In der Holzkiste liegen schon lange ein paar alte Zeitungen, die darauf warten, irgendwann Holz anzubrennen, und dann holt man sie raus und schaut nach, was damals los war.
In der linken Tageszeitung junge Welt (für die ich seit 23 Jahren schreibe) vom 22.9.2007 schrieb der damals besonders eifrige linke Journalist und heute rechtsextreme Wortführer und Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer in einem Artikel mit dem Titel „Operation Herrhausen“: „Auch andere Opfer politischer Morde jener Jahre (…) standen den Plänen aggressiver US-Kreise im Wege.“ Diverse Autoren „sind diesen Spuren in ihrem Buch ‚Das RAF-Phantom‘ gefolgt und haben weitere Indizien gefunden, daß die gesamte sogenannte Dritte Generation des bundesdeutschen Terrorismus höchstwahrscheinlich ein Konstrukt westlicher Geheimdienste war.“
In der gleichen Ausgabe drei Seiten später der Beitrag von Bommi Baumann – einem der Gründer der Bewegung 2.Juni (mit dessen autobiographischem Buch Wie alles anfing ich zum ersten Mal etwas vom Trikont-Verlag&Label mitbekam) – „God bless America“, die „gekürzte Fassung des Vorworts von Bommi Baumann zu dem Buch ‚Radikales Amerika. Wie die amerikanische Protestbewegung Deutschland veränderte‘, das er zusammen mit Till Meyer im Rotbuch Verlag herausgibt. Es ist eine Sammlung von Originaltexten aus der emanzipatorischen Subkultur der USA“, mit dem Buch „wollen die Herausgeber dem immer wieder verbreiteten Gerücht, die Linke sei antiamerikanisch, entgegentreten.“
Baumann (1947-2016) schrieb: „Je mehr sich unsereins, das heißt meine Generation, mit den Dingen auseinandersetzte oder aber Verhaltensweisen annahm, die der amerikanischen Kultur entstammten, desto mehr wurde man dafür kritisiert, weil derlei Dinge schlichtweg abgelehnt wurden. Da ich in Ostberlin großgeworden bin und zu dieser Zeit die Mauer noch nicht stand, konnte man feststellen, daß beide Seiten geradezu darum bemüht waren, amerikanischen Einfluß in jeder Hinsicht – jeder ideologisch gegensätzlich motiviert – auszugrenzen, abzulehnen und, wenn bereits vorhanden, kurzerhand zu verbieten. Vom einfachen Tragen von T-Shirts und Jeans über das Kauen von Kaugummi bis hin zum Interesse für amerikanische Filme und Musik wurde alles stets bekrittelt und bemängelt. Die einzigen, die sich dieser Sachen angenommen haben waren Leute meiner Generation – und nicht die unserer Eltern.“
Und ich hole die Illustrierte Focus vom 23.6.2008 aus der Kiste. Harald Pauli (den ich schon kannte, als er Filmredaktor der Münchner Stadtzeitung war, in deren Abteilung Texterfassung ich Mitte der 80er arbeitete) interviewte Clint Eastwood anlässlich einer neuen Special Edition der „Dirty Harry“-Serie.
Beginnt mit der Frage, ob sich Eastwood „zuletzt nicht etwas zurückhaltend über die Gewaltdarstellung und Selbstjustiz der Filme geäußert“ habe. Eastwood: „Nein, ich habe immer noch meinen Spaß damit. Es sind harte Cop-Thriller mit einem abtrünnigen Polizisten, der Feuer mit Feuer bekämpft. Es fällt ihm schwer einzusehen, dass er sich nicht dieselben Freiheiten nehmen kann wie Kriminelle … Naja, Kindern würde ich die Filme nicht unbedingt zeigen.“
In der gleichen Ausgabe „begleitete“ Reporter Wolfgang Bauer „einen Wilderer auf seiner Pirsch in den Alpen“: „Roman Schiffer (Name geändert) weiß, dass er sich beeilen muss. Jetzt beginnt die zweite Jagd. Die Jagd auf Roman Schiffer. In den Abendstunden ist er vom Tal aufgestiegen, getarnt als einfacher Tourist. Er achtet stets auf akkurate Freizeitkleidung (…) Ein Helfer unten im Tal informiert ihn am Handy über mögliche Gefahren. Immer ist es an, auf lautlos gestellt. ‚Riskiere nicht so viel‘, bat ihn die Freundin bei der Abfahrt. ‚Pass auf‘, gab ihm die Mutter mit auf den Weg. Dazu einen Käse und Brot von daheim.“
Trotz erhöhter Nachdenklichkeit bin ich dann gezwungen Feuer zu machen, denn es ist schon fast saukalt da draußen, was den Bach naturgemäß nicht daran hindert, unbekümmert sein leises Liedlein zu plätschern. Als das Holz kracht, nehme ich die Axt und spring raus.