigt haben, angebahnt, und ebenso mit dem im November 2015 vereinbarten „Aktionsplan zur Begrenzung der Zuwanderung über die Türkei“. Dass der Despot Erdogan im Rahmen des Syrien-Kriegs jetzt diesem dreckigen Deal, der bisher insgesamt sechs Milliarden Euro wert war, diese miese Erpressungsaktion hinzugefügt hat, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Türkei und Griechenland tatsächlich erheblich größeren Belastungen durch Fluchtbewegungen ausgesetzt sind als Deutschland.

Das ist der Deal: Das reichste EU-Land legt Geld auf den Tisch, um von möglichst wenigen Geflüchteten gestört zu werden, oder anders interpretiert, um der AfD, die hauptsächlich vom Thema Flucht und Asyl und dem permanenten Anfeuern von irrationalen Ängsten lebt, weniger Futter zu geben. Man nennt das eine Milchmädchenrechnung, und die Quittungen für derartig böse Verrechnungen sehen in der Regel übel aus.

Die Quittung liegt an der EU- und NATO-Außengrenze, und dieser explosive Konflikt führt zu einer Steigerung des Nazi-Virus in Deutschland, die im Moment so noch nicht zu erwarten war – jetzt sieht es so aus, als hätten die Faschisten schon fast gewonnen: Neo-Nazis haben den bekannten antifaschistischen Slogan „Nie wieder Faschismus“ übernommen und mit ihrem „Nie wieder 2015!“ pervertiert. Das konnte man erwarten. Aber so gut wie alle PolitikerInnen der bürgerlichen Mitte stimmen ihnen zu – von CSU bis SPD und sogar von weiter links kommt der Schlachtruf „Nie wieder 2015!“ Als wäre der humanitäre Akt, die spontane Aufnahme von mehr Geflüchteten 2015, der symbolhaft mit Bundeskanzlerin Merkel verbunden ist, eine Katastrophe gewesen, unter der wir heute noch schwer zu leiden hätten.

Als damals von AfD-Politikern gefordert wurde, notfalls die EU-Grenzen gegen Flüchtende mit Waffengewalt zu sichern, war der Protest im bürgerlichen Lager groß – und heute wird die Grenze der „Festung Europa“ mit mehr Frontex-Soldaten dichtgemacht, und es wird nicht nur Tränengas eingesetzt, es wird geschossen. Die unsere Demokratie so tapfer bewahrenden PolitikerInnen finden das offensichtlich in Ordnung; das europäische Asylrecht, die Menschenrechte oder auch die sogenannten christlichen Werte interessieren sie offensichtlich nicht mehr besnders. Außer vielleicht, wenn eine Kamera in der Nähe ist.

Die auch mit Stimmen von ganz rechts gewählte EU-Präsidentin und ehemalige deutsche Verteidungsministerin Ursula von der Leyen bestärkt sogar die griechische Regierung darin, das EU-Asylrecht auszusetzen und damit zu brechen, denn das Problem Griechenlands ist vor allem die ausbleibende Unterstützung seiner EU-Partner, die tatsächlich glauben, allein mit ihrer Frontex-Truppe das griechische Problem lösen und die zunehmenden Flüchtlingsströme der Welt aufhalten zu können. Die Ermahnung der deutschen Präsidentin, dieses Asylrecht müsse bei aller verstärkten Sicherung der „Festung Europa“ gewährleistet bleiben, klingt etwa so wie das Flüstern eines psychopathischen Serienkillers, der seinem gefesselten Opfer versichert, es doch gar nicht töten zu wollen.

Eine ganz besondere, vor den AfD-Faschisten klein beigebende Aktion leistete sich der deutsche Bundestag: Ein am 4.3. von B90/Die Grünen eingebrachter Antrag(1), wenigstens 5000 besonders Schutzbedürftige aus dem Krisengebiet aufzunehmen, wurde mit fast allen Stimmen der Koalition plus jeweils allen Stimmen von AfD und FDP abgelehnt. Ist das vielleicht die Große Koalition der Zukunft? Nur die Grünen und Die Linke stimmten geschlossen dafür.

Nur 3 Stimmen der christlichen Parteien und nur 2 Stimmen der Sozialdemokraten waren für die Aufnahme der für Deutschland unproblematisch geringen Anzahl von 5000 Schutzbedürftigen. Da fallen mir keine auch nur halbwegs höflichen Kommentare mehr ein.

