STERBENLASSEN IN MELILLA

Pressemitteilung, 29.6.Augsburger Flüchtlingsrat
„Sehr geehrte Pressevertreter*innen, liebe Freund*innen des Augsburger Flüchtlingsrates,
ein weiteres Mal macht die Europäische Union mit ihrem mörderischen Grenzregime zu wenige Schlagzeilen. Das muss sich ändern.
Mit freundlichen Grüßen, Augsburger Flüchtlingsrat

Schweig. Still. Europa.

Pressemitteilung des Augsburger Flüchtlingsrates zum Sterben-lassen in Melilla, 29.06.2022

Am vergangenen Freitag sind nach Augenzeug*innenberichten mindestens 37 Menschen in Melilla ums Leben gekommen. Sie waren auf der Suche nach einem besseren Leben und die EU hatte ihnen nur den Tod zu bieten. Sie sind die jüngsten Opfer eines brutalen, mörderischen Grenzregimes, das offenbar alles daran setzt, die Festung Europa bedingungslos zu verteidigen. Abschreckung erfolgt schon längst nicht mehr nur mit Worten, sondern durch blutige Taten. Die erschreckenden, ja, schockierenden Bilder des brutalen Polizeieinsatzes stellen das eindrücklich unter Beweis. Videoaufnahmen von vergangener Woche zeigen, wie tote und halbtot geprügelte Menschen zu Haufen geschichtet werden, am Boden liegenden, wehrlosen Menschen wird schonungslos rohe Gewalt angetan.

Wir können, wollen und dürfen das nicht unkommentiert hinnehmen! Es darf nicht sein, dass sich eine jeglicher Moral und Empathie entkleidete Friedensnobelpreisträgerin unter dem symbolpolitischen Mäntelchen dieser Auszeichnung rassistischen Gewaltexzessen hingibt! Es darf nicht sein, dass der sozialdemokratische Ministerpräsident des spanischen Staates diesen tödlichen Polizeieinsatz auch noch als außergewöhnlich gute Arbeit lobt! Es darf nicht sein, dass kein Aufschrei durch Europa geht! Es darf nicht länger sein, dass wir schweigen! Wir wollen uns nicht an diese Bilder gewöhnen, ebensowenig, wie wir uns an das staatlich tolerierte Sterben im Mittelmeer gewöhnen möchten.

Die spanische Exklave Melilla ist 1.845,29 km Luftlinie von Augsburg entfernt. Das liegt näher als andere Orte, über die in jüngerer Zeit in anderen Kontexten als in »unmittelbarer Nachbarschaft liegend« berichtet wurde. Der medial und von politischen Entscheidungsträger*innen in Endlosschleife wiederholte Verweis auf die geographische Nähe soll augenscheinlich ein Gefühl von Verbunden- und Betroffenheit auslösen, um die dringend gebotene Solidarität mit Menschen zu bewirken, die zu Opfern eines brutalen Angriffskrieg geworden sind. Wir können das nur unterstützen. Wir fordern unbürokratische Hilfen und Unterstützung für sämtliche Kriegsflüchtlinge. Denn Krieg ist für alle Krieg. Zugleich fordern wir aber auch dieselbe Empathie, Fürsorge und Solidarität für jene Menschen, die in geringerer Distanz ebenfalls auf der Suche nach einem Leben jenseits von Krieg und Perspektivlosigkeit sind. Für jene Menschen also, von denen die EU und ihr Sicherheitsapparat am vergangenen Freitag 37 hat sterben lassen.

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