1933 diese Lektion von RIAS Bayern – Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus: „Heute vor 88 Jahren kamen rund 50.000 Menschen in München zur Bücherverbrennung zusammen. Diese war der Höhepunkt der einmonatigen antisemitischen „Aktion wider den undeutschen Geist“ der Deutschen Studentenschaft.
Bereits vier Tage zuvor hatten in München Bücher gebrannt. Die Hitlerjugend zog mit Fahnen zum Königsplatz, sang das Horst-Wessel-Lied und verbrannte zu Worten des Stadtschuldirektors Josef Bauer als undeutsch deklarierte Bücher auf einem Scheiterhaufen. Auch die Kundgebung der Studentenschaft zog am 10. Mai zum Königsplatz. Sie kam in einem langen Demonstrationszug mit mehreren Musikgruppen vom Lichthof der Universität. Die Bücherverbrennung wurde am Ankunftsort mit dem Lied „Burschen heraus“ eröffnet, treibende Kraft der antisemitischen Aktion waren die studentischen Verbindungen. Nach der Rede von Kurt Ellersiek, Vertreter der Münchener Studentenschaft, wurde das Feuer entfacht und die Menge sang zu den brennenden Büchern das Horst-Wessel Lied.
Die Bücherverbrennung war der Höhepunkt der „Aktion wider den undeutschen Geist“, die am 12. April mit dem Anschlag von antisemitischen Thesen deutschlandweit eingeleitet wurde. Organisiert war die antisemitische Mobilmachung von der deutschen Studentenschaft, die bereits seit 1923 von völkischen Studenten dominiert wurde. Schon 1931 stand sie mit einem Münchner Studenten aus dem NSDStB (Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund) unter nationalsozialistischer Führung.
Die Münchner Studenten waren in der deutschen Studentenschaft der Zeit der Weimarer Republik Triebkraft des völkischen und nationalsozialistischen Denkens. So verwundert es kaum, dass die „Aktion wider den undeutschen Geist“ dort auf fruchtbaren Boden fiel. Die Studenten trugen aus Bibliotheken und Buchhandlungen Werke zusammen, die auf einer Liste „undeutscher“ Bücher standen. Es wurde unter anderem Literatur jüdischer Autoren, marxistische und liberale Literatur verbrannt. Während der Verbrennung wurden die zwölf Thesen „wider den undeutschen Geist“ verlesen. Darin wird „der Jude“ als „unser gefährlichster Widersacher“ bezeichnet, jede These ist eine antisemitische Kampfparole. Die Thesen zielten darauf ab, Juden zunächst vollkommen vom „deutschen Geistesleben“ auszuschließen
Ausserdem sollte mit der Aktion die „arische“ Bevölkerung weiter auf antisemitische Verfolgungen eingestimmt werden. Die Bücherverbrennung sollte als Lehrbeispiel dienen, um „im allgemeinen Geistesgut, welches deinem Volk zugänglich ist, zu werten und zu entscheiden“, was dem „deutschen Volk“ widerspräche und entfernt werden müsse. Der nicht-jüdischen Bevölkerung sollte also anhand der plakativen Großveranstaltung vor Augen geführt werden, was als „undeutsch“ zu gelten habe und dass dies zu vernichten sei. Die zwölf antisemitischen Thesen stellten die ideologische Grundlage dazu bereit.“