21.2.2019
Pressemitteilung des Augsburger Flüchtlingsrats
Mit vereinten Kräften: Said Fardnour aus Abschiebehaft entlassen!
„Am Abend des 20. Februar konnte Said Fardnour das Abschiebegefängnis in Eichstätt verlassen. Dort war er seit Ende letzten Jahres inhaftiert und für die Abschiebung in den Iran vorgesehen, wo ihm als zum Christentum Konvertierten lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe drohen. Inhaftiert wurde er bei einem Besuch auf dem Standesamt, den er mit seiner Verlobten, einer EU-Bürgerin, wahrnahm, um die Ehe schließen zu können. Seine „innere Überzeugung“ wollte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht abnehmen, obwohl sein Taufpfarrer, Dekan Dr. Slencka, bestätigt, dass er bereits vor Besuch des Taufkurses einen sicheren Umgang mit der Bibel pflegte.
Der Augsburger Flüchtlingsrat und matteo – Kirche und Asyl e.V. hatten deshalb im November 2018 gemeinsam eine Petition initiiert, die sich zum einen gegen die Abschiebung wendete und zum anderen die Eheschließung zwischen Said Fardnour und seiner Verlobten ermöglichen sollte. Anne-Kathrin Kapp-Kleineidam, Pfarrerin der Dreifaltigkeitskirche in Göggingen und Vorsitzende von matteo, hat die Petition am 06.02. vor dem Landtagsausschuss vertreten und konnte die Abgeordneten von der Richtigkeit dieses Vorhabens überzeugen.
Said Fardnour ist nun frei. Das Standesamt prüft derzeit die seit geraumer Zeit vorliegenden Unterlagen zur Eheschließung und es bleibt zu hoffen, dass Said Fardnour nicht nur vorrübergehend aus der Haft entlassen wurde, sondern auch sein weiteres Leben in Deutschland verbringen kann – frei von der Angst vor Abschiebung und den damit einhergehenden Konsequenzen.
Es gelang mit vereinten Kräften und der Unterstützung vieler, diesen Zwischenschritt zu erreichen. Ohne öffentliche Aufmerksamkeit und das intensive Engagement zahlreicher Unterstützer*innen wäre Said Fardnour jedoch – wie auch andere iranischen Konvertiten, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Konversion nicht abnimmt – in den Iran abgeschoben worden.
Ohne Einbeziehung der Situation im jeweiligen Heimatland, ohne Rücksicht auf familiäre Bindungen und selbst kurz vor einer Eheschließung werden Menschen so jeglicher Perspektive beraubt. Der Fall von Said Fardnour offenbart exemplarisch die rücksichtslose und einzig auf Abschiebungen zielende Asylpolitik der Bundesregierung. Besonderes Augenmerk verdient dabei auch die bei Said Fardnour und zahlreichen anderen angewandte, rechtsstaatlich skandalöse Praxis der Abschiebehaft. Ohne jegliches Gerichtsurteil erlaubt sie es den sogenannten Sicherheitsbehörden, Menschen unter fadenscheinigen Gründen festzusetzen und auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren.
Blickt die Institution der Abschiebehaft in Deutschland bereits auf eine unrühmliche Geschichte von 100 Jahren zurück, so soll nach dem Willen von Heimatminister Seehofer die Zahl der Abschiebehaftplätze künftig stark ausgeweitet und die Praktiken der Durchsetzung massiv verschärft werden. Immer mehr Menschen würden dann ohne zivilgesellschaftliche Kontrolle unter fragwürdigen Bedingungen interniert und abgeschoben. Staatlicher Willkür wird damit Tür und Tor geöffnet.
Trotz der menschenverachtenden Politik von einigen Regierenden und trotz deren anhaltender Kriminalisierungsversuche von Unterstützer*innen und Aktivist*innen, zeigt der Fall Fardnour jedoch auch, dass viele gemeinsam in der Lage sind, der autoritär-verrohten Politik in Deutschland die Grenzen aufzuzeigen.“