Der Politik-Redakteur überlegt, ob er das Zeh-Zeugs kommentieren soll und freut sich, dass es der geschätzte Kollege und Verbrecher-Verlag-Autor Markus Liske grade und viel besser zerlegt hat. Sein Knockout vorweg: „Dass so jemand wie Zeh in diesem Land derzeit zu den Top-Intellektuellen gezählt wird, verrät einiges über den Zustand dieser Gesellschaft. Dass sie aber außerdem noch als brandenburgische Verfassungsrichterin tätig sein darf, ist schon ein bisschen beängstigend.“
<„Vielleicht war es eher ungewöhnlich, dass es in den neunziger und den zweitausender Jahren in Deutschland so ruhig war. Unsere Generation war nicht sehr aktivistisch, es war eine absolut optimistische Zeit, mindestens ein Jahrzehnt lang hatte man nach der Wiedervereinigung den Eindruck: Alles wendet sich zum Besseren“, sagt Juli Zeh im NZZ-Interview. Ob es die zahllosen rassistischen Morde in dieser Zeit, die Pogrome von Rostock und Hoyerswerda, das Entstehen einer rechtsextremen Massenbewegung als Keimzelle der AfD oder nur das Raubrittertum der Treuhand und die sozialen Verheerungen in Ostdeutschland waren, die in dieser Zeit ihren Optimismus befeuerten, verrät sie leider nicht. Dafür erklärt sie noch mal eindringlich, dass die Flüchtlingspolitik des Jahres 2015 für alles Böse der Gegenwart verantwortlich ist. Letztlich auch dafür, dass ihr armer Mitautor („nur eine kleine Wohnung in Hamburg“) vom totalitären Pandemieregime zur Heimlichkeit gezwungen wurde, wenn er während des Lockdowns sein Ferienhaus in Schleswig-Holstein besuchte. Und natürlich auch dafür, dass man heute gleich als Putinist gilt, nur weil es einem egal ist, ob die Ukraine von Russland annektiert wird oder nicht … Dass so jemand wie Zeh in diesem Land derzeit zu den Top-Intellektuellen gezählt wird, verrät einiges über den Zustand dieser Gesellschaft. Dass sie aber außerdem noch als brandenburgische Verfassungsrichterin tätig sein darf, ist schon ein bisschen beängstigend. Und dass sie Mitglied in der SPD ist … aber klar doch, wo sonst. Brrr.> (f-book, 22.1.)