NEUER BAYERNVOLKSPOP

Mit einigen Freunden, die sich mit dem anhaltenden Trend der neuen, jugendlichen, scheinbar so wahnsinnig lässigen, angeblich besonders talentierten bayerischen Volks- und Irgendwie-Popmusik ziemlich gut auskennen, hatte ich erst paar Diskussionen.

Die eigentlich keine Diskussionen waren, sondern Beschimpfungen in dieselbe Richtung. War keine große Überraschung, aber auch etwas beruhigend, dass der jeweils andere diesen pestartigen Trend im Fahrtwind von La Brass Banda, für die sich auch schon keiner begeistern konnte, auch nicht leiden konnte. Manchmal ist es eben ein okayes Gefühl, zu merken, dass man nicht ganz allein in der Meinungswelt herumsteht.

Ich erinnerte mich vage, dass ich über diesen ganzen Mistkarren schon mal geschrieben hatte. Und tatsächlich. In Trash No.9,  1994, hatte ich die erste Welle mal kurz ins Visier genommen, anlässlich der Veröffentlichung von Attwengers „Luft“ auf Trikont. Hat also nichts geholfen, aber hinzufügen kann ich dem auch nichts:

„Es macht mir keinen Spaß, eine offene Tür einzurennen, und deshalb fällt mir zur Neuen Alpenländischen Volksmusik (NAV) was anderes ein: Aus regional bedingten Gründen interessiert mich die NAV schon die ganze Zeit und mittlerweile habe ich die meisten ihrer Mitglieder bei Liveauftritten oder im Fernsehen mitbekommen.

Und inzwischen gehöre ich zu der Gruppe, die glaubt, dass das meiste von der NAV ziemlicher Humbug ist. Ich weiß schon – die SPD-Chefin Renate Schmidt sagt öffentlich was ganz anderes. Sie findet die NAV „im Großen und Ganzen“ ziemlich toll. Aber schon Engholm hat sich positiv zu Hiphop geäußert und ist trotzdem Baden gegangen.

Das alte und immer kotzigere Problem der SPD: zu Allem und Jedem den super-modernen Max raushängen lassen, und wenn dann die Asyldebatten anstehen, den Schwanz einziehen und den Schulterschluss machen mit jedem x-beliebigen reaktionären Dreck.

Als solchen kann man jetzt keinen NAV-Text bezeichnen, aber doch viel zu viele gehen stark in Richtung dusslige Naturverbundenheit und Träumerei von einem Alpenland in zart gemalten Farben. Wobei mich selber die Beobachtung verblüfft hat, dass, musikalisch betrachtet, die Altmodischen spannender sind als die Fraktion der Schlagzeug- und E-Gitarren-Benutzer.

Das ist schon fast eine Faustregel: Was an Rock- und Popmusik in die NAV reingeraten ist, ist naiv, lächerlich, vorgestrig – mit einem Wort: haarsträubend.

Hubert von Goisern kann so authentisch reden und sympathisch abrocken wie er will, aber mit seinen Alpinkatzen hat er fast nur Mist eingespielt. Den hätten Sparifankal schon vor 15 Jahren aus dem Zelt gefegt. Wobei ich – schlimm genug – klarstellen muss, dass ich nicht zu denen gehöre, die behaupten, die Alpinkatzen dürften nicht zur NAV gehören, weil sie schon zuviel Rockmusik machen; auweh – wenn man sich diese Gruppe der NAV-Anhänger mal genauer ansehen würde: keinen Pfennig würde ich da auf irgendwas wetten!

Zumindest eins ist dem Kenner jetzt natürlich klar: Die Interpreten kann er mit dem Gemaule aber nicht meinen! Meint er auch nicht. Und Attwenger natürlich sowieso überhaupt nicht. Ich kanns drehen und wenden, wie ich will, von Text bis Bühne, von Traditionskenntnis bis Tonträger und von Leidenschaft bis Modernität: Attwenger sind einfach in der Hitparade der NAV eine Klasse für sich. Sie waren das von Anfang an und daran hat sich auch mit dem neuen Album „Luft“ nichts geändert.

Wie lange sie das durchhalten, kann ich nicht wissen. Nur eins würde mich glaub ich nachdenklich machen: Wenn sie zur Eröffnungsgala einer bayrischen Ministerpräsidentin aufspielen mit einer Renate Schmidt am Saxophon.“

Tja, da war inzwischen ne Menge Kommen und Gehen da draußen. Nur eins ist klar: Attwenger überleben sie Gottseidank alle, und, möchte man so gesagt hinzufügen, mit einer extremst hohen Nachhalltigkeit.

If in doubt consult your local Heimatpfleger. Fangen Sie das Gespräch mit „Kraudn Sepp konnte ja bekanntlich kaum Notenlesen“ an, damit er/sie Sie auch gescheit ernst nimmt.

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