Falls dieses Abstimmungsergebnis für Sie wie eine Wahlempfehlung für die anstehende Kommunalwahl klingt, ist das Ihr Problem – tin Wahrheit ist es ein Kapitel aus den Geschichtsbüchern der Zukunft, die von HistorikerInnen geschrieben werden, die unabhängig von Parteieinflüssen von demokratischen Desastern aus der Zeit der Killer-Viren erzählen.

An der Einschätzung, dass es sich dabei um eine Bundestags-Katastrophe handelt, ändert auch die Spiegel-Online-Meldung vom 9.3. nicht viel: Da hat die Große Koalition entschieden, dass „1000 bis1500 (…) besonders schutzbedürftige Kinder und Jugendliche“ aufgenommen werden. Hut ab! Das ist eine echt irre Leistung für eines der reichsten Länder der Welt, auf die allenfalls ein paar besonders schutzbedürftige Sozialdemokraten stolz sein werden, während die Christdemokraten wie erwartet ignoriert haben, was ihnen eine verrückte Alte wie ihre ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth zum Thema Migrationspolitik ins Gebetbuch geschrieben hat: „Jesus hätte uns wahrscheinlich aus dem Tempel gejagt, wenn er gesehen hätte, wie wir mit dem C umgehen.“(3)

Natürlich haben auch wir (z.B. vom Augsburger Flüchtlingsrat) mit einem gewissen Respekt zur Kenntnis genommen, dass der bayerische Ministerpräsident kürzlich an einer Demonstration gegen die AfD teilgenommen und gesprochen hat. Aber wir hören auch seinen „Nie wieder 2015!“-Schlachtruf und werden auch so schnell nicht vergessen, dass er, wie der heutige Innenminister Seehofer, in den Jahren nach 2015 auf eine Art gegen die Aufnahme von Geflüchteten gesprochen hat, die von der AfD kaum zu unterscheiden war. Die Frage stellt sich zwangsläufig, was Söders Äußerungen gegen die Rechten wert sind, wenn die deutschen Behörden nicht einmal in der Lage sind, Neo-Nazis davon abzuhalten, an der griechisch-türkischen Grenze einzumarschieren und Geflüchtete und HelferIinnen und Antifaschisten anzugreifen.

Das ist der Trugschluss der demokratischen Mitte: Sie stimmen in den Slogan der Rechten „Nie wieder 2015!“ ein und glauben, damit den Vormarsch der Rechten aufzuhalten. Sie ignorieren das universelle Menschenrecht auf Asyl und glauben, damit Europa zu bewahren. Wenn das ihre Vorstellung von Deutschland und Europa ist, dann kann ich da kaum noch was erkennen, was man bewahren müsste – mit der deutschen Geschichte im Rücken ist das etwas schwierig, und falls jemand seine Zeit damit verschwenden will, mit Volksvertretern vom rechten Rand darüber zu diskutieren, dann wünsche ich ihm alles Gute.

Aber die Hoffnung stirbt ja, wie allgemein bekannt, nicht so schnell: In der Bundesrepublik haben sich inzwischen 140 Städte und Landkreise zu „Sicheren Häfen“ erklärt (2) und sind bereit, Geflüchtete aufzunehmen. In Bayern sind es 13 Städte, die sogenannte Friedensstadt Augsburg ist nicht dabei (entsprechende Versuche wurden vom noch amtierenden Oberbürgermeister als „Symbolpolitik“ abgetan, ein Ausdruck, der für besonders mutige Christen erfunden wurde).

Die Bereitschaft dieser 140 bekommt nun mehr Power durch das ganz neue Gutachten einer Rechtsanwaltskanzlei, das laut Redaktionsnetzwerk Deutschland zu dem Schluss kommt: „Sowohl das Grundgesetz als auch das einfache Recht gewähren den deutschen Bundesländern substantiellen Spielraum, Maßnahmen zur Aufnahme von Flüchtenden aus humanitären Notlagen zu ergreifen.“

Das würde bedeuten, dass Bayern sehr wohl etwas tun könnte, falls man endlich aufhören würde, sich auf die Erwartung einer generellen EU-Haltung rauszureden; und falls man sich auf das Recht auf Asyl und christliche Werte besinnen möchte; und falls der Ministerpräsident und die anderen Demokraten es ernst damit meinen, gegen die AfD vorzugehen, die bei einer Bestätigung dieser Expertise einen ans Herz gehenden Tobsuchtsanfall bekommen müsste, wenn es eine Gerechtigkeit gäbe.

Und das heißt natürlich auch, dass von der Stadt Augsburg verstärkt gefordert werden muss, egal wie der Stadtrat in wenigen Tagen aussehen wird, sich den Sicheren Hafenstädten anzuschließen und auf die Bayerische Staatsregierung so einzuwirken, wie es für eine Stadt würdig ist, die sich als „Friedensstadt“ bezeichnet.

Keiner weiß im Moment, was der Corona-Virus alles verändern wird – aber todsicher ist, dass eine Ausbreitung der rechten und faschistischen Viren viel gefährlicher ist und zu Veränderungen führen wird, die wir verhindern können und müssen. Für mich und wahrscheinlich die meisten Antifaschisten ist es nicht lebenswichtig, stolz auf Deutschland zu sein – wir wären schon zufrieden damit, uns weniger dafür schämen zu müssen.

(1)https://www.bundestag.de/presse/hib/685224-685224

(2)https://seebruecke.org/startseite/sichere-haefen-in-deutschland/

(3)Welt.de, 19.11.2019

Augsburger Flüchtlingsrat

FIGHT FOR EVERYBODYS RIGHT TO PARTY !



THE GREAT IDRIS ACKAMOOR

Ein Interview mit dem „multi-instrumentalist, composer, actor, tap dancer, producer, administrator, and director. He is the Founder of the San Francisco performance company Cultural Odyssey and the Founder, Artistic Director of the legendary jazz and world music ensemble Idris Ackamoor & the Pyramids.“

JAZZ CORNER Presents: Idris Ackamoor Interview



GRENZEN ÖFFNEN MENSCHENRECHTE WAHREN KUNDGEBUNG 9.3.

Augsburger Flüchtlingsrat

Grenzen öffnen! – Menschenrechte wahren! Kundgebung am 09.03.2020

Kundgebung am Montag, 09.03., 18.00, Moritzplatz

„Die Entwicklungen an Europas Grenzen – an der Land- und Seegrenze zwischen der Türkei und Griechenland sowie an der Landgrenze zu Bulgarien – nehmen noch nicht dagewesene Formen an. FRONTEX und die griechische Polizei setzen Wasserwerfer und Tränengas gegen Schutzsuchende, darunter auch Kinder, ein. Ein Kind ist beim Versuch, mit einem Boot nach Lesbos überzusetzen, ertrunken. Ein Mann soll von griechischen Polizisten erschossen worden sein. Derweil machen Rechtsextremisten Jagd auf Geflüchtete, Aktivist*innen, Mitarbeiter*innen der NGOs vor Ort und Journalist*innen. Die Gewalt nimmt immer brutalere Ausmaße an und zwingt mittlerweile NGOs und Aktivist*innen die Region zu verlassen.

Der Despot Erdogan instrumentalisiert dabei Geflüchtete, die er bislang im Rahmen des Türkei- EU-Deals an der Flucht nach Europa gehindert hat, nun für seine geo-politischen Interessen in Syrien und versucht dadurch die NATO und die EU in die Pflicht zu nehmen. Nachdem 30 Soldaten der türkischen Armee, die sich völkerrechtwidrig in Syrien befinden, bei Luftangriffen der Allianz Russland-Syrien ums Leben kamen, scheiterte der Versuch Erdogans, den eskalierenden Krieg in Syrien durch einem NATO-Bündnisfall Herr zu werden. Daraufhin hat Ankara den ca. 3,8 Mio. Geflüchteten in der Türkei öffentlichkeitswirksam bekannt gegeben, dass sie diese nicht mehr an der Weitereise in die EU hindern werden. Teilweise sollen Geflüchtete sogar von der türkischen Polizei an die Grenze gebracht worden sein.

Die politischen Akteure der EU beschränken sich im Angesicht dieser humanitären Katastrophe bis dato nur auf die Stärkung der Festung Europa durch FRONTEX und auf die Erneuerung des abscheulichen Deals mit der Türkei. Gleichzeitig weist die EU – Friedensnobelpreisträgerin von 2012 – alle Schuld und Verantwortlichkeit von sich und stilisiert sich zum Opfer eines Ränkespiels Erdogans. Manfred Weber, der Fraktionsvorsitzende der EVP im Europäischen Parlament, macht Erdogan dafür verantwortlich, „dass wir jetzt diese Bilder haben“. Das offensichtliche Leid von Schutzsuchenden, ist ihm augenscheinlich weniger wert, als die grausamen Bilder, die dadurch produziert werden. Der griechische Staat setzt derweil das Menschenrecht auf Asyl aus und greift damit das Menschenrecht als Ganzes an. Sowohl der Aufschrei dagegen, als auch ein angemessenes Angebot zur Unterstützung Griechenlands bleibt hingegen aus.

Wir wollen uns durch eine Mahnwache gegen die staatliche und rechtsradikale Gewalt stellen und unsere Solidarität mit den Menschen an den Europäischen Außengrenzen zum Ausdruck bringen.

Wir fordern die Öffnung der Europäischen Grenzen für die Flüchtlinge sowie eine Gewährleistung von menschlichen Existenz- und Zukunftsperspektiven. Wir fordern die Demilitarisierung der europäischen Außengrenzen. Das Verständnis einer Festung Europa muss negiert werden.

Wir fordern sichere Fluchtwege für alle!

Wir fordern die Unantastbarkeit des Rechts auf Asyl!

Wir fordern die Evakuierung der Massenlager in Griechenland!

Kein Mensch ist illegal!!! Refugees Welcome!!!

Den Aufruf unterstützen: Augsburger Flüchtlingsrat + Freundschaftskreis Augsburger Flüchtlingsrat e.V. + Internationales Kulturzentrum Augsburg e.V. + Grandhotel Cosmopolis + Bürgerstiftung Augsburg „Beherzte Menschen“ + Alevitisches Kulturzentrum  und Cem Haus Augsburg e.V. + Alevitische Gemeinde Augsburg e.V. + AG mutual + SOLWODI Bayern e.V. + Die Seiferei + AK Wohnen + Tür an Tür e.V. + Ganze Bäckerei + Neue Szene Augsburg + Antifaschistische Jugend Augsburg + Junges Theater Augsburg + Rote-Hilfe Augsburg + Augburg Postkolonial Decolonize Yourself  + Frauen*streik Komitee Augsburg + Sensemble Theater Augsburg + bert brecht kreis augsburg e.V. + GEW + a3Kultur + Aufbau e.V. + Seebrücke Augsburg + VVN-Bda Augsburg + Raumpflegekulturverein e.V. +



GERMAN NEWS

Coverkombi #10/2020

Von letzter Woche online: https://jungle.world/inhalt/2020/09

Thema: „Munition für den Terror (…) Die Hetze der AfD trägt zum rechtsextremen Terror bei. Von dieser Kritik fühlt sich die Partei auf den Schlips getreten. Doch die Übergänge zwischen vermeintlich seriösen Rechten und der rechtsterroristischen Szene sind fließend, das Bekennerschreiben des Attentäters ist eine übersteigerte Version des verbreiteten völkischen Wahns. In Hessen hofft man nun auf Aufklärung und einen weiteren Untersuchungs­ausschuss. Doch das Problem des Rechtsterrorismus betrifft ganz Deutschland.“

 



ABSAGEN

von unseren Verbündeten: Heyne-Hardcore-Buchpräsentation mit Billy Bragg am 9.3. München/Muffathalle +++ Optimal-Plattenladen/München Buchpräsentation „Cinemas“ am 5.3. +++ Klett-Cotta-Tropen Verlag / Leipziger Buchmesse +++ „Don´t let them get you down“ (Paul Weller)



DIE SCHULDEN DER DEUTSCHEN BEI DEN GRIECHEN

„Die Situation der Geflüchteten, die auf der Insel Lesbos landen (…) hat sich in diesen Tagen wieder mal verschärft. Und man muss sagen, dass die 300 Milliarden, die die Deutschen den Griechen immer noch als Ausgleich für Kriegsverbrechen schulden, bei dieser und anderen Katastrophen eine Hilfe wären“.

Schrieben Christos Davidopoulos und ich im Sommer 2019 in den Liner Notes zum Album For Sale von The Grexits.



ES GIBT KEINE ALTERNATIVE

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IN MEMORIAM MR. TRIKONT ACHIM BERGMANN

Vor zwei Jahren am 1. März starb mein Freund und Trikont-Gründer Achim Bergmann. Bei der Abschiedsfeier in München (in einer Halle für verstorbene Atheisten) am 9. März trug ich diesen Nachruf vor:

Nachruf auf Achim Bergmann (1943-2018)

In den gut 25 Jahren, die ich Achim Bergmann kannte, waren wir nie zusammen auf einer Veranstaltung wie dieser heute, wo jemand auch noch eine Rede hält. Aber es war dennoch keine Überraschung für mich, als mir Eva jetzt erzählte, dass Achim diese Reden immer gehasst hat. Was mich beim Verfassen natürlich zusätzlich aufgebaut hat.

Und wie lange soll ich denn reden?, fragte ich. Ja, also eine Dreiviertel Stunde sollte es schon sein, sagte Eva. Gut, das schaff ich, sagte ich.

Falls Achim das jetzt irgendwie mitbekommt, wird er fluchen und mich beschimpfen. Und wenn wir ihn jetzt nicht hören können, sagt das gar nichts. Ich bin zwar nicht gläubig, aber ich bin mir auch nicht so ganz sicher, wo die Seele von jemand ist, der grade noch bei uns war, und deshalb rechne ich lieber mit allem – und fasse mich vielleicht doch etwas kürzer.

Achim hat also derartige Reden gehasst, aber wenn wir uns trafen, haben wir viel geredet. Er hat viel und gerne geredet, weil er viel zu sagen, viel Erfahrung und Wissen hatte. Und sich vor allem darüber austauschen wollte. Es ging um Kommunikation, nicht um ein einsames vor sich hin quatschen oder jemanden zulabern.

Eine Anekdote wie sie einer seiner Helden, Herbert Achternbusch einmal beschrieb, wäre mit Achim Bergmann als Teilnehmer undenkbar gewesen: einmal habe er, Achternbusch, einen seiner Helden, Samuel Beckett in der Theaterkantine getroffen, und dann habe er eine Flasche Whiskey gekauft und sich zu Beckett gesetzt, und die Flasche hätten sie dann schweigend geleert.

Wir haben einige Flaschen zusammen geleert, aber vielsagendes Schweigen war nicht Achims Sache. Wir waren eher sowas wie Sparringspartner, und als Sparringspartner musst du ja was liefern. Es war also immer was los. Und gelegentlich musste sich Eva als Ringrichterin für mich einsetzen. Weil sie für Achim ja sowieso war.

1968 war zum Beispiel so oft ein Thema, dass ich inzwischen den Eindruck habe, selbst dabei gewesen zu sein. Wobei Achim übrigens den Ausdruck „68er“ bescheuert, weil als Generalbeschreibung nicht zutreffend fand. 67/68 war die prägende Phase in seinem Leben, auf deren antiautoritäre, anarchistische und basisdemokratische Inhalte und Erfahrungen er alles weitere aufgebaut und sie sozusagen nie eingemottet hat.

Diese Gespräche waren dabei nie nostalgisch, es ging immer um die Verbindung in unsere Gegenwart. Ein Vorwurf, den ich manchmal zu hören bekam, lautete: eine Generation später hätten wir uns nur noch für ästethische, aber nicht mehr für politische Rebellion interessiert, und – um das gings natürlich eigentlich sowieso immer – es sei weiterhin Trikonts Aufgabe, dieses Defizit auszugleichen.

Das Thema 68 wurde dann ja permanent frisch gehalten, als die Neue Rechte die 68er als Hauptfeind wieder entdeckt hatte. Es war ein Symbol dafür, dass wir in dieser Vergangenheit (33/68 könnte man sagen) verhaftet sind, als Achim auf der letzten Buchmesse in Frankfurt an einem rechten Stand die Ausführungen zum Thema 68 mit dem Zwischenruf „Du redest Scheiße“ störte und von einem dieser Nazis geschlagen wurde. Auch was das betrifft, werden wir ihn vermissen als einen Mann, der sein Maul aufmacht, in jeder Situation.

Als Sparringspartner konnten wir uns über alles streiten und über Bayern auch noch. In den letzten Jahren hatte Achim sich vor allem mit den frühesten Aufnahmen bayerischer u.a. Volkssänger beschäftigt, und als einer von drei Herausgebern besonders intensiv mit der Serie „Stimmen Bayerns“. Ich war sicher nicht der Einzige, der etwas zurückhaltend reagierte, als Achim zum ersten Mal davon erzählte. Wahrscheinlich habe ich nur „aha“ gesagt. Ehe ich mehr als sonst in Deckung gehen musste. Man musste immer in Deckung gehen, wenn man bei einem neuen Trikont-Produkt oder -Plan als Einschätzung sowas wie „aha“ oder „okay“ sagte. Achim hat alles vehement verteidigt.

Die Bayern-Schiene erwies sich dann als großartig, vor allem auch, weil er einen anderen Blick auf die Sache hatte als wir, die wir von kleinauf hier sein mussten. Zum Glück haben ihm diese Leute vom Heimatministerium nie zugehört, um ihn, weil sie eh nichts kapieren, auf ihre Seite ziehen zu wollen. Ein Anbahnungsgespräch, das ich gerne gehört hätte.

Achim war ein großer Erzähler, der fließend von Meinungen in Anekdoten, Theorie und Geschichte wechseln konnte. Aber ebenso wie er aufbrausend und polternd und zugleich warmherzig und nie nachtragend war, konnte er zuhören. Jemanden, der nicht so temperamentvoll wie er reden konnte, redete er nicht nieder. Dann konnte er sich zurückhalten. Und er war auch nicht der Typ, der in einer Runde Aufmerksamkeit und Redezeit verlangte. Manchmal schwieg er dann, selbst wenn es eine Runde war, die ihn als Erzähler gebraucht hätte. Das fand ich so verblüffend wie sympathisch, als es mir irgendwann auffiel.

Und er war schweigsam bei Konzerten. Selbst wenn es ein Trikont-Artist war, den er schon zehnmal gehört hatte, hörte er zu und sagte nichts zu niemandem. Er war wirklich immer der größte Fan von dem, was bei Trikont erschien. Das klingt, als wäre es selbstverständlich, ist es aber keineswegs, sondern Beleg dafür, dass bei Trikont nichts aus Berechnung produziert wurde, sondern alles aus Überzeugung.

Er konnte mit seinem großartigen Lachen auch eingestehen, dass manches Alte heute etwas komisch klang, von gestern eben und passé – um dann vielleicht einen langen Sermon zu starten, dass es auch schon wieder aktuell war, siehe z.B. Krautrock, der weiterhin und immer wieder inspiriert, und siehe auch – wer könnte Musik von Gesellschaft trennen – die Nazis, die man als Partei im Bundestag eigentlich doch nicht mehr erwartet hatte.

Ohne jeden Zusammenhang – naja, vielleicht nicht völlig, wenn wir uns klarmachen, dass es mit Trikont weitergehen wird – meine Lieblingsanekdote, die es übrigens nicht ins Buch geschafft hat, weil wir sie nicht verifizieren konnten, was nicht heißt, dass wir alles verifizieren wollten oder konnten, egal: eine Geschichte aus den 70er-Jahren: Trikont hatte Geldprobleme, und eines Tages stand ein Trikont-Artist in Achims Büro und überreichte ihm eine Plastiktüte voll mit einem Kilo Gras. Es handle sich dabei um beste Ware und die könne Achim verkaufen, es sollten schon so Siebzigtausend dabei rauskommen.

Wer war das?, fragte ich, mir kannst du es sagen. Ach, sagte Achim, ich weiß es doch nicht mehr, das war so´n Rockertyp, aber das hätte eigentlich jeder sein können.

Ich bin mir sicher, dass das Kilo, oder wenigstens ein halbes, noch irgendwo in seinem Büro liegt, liebe Eva, aber ich habe nichts gesagt.

Ich will nach dieser Einleitung endlich zum wichtigsten Thema kommen, das Achim Bergmann beschäftigt hat: 1860 München. Lieber Achim – ich gehe davon aus, dass du jetzt zuhörst: ich würde am liebsten noch eine Stunde über 60 reden, ich schwör´s. Aber ich muss jetzt weg hier. Und sage: Gute Reise